Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Anwendung des ordre public bei Brautgabe in exzessiver Höhe; Kriterien für die Bestimmung der Höhe der üblichen Brautgabe
Leitsatz (redaktionell)
Der Anspruch auf eine nach afghanischem Recht vereinbarte Brautgabe (Morgengabe) ist zur Vermeidung einer übermäßigen Einschränkung der verfassungsrechtlich geschützten Wiederverheiratungsfreiheit des Mannes auf das übliche Maß zu begrenzen.
Normenkette
GG Art. 6 Abs. 1; EGBGB Art. 6, 14-15, 17-18; Afghanisches Zivilgesetzbuch Art. 99 S. 2
Verfahrensgang
AG Würzburg (Urteil vom 29.09.2008; Aktenzeichen 1 F 728/08) |
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin und des Beklagten wird das Endurteil des AG - Familiengericht - Würzburg vom 29.9.2008 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.400 EUR zu bezahlen, und zwar wie folgt:
a) 10.200 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus:
- 1.500 EUR seit dem 16.10.2007
- 300 EUR seit dem 1.11.2007
- 300 EUR seit dem 1.12.2007
- 300 EUR seit dem 1.1.2008
- 300 EUR seit dem 1.2.2008
- 300 EUR seit dem 1.3.2008
- 300 EUR seit dem 1.4.2008
- 300 EUR seit dem 1.5.2008
- 300 EUR seit dem 1.6.2008
- 300 EUR seit dem 1.7.2008
- 300 EUR seit dem 1.8.2008
- 300 EUR seit dem 1.9.2008
- 300 EUR seit dem 1.10.2008
- 300 EUR seit dem 1.11.2008
- 300 EUR seit dem 1.12.2008
- 300 EUR seit dem 1.1.2009
- 300 EUR seit dem 1.2.2009
- 300 EUR seit dem 1.3.2009
- 300 EUR seit dem 1.4.2009
- 300 EUR seit dem 1.5.2009
- 300 EUR seit dem 1.6.2009
- 300 EUR seit dem 1.7.2009
- 300 EUR seit dem 1.8.2009
- 300 EUR seit dem 1.9.2009
- 300 EUR seit dem 1.10.2009
- 300 EUR seit dem 1.11.2009
- 300 EUR seit dem 1.12.2009
- 300 EUR seit dem 1.1.2010
- 300 EUR seit dem 1.2.2010
- 300 EUR seit dem 1.3.2010
b) monatliche Raten i.H.v. 300 EUR, beginnend ab 1.4.2010 bis 31.5.2013.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Berufung der Klägerin wird im Übrigen zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz haben die Klägerin zu 7/8, der Beklagte zu 1/8 zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 14/15, der Beklagte zu 1/15 zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 110.600 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin fordert von dem Beklagten die Erfüllung eines Morgengabeversprechens. Das AG - Familiengericht - Würzburg hat den Beklagten mit Endurteil vom 29.9.2008 verurteilt, an die Klägerin 21.600 EUR zu bezahlen, wobei ein Teilbetrag von 4.800 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit 16.10.2007 zuerkannt worden ist, der restliche Betrag in monatlichen Raten von 300 EUR, beginnend ab 1.10.2008 bis 31.5.2013. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Endurteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Gegen das Endurteil haben beide Parteien form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese begründet.
Die Klägerin fordert unter Abänderung des Ersturteils Zahlung i.H.v. 150.000 US-Dollar nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2007. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte an die vertragliche Vereinbarung gebunden sei, weil Verträge zu halten sind. Eine Herabsetzung der Morgengabe sei weder wegen geringer Ehedauer noch aus Gründen des ordre public möglich. Dem Beklagten sei die Zahlung auch zuzumuten. Er sei Zahnarzt und verdiene sehr gut. Zudem habe der Beklagte der Klägerin den vereinbarten Betrag unter Berücksichtigung seiner Konkurrenten und der Besonderheiten der Klägerin be-wusst angeboten, um die Zustimmung zur Vermählung zu bekommen. Hätte der Beklagte von Anfang an die Morgengabe in dieser Höhe nicht zahlen können und dies der Klägerin mitgeteilt, dann wäre die Vermählung nicht zustande gekommen. Diese Täuschungshandlung habe das Erstgericht nicht berücksichtigt.
Der Beklagte begehrt die Abänderung des Ersturteils und Abweisung der Klage, soweit die Klägerin mehr als 14.400 EUR, zahlbar in Raten von 300 EUR ab dem 1.9.2007 bis zum 31.8.2011 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab der jeweiligen Fälligkeit fordert. Der vom Erstgericht ausgeurteilte Betrag sei schon deshalb zu hoch, weil das Erstgericht von einer Ehedauer von sechs Jahren ausgegangen ist, der Beklagte aber erst zwei Jahre nach der Eheließung durch einen Vertreter anlässlich der Hochzeitsfeier im August 2003 sein Einverständnis zur Heirat erteilt habe, so dass die Ehe bis zur Rechtskraft der Scheidung nur vier Jahre gedauert habe. Dann wären bei Raten von 300 EUR monatlich insgesamt nur 14.400 EUR geschuldet. Nach deutschem Recht wäre zudem kein nachehelicher Unterhalt geschuldet, da die Ehe von der Hochzeitsfeier im August 2003 bis zur Zustellung des Scheidungsantrags am 25.7.2005 keine zwei Jahre gedauert habe. Nach deutschem Recht könnten deshalb allenfalls 7.200 EUR verlangt werden. Eine Morgengabe i.H.v. 150.000 US-Dollar habe der Beklagte nicht gewollt. Er habe von diesem Betrag erst während der Hochzeitsfe...