Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die Erfüllung eines Morgengabeversprechens nach afghanischem Recht und die Reduzierung der versprochenen Morgengabe auf das übliche Maß wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public.

 

Sachverhalt

Die Klägerin fordere von dem Beklagten die Erfüllung eines Morgengabeversprechens. Bei der Eheschließung hatten die Parteien eine Brautgabe von 150.000,00 US-Dollar vereinbart. Beide Parteien waren afghanische Staatsangehörige, hatten im Jahre 2001 in Pakistan geheiratet, wobei der Beklagte sich vertreten ließ. Sein Einverständnis zur Heirat erteilte er anlässlich der Hochzeitsfeier im August 2003. Die vollzogene Ehe wurde auf den im Juli 2005 zugestellten Scheidungsantrag hin im Jahre 2007 rechtskräftig geschieden.

Erstinstanzlich wurde der Beklagte zur Zahlung von 21.600,00 EUR an die Klägerin verurteilt.

Gegen das erstinstanzliche Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Die Klägerin forderte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils weiterhin den von ihr begehrten Betrag i.H.v. 150.000,00 US-Dollar. Der Beklagte begehrte die Abänderung des Ersturteils und Abweisung der Klage, soweit die Klägerin mehr als 14.400,00 EUR forderte.

Das Rechtsmittel der Klägerin erwies sich - mit Ausnahme zusätzlicher Verzugszinsen aus weiteren, im Verlauf des Rechtsstreits fällig gewordenen Raten - als unbegründet. Die Berufung des Beklagten hatte in vollem Umfang Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG hat die erstinstanzliche Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 21.600,00 EUR auf 14.400,00 EUR herabgesetzt. Die Frage der kollisionsrechtlichen Qualifizierung der Brautgabe könne offen bleiben, da ihr Wirkungs-, Güterrechts-, Scheidungs- und Unterhaltsstatut der afghanischen Eheleute gleichermaßen ihr gemeinsames Heimatrecht seien.

Es könne auch dahingestellt bleiben, ob die Vereinbarung anlässlich der Eheschließung zwischen den Parteien nach dem insoweit maßgeblichen afghanischen Recht wirksam zustande gekommen sei oder nicht. Diese Auffassung vertrat das OLG im Hinblick auf das Bestehen eines gesetzlichen Anspruchs auf die übliche Brautgabe gemäß Art. 99 S. 2 des afghanischen Zivilgesetzbuchs. Die vereinbarte Brautgabe sei im Fall ihrer Wirksamkeit wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public gemäß Art. 6 EGBGB ohnehin auf eine unter Berücksichtigung der Verhältnisse der Parteien übliche Höhe zu reduzieren. Anderenfalls könne eine Brautgabe in exzessiver Höhe zum finanziellen Ruin des Ehemannes führen oder ihn auf längere Zeit durch unzumutbare finanzielle Lasten derart hindern, dass ihm die Möglichkeit einer Scheidung und einer anschließenden Wiederverheiratung entgegen dem durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Grundrecht der Eheschließungsfreiheit genommen würde.

Der Beklagte sei als junger angestellter Zahnarzt nicht in der Lage, den vereinbarten Betrag aus seinen Einkünften in wenigen Jahren abzuzahlen. Auch die relativ kurze Zeit des knapp zweijährigen Zusammenlebens der Parteien begrenze die Zumutbarkeit langwieriger finanzieller Einschränkungen des Beklagten durch hohe Ratenzahlungen.

Nach Art. 99 S. 2 des afghanischen Zivilgesetzbuches sei dann, wenn zum Zeitpunkt der Eheschließung die Brautgabe nicht bestimmt oder ausgeschlossen gewesen sei, die übliche Brautgabe geschuldet.

Die Höhe einer üblichen Brautgabe lasse sich nach einem vom Gericht eingeholten auslandsrechtlichen Sachverständigengutachten über afghanische Rechtsgewohnheiten nicht feststellen. Maßstäbe gebe es danach lediglich für die Angehörigen unterschiedlicher Religionsgruppen. Darüber hinaus seien die Verhältnisse des betreffenden Landes und der betreffenden Zeit zu berücksichtigen.

Die religiöse Zugehörigkeit der Parteien könne letztendlich dahingestellt bleiben. Auch wenn die Parteien, wie von dem Beklagten ausgeführt, Sunniten und nicht Schiiten sein sollten, seien von der Klägerin keine Umstände substantiiert vorgetragen, wonach sie so vermögend sei, dass ein höherer Betrag als der von dem Sachverständigen ermittelte von 4.000,00 DM im Jahre 1970/1971 für Wohlhabende angemessen sei.

Ein solcher Betrag sei im Hinblick auf die Zeitdauer von 40 Jahren und der zwischenzeitlich eingetretenen Geldentwertung angemessen nach oben zu korrigieren auf ca. 6.000,00 EUR. Eine weitergehende Forderung als die von dem Beklagten nicht angegriffenen Ratenzahlungen von insgesamt 14.400,00 EUR erscheine unter Beachtung der beiderseitigen Verhältnisse der Parteien und der Ausführungen des Rechtssachverständigen zwischen afghanischen Rechtsgepflogenheiten der Morgengabe nicht geschuldet.

 

Link zur Entscheidung

OLG Bamberg, Urteil vom 24.03.2010, 7 UF 275/08

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