Entscheidungsstichwort (Thema)
Coronavirus, SARS-CoV-2, Versicherungsnehmer, Versicherungsschutz, Krankheit, Versicherungsbedingungen, Auslegung, Versicherer, Versicherungsschein, Versicherung, Klausel, Anlage, Versicherungsbeginn, Verweisung, Zeitpunkt, betrug, Allgemeine Versicherungsbedingungen, Zeitpunkt des Vertragsschlusses, unangemessene Benachteiligung
Verfahrensgang
LG Bayreuth (Urteil vom 15.10.2020; Aktenzeichen 22 O 207/20) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 15.10.2020, Az. 22 O 207/20, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Bayreuth sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung.
1. Der Kläger schloss als Inhaber für sein Hotel mit der Beklagten eine Betriebsschließungsversicherung mit Versicherungsbeginn zum 22.06.2009 ab (Versicherungsschein Anlage K 1). Dem Vertrag liegen die AVB-BS (Anlage K 2) und die BBR-BS (Anlage K 3) zugrunde. Die vereinbarte Tagesentschädigung betrug für eine Dauer von bis zu 30 Schließungstagen im Grundfall 3.000,00 EUR, in den Saisonmonaten März bis Juli und September bis Oktober 6.667,- EUR für maximal 30 Schließungstage (§ 2 Ziffer 3. AVB-BS). Selbstbehalte waren nicht vereinbart (vgl. Anlage K 1 § 2 Ziffer 6. und Anlage K 3 Ziffer 3.5).
Der Kläger macht Leistungen für 30 Schließungstage vom 18.03.2020 bis einschließlich 16.04.2020 geltend.
Die Versicherungsbedingungen (AVB-BS, vgl. Anlage K 2; im Folgenden: AVB) enthalten folgende Klausel:
"§ 1 Gegenstand der Versicherung, versicherte Gefahren
1. Versicherungsumfang
Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2)
a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt [...]
2. [...] Meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten oder Krankheitserreger:
a) Krankheiten [...]
b) Krankheitserreger [...]"
Die Auflistung umfasst eine knappe Seite der AVB in zweispaltiger Druckweise und weist eine Vielzahl von Krankheiten und Krankheitserregern auf. Allerdings sind weder die COVID-19-Erkrankung noch das Corona-Virus SARS-CoV-2 erwähnt. Für die Einzelheiten wird auf Anlage K 2 Bezug genommen Weiter heißt es in den AVB unter § 3 Nr. 4. unter "Ausschlüsse" u.a.:
"4. Krankheiten und Krankheitserreger
Der Versicherer haftet nicht bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf".
Durch Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 17.03.2020 wurde die Aufnahme von Gästen im Hotel des Klägers zu touristischen Zwecken zur Eindämmung des Corona-Virus ab dem 18.03.2020 bis zum 17.05.2020 und darüber hinaus untersagt.
Erst durch das zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (2. COVIfSGAnpG v. 19.05.2020) wurde das Coronavirus als meldepflichtige Krankheit zum 23.05.2021 in das Infektionsschutzgesetz namentlich aufgenommen.
Erstinstanzlich hat der Kläger behauptet, der Betrieb diene ausschließlich touristischen Zwecken. Er hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei Covid-19 um eine Krankheit i.S. der Versicherungsbedingungen handle. § 1 Ziffer 2. der AVB sei keine eindeutige Einschränkung, stelle aber jedenfalls eine unangemessene Benachteiligung dar.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die erlassene Rechtsverordnung sei unwirksam. Es fehle zudem an einer betriebsinternen Gefahr. Auch liege keine vollständige Schließung des Hotels durch eine Behörde vor. Es handle sich nur um eine Betriebseinschränkung. Der Kläger habe Geschäftskunden aufnehmen dürfen. Die Aufzählung in den Versicherungsbedingungen sei zudem abschließend. Es liege weder eine dynamische noch eine statische Verweisung auf das Infektionsschutzgesetz vor. Hilfsweise sei jedenfalls die vom Kläger behauptete Anspruchshöhe unzutreffend. Der tatsächliche Schaden weiche evident von der vereinbarten Taxe ab.
2. Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen.
Eine Betriebsschließung wegen Covid-19 sei nicht von der Versicherung umfasst. Die Aufzählung in § 1 Nr. 2. der AVB sei abschließend. Für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer erg...