Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabepreis des Pharmagroßhandels von Fertigarzneimitteln an Apotheken
Leitsatz (amtlich)
Bei der Abgabe der in § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV erfassten Arzneimittel durch den Pharmagroßhandel an Apotheken darf der Verkaufspreis die Summe aus der Addition von Herstellerpreis, Festzuschlag von 0,70 EUR und Umsatzsteuer nicht unterschreiten.
Der Pharmagroßhandel darf einen Rabatt nur im Rahmen des in dieser Vorschrift festgelegten Höchstzuschlags von 3,15 % auf den Herstellerpreis (maximal 37,80 EUR) gewähren.
Der in § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV normierte Festzuschlag von 0,70 EUR ist dagegen stets einzupreisen und darf nicht durch Preisnachlässe - in welcher Ausgestaltung auch immer, insbesondere auch nicht durch die Gewährung von Skonti - reduziert werden.
Ein Verstoß hiergegen ist wettbewerbswidrig im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG a.F. bzw. von § 3a UWG n.F.
Die mit den Vorgaben des § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV verbundene Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG ist verfassungsrechtlich zulässig.
Normenkette
HWG § 7; GG Art. 12
Verfahrensgang
LG Aschaffenburg (Urteil vom 22.10.2015; Aktenzeichen 1 HKO 24/15) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG Aschaffenburg vom 22.10.2015, Az. 1 HKO 24/15, abgeändert:
2. Die Beklagte wird verurteilt,
a) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu EUR 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, geschäftlich handelnd bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln an Apotheken Rabatte zu bewerben, die über den Höchstzuschlag von 3,15 % hinausgehen, wenn dies geschieht wie aus der Anlage K2 oder der Anlage K3 ersichtlich, und/oder solchermaßen beworbene Rabatte ankündigungsgemäß zu gewähren;
b) an den Kläger EUR 246,10 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gern. § 247 BGB seit 10.03.2015 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 100.000,00 EUR bzw. in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe bzw. in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
A. Die Parteien streiten um wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche aufgrund der Gewährung von und der Werbung mit Preisnachlässen auf Arzneimittel.
I. Der Kläger ist eine Wettbewerbszentrale. Die Beklagte betreibt einen Pharmagroßhandel. In einem Informationsblatt warb die Beklagte jedenfalls bis vor Klageerhebung wie folgt:
"Wir gewähren unseren Apothekenkunden auf alle A.-Artikel bis zu 70,00 EUR 3 % Rabatt plus 2,5 % Skonto auf den rabattierten Preis (Skonto nur bei Einhaltung des Zahlungsziels) = Summe 5,425 %.
Ab 70.00 EUR bis zur Höchstpreisgrenze 2 % Rabatt + 2,5 % Skonto auf den rabattierten Preis (Skonto nur bei Einhaltung des Zahlungsziels) = Summe 4,45 %.
Unsere Rabatte bei A.-Produkten beziehen sich auf die gesetzlich festgesetzte Höchstbasis (rAEP).
Soweit wir Endpreise für unsere Apothekenkunden in Listen und Angeboten auf (z. Bsp. im Apotheken-Warenwirtschaftssystem oder in unserem Web-Shop) für A.-Artikel bis zur Hochpreisgrenze angeben, verstehen wir dies unter Berücksichtigung des Rabatts von 3 % bzw. 2 % und unter Berücksichtigung des Skontos auf den rabattierten Preis bei Zahlung innerhalb des Zahlungsziels.
Soweit wir Gesamtkonditionen ankündigen, z. Bsp. "5,425 % oder "fast 5,5 %" bzw. "4,45 % oder "fast 4,5 %" verstehen sich diese als Gesamtkondition unter Berücksichtigung des Rabatts von 3 % bzw. 2 % und des Skontos von 2,5 % auf den rabattierten Preis bei Einhaltung des Zahlungsziels."
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen.
Auf ihrer Homepage im Internet wirbt die Beklagte wie folgt:
"Ihre Vorteile:
-3 % Rabatt plus 2,5 % Skonto = in Summe fast 5,5 % -für A.-Produkte bis 70,00 EUR (Dekadenzahlung)
-2 % Rabatt plus 2,5 % Skonto = in Summe fast 4,5 % -für A.-Produkte ab 70,00 EUR bis zur Hochpreisgrenze ...
-unserer Rabatte bei A.-Produkten beziehen sich auf die gesetzlich festgesetzte Höchstpreisbasis ..."
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen. Entsprechend dieser Werbung werden von der Beklagten diese Konditionen auch gewährt.
Mit Schreiben vom 26.11.2014 mahnte der Kläger die Beklagte ab. Hierfür entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von 246,10 EUR. Die Beklagte lehnte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.
II.1. Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen:
a) Er sei gemäß § 8 Abs. 3 Ziff. 2 UWG umfassend klagebefugt.
Seine Anspruchsberechtigung sei gegeben. Der Kläger sei aufgrund Beschwerden Dritter tätig geworden. Er vertrete die Auffassung, dass das Preismodell der Bekla...