Leitsatz (amtlich)
Gegen Beschwerdeentscheidungen des dienstaufsichtsführenden Präsidenten gegen die Fristsetzung zur Klageerhebung gem. § 16 HintO ND durch die Hinterlegungsstelle ist auch nach Aufhebung der HintO Bund durch Art. 17 Abs. 2 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht (BGBl. I 2007, 2614 ff.) der Antrag gem. § 23 EGGVG statthaft.
Normenkette
HintO ND §§ 3, 13, 16; HintO §§ 3, 16; GVGEG § 23
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidung gem. § 23 EGGVG wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Frist zur Erhebung der Klage und zum Nachweis der Klageerhebung 6 Wochen beträgt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Wert des Verfahrens: Wertstufe bis 3.000 EUR
Gründe
I. Die Antragstellerin ist Gläubigerin des Schuldners S, der bei der Firma A (im Folgenden: Arbeitgeberin) beschäftigt ist. Sie erwirkte einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG ..., mit dem die pfändbaren Ansprüche des Schuldners bei der Arbeitgeberin gepfändet wurden. Dieser Beschluss ist der Arbeitgeberin als Drittschuldnerin am 7.8.2003 zugestellt worden. Der Schuldner hatte einer weiteren Gläubigerin G bereits am 7.8.1988 zur Sicherheit für ein Darlehen u.a. seine pfändbaren Lohnansprüche abgetreten. Am 23.7.2003 vereinbarte der Schuldner mit seiner Arbeitgeberin, dass das arbeitsvertraglich geregelte Abtretungsverbot nicht gelten sollte. Die weitere Gläubigerin legte die Abtretung mit am 29.7.2003 bei der Arbeitgeberin eingegangenem Schreiben offen.
Nachdem die Antragstellerin im Jahr 2008 die Abtretung an die weitere Gläubigerin und ggf. deren Vorrang in Zweifel gezogen hat, hat die Arbeitgeberin am 18.8.2008 beim AG Einbeck (11 HL 10/08) beantragt, die pfändbaren monatlichen Arbeitslohnbeträge zu hinterlegen, was mit Annahmeanordnung vom 25.8.2008 angenommen wurde. Im Jahr 2009 beantragte die Antragstellerin, der weiteren Gläubigerin eine Frist gem. § 16 HintO zu setzen, was vom AG Einbeck und im Beschwerdeverfahren vom Präsidenten des LG Göttingen abgelehnt wurde.
Auf Grund eines Herausgabeantrages der weiteren Gläubigerin setzte die Hinterlegungsstelle des AG Einbeck mit Verfügung vom 13.8.2010 der Antragstellerin gem. § 16 HintO eine Frist zur Klageerhebung und deren Nachweis von 2 Wochen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf diese Verfügung (Bl. 97 Akte AG Einbeck 11 HL 10/08) verwiesen. Hiergegen wandte sich die Antragsstellerin mit der Beschwerde, die vom Präsidenten des LG Göttingen als Antragsgegner (Geschäftszeichen: 386 E) mit Bescheid vom 28.1.2011 (Bl. 120 Akte AG Einbeck 11 HL 10/08) als unbegründet zurückgewiesen wurde. Dieser Bescheid wurde der Antragstellerin am 4.2.2011 zugestellt.
Hiergegen wendet sich die Antragsstellerin mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der am 3.3.2011 beim OLG Braunschweig eingegangen ist. Die Voraussetzungen für eine Fristsetzung gem. § 16 HintO zu Lasten der Antragstellerin seien nicht gegeben. Vielmehr habe die weitere Gläubigerin ihre Berechtigung nachzuweisen.
II. Der Antrag der Antragstellerin ist gem. § 23 EGGVG zulässig, insbesondere innerhalb der Frist in § 26 EGGVG eingelegt und auch statthaft. Die Verfügung des AG Einbeck zur Fristsetzung gem. § 16 HintO, die vom Antragsgegner im Beschwerdeverfahren bestätigt worden ist, stellt einen Justizverwaltungsakt auf dem Gebiet des Bürgerlichen Rechts dar. Das Verfahren gem. § 23 EGGVG ist auch nicht gem. § 23 III EGGVG subsidiär, denn die nunmehr maßgebliche niedersächsische Hinterlegungsordnung enthält keine abschließende anderweitige Regelung.
Nach der bundesrechtlichen Hinterlegungsordnung (im Folgenden: HintO Bund) waren die Rechtsmittel für das Hinterlegungsrecht in § 3 HintO Bund umfassend geregelt, wobei in § 3 II HintO Bund (wie im Hinterlegungsrecht der meisten Länder) gegen die Entscheidungen der Gerichtspräsidenten im Beschwerdeweg ausdrücklich auf das Verfahren gem. § 23 EGGVG verwiesen wurde und für die Fälle der Ablehnung eines Antrages auf Herausgabe gem. § 3 III HintO Bund der Klageweg gegen das Land gegeben war. Darauf beziehen sich die bisherige Rechtsprechung und die Kommentierungen zu den Hinterlegungsvorschriften. Soweit in § 16 III 2 HintO Bund angeordnet war, dass eine weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des Präsidenten des LG nicht zulässig sei, ging diese aus der ursprünglichen reichsrechtlichen Regelung übernommene Vorschrift ins Leere, da es nach der HintO Bund das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde gar nicht mehr gab (vgl. OLG Koblenz MDR 1976, 234 zur HintO Bund, die insofern wörtlich der damaligen Rheinland-pfälzischen HintO entsprach).
Allerdings ist die HintO Bund mit Wirkung zum 30.11.2010 durch Art. 17 Abs. 2 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht (BGBl. I 2007, 2614 ff.) ohne Übergangsvorschriften aufgehoben worden. Damit sollte die ungeklärte Frage, ob die reichsrechtliche Hinterlegungsordnung als Bundes- oder Landesrecht fortgilt und wo die Gesetzgebungskompetenz für erfor...