Leitsatz (amtlich)
1. An das rechtliche Interesse für die Zulassung einer Nebenintervention in Ehescheidungsfolgensachen sind zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Eheleute strenge Anforderungen zu stellen.
2. Die gemeinsame Verbindung des Dritten mit einem der Ehepartner in einer Sozietät von Rechtsanwälten und Steuerberatern und der Wunsch des Dritten nach Geheimhaltung von Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen pp. begründet kein rechtliches Interesse i.S.d. § 66 Abs. 1 ZPO.
Verfahrensgang
AG Braunschweig (Beschluss vom 28.04.2004) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Nebenintervenienten gegen den Beschluss des AG - FamG - Braunschweig vom 28.4.2004 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Zulassung des Nebenintervenienten zu der Folgesache nachehelicher Ehegattenunterhalt in dem zwischen den Parteien anhängigen Scheidungsverbundverfahren.
Der Antragsteller des Scheidungsverbundverfahrens und der Antragsteller auf Zulassung der Nebenintervention (künftig: Nebenintervenient) sind beide Rechtsanwälte. Sie sind beruflich verbunden in einer überörtlichen Sozietät von Rechtsanwälten, die derzeit aus mehr als 45 Partnern besteht.
Die Antragsgegnerin hat im Scheidungsverbundverfahren die Folgesache nachehelicher Ehegattenunterhalt in der Form einer Stufenklage anhängig gemacht. In der Auskunftsstufe begehrt sie die Vorlage von Belegen, u.a. Gewinn und Verlustrechnungen der Rechtsanwaltssozietät für die Jahre 2001 und 2002.
Der Nebenintervenient will dem Rechtsstreit auf Seiten des Antragstellers beitreten. Als Mitgesellschafter der in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten Rechtsanwaltssozietät würden im Falle der beantragten Verpflichtung zur Belegvorlage zu seinen und der Sozietät Lasten schützenswerte Geheimhaltungsinteressen verletzt. Eine Belegvorlage stehe im Widerspruch zu dem grundgesetzlich geschützten Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Eine gesetzliche Einbegriffsbefugnis bestehe nicht. Bei der gebotenen Abwägung zwischen den Interessen der Betroffenen müsse seinem Geheimhaltungsbedürfnis Vorrang gebühren, denn die Antragsgegnerin benötige die Unterlagen für die Zwecke der Unterhaltsberechnung nicht. Die Vorlage betriebswirtschaftliche Unterlagen eines Unternehmens oder über eine selbständige Erwerbstätigkeit dienten stets der Überprüfung der Gewinnermittlung. Anlass dafür seien steuerrechtliche Möglichkeiten, den Gewinn zu vermindern, was familienrechtlich den Weg zu unterhaltsbezogenen Korrekturen eröffne. Eine Rechtsanwaltsgesellschaft habe jedoch steuerrechtlich nicht die Möglichkeit, Betriebsausgaben geltend zu machen, die einer unterhaltsrechtlichen Berichtigung zugänglich wären. Dies gelte jedenfalls für die Sozietät, der der Antragsteller und der Nebenintervenient angehören. Die Geheimhaltungsverpflichtung über die wirtschaftlichen Daten der Kanzlei treffe jeden Sozius zum Schutz von Sozietätsinterna, ferner auch aus Wettbewerbsgründen. Angesichts der Größe der vorliegenden Sozietät sei jeder einzelne Sozius betreffend seiner Gewinnanteile quasi als Angestellter zu behandeln. Einer großen Sozietät mangele es an jeglicher Flexibilität für die Durchführung irgendwie gearteter "Manipulationen". Ferner bestehe für ihn das Risiko, dass seine getrennt lebende - mittlerweile geschiedene - Ehefrau über Beziehungen zur Antragsgegnerin Erkenntnisse erhalten könne, auf die auch seine geschiedene Ehefrau keinen Anspruch habe.
Der Nebenintervenient hat beantragt, seinen Beitritt zur Ehescheidungsfolgensache nachehelicher Ehegattenunterhalt auf Seiten des Antragstellers zuzulassen.
Der Antragsteller hat diesem Antrag zugestimmt.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Beitritt nicht zuzulassen.
Durch das am 28.4.2004 verkündete Zwischenurteil hat das AG - FamG - Braunschweig den Antrag des Nebenintervenienten auf Zulassung zurückgewiesen. Dem Nebenintervenienten stände das erforderliche rechtliche Beitrittsinteresse nicht zur Seite.
Gegen das dem Nebenintervenienten am 10.5.2004 zugestellte Urteil hat der Nebenintervenient mit dem am 21.5.2004 beim OLG eingegangenen Schreiben sofortige Beschwerde erhoben.
Das FamG habe versäumt, das rechtliche Interesse als Voraussetzung für den Beitritt einer weiten Auslegung zu unterwerfen. Eine Verpflichtung zur Belegvorlage entfalte eine unmittelbare Gestaltungswirkung auch ihm gegenüber, da seine persönlichen Einkommenszahlen ggü. der Antragsgegnerin offenbart würden. Er habe ein eigenes rechtliches Interesse, dass Informationen über sein Einkommen und geschäftliche Aktivitäten seiner Sozietät nicht an Dritte herausgegeben würden. Insofern habe ein zu erwartendes Urteil in der Rechtssache eine unmittelbare Folgewirkung auf seine persönlichen Angelegenheiten.
Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde unter Verteidigung der angefochtenen Entscheidung entgegen. Sie benötige die Angaben zur Prüfung des ihr zustehenden Unterhaltsanspruchs und habe kein...