Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen bei der Festsetzung der Tagessatzhöhe einer Geldstrafe
Leitsatz (amtlich)
Ist der Ehepartner des Verurteilten zwar berufstätig, sein Einkommen für sich betrachtet und im Verhältnis zum Verurteilten jedoch so gering, dass dieser ergänzend (Natural-)Unterhalt an ihn leistet, so ist auch diese tatsächliche Unterhaltsleistung bei der Festsetzung der Tagessatzhöhe einer Geldstrafe angemessen zu berücksichtigen.
Normenkette
StGB § 40
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Entscheidung vom 03.09.2015; Aktenzeichen 4 Ns 326/14) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 3. September 2015 im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass die Höhe des einzelnen Tagessatzes auf 38,00 Euro festgesetzt wird.
Die Kosten des Revisionsverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten werden der Landeskasse auferlegt.
Gründe
I.
Der Angeklagte ist durch Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 3. September 2015 wegen Betruges in 2 Fällen mit einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 50,00 Euro belegt worden. In den Urteilsgründen ist zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten festgestellt, dass er in Vollzeit als angestellter Geschäftsführer einer von einem ehrenamtlichen Verein betriebenen Sprachschule tätig sei und hieraus ein monatliches Bruttogehalt von 2.500,00 Euro bzw. 1.860,00 Euro netto (Steuerklasse III) beziehe. Auch seine Ehefrau arbeite in Teilzeit in der Sprachschule und erhalte hierfür monatlich 1.100,00 Euro brutto. Beide hätten zwei gemeinsame Kinder, von denen die 15jährige Tochter im elterlichen Haushalt lebe und Schülerin eines Gymnasiums sei. Der 20 Jahre alte Sohn studiere in Hamburg. An ihn erbringe der Angeklagte monatliche Unterhaltsleistungen in Höhe von 250,00 Euro.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte mit einem am 10. September 2015 eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers Revision eingelegt. Nach Zustellung des Urteils am 25. September 2015 hat er diese auf die Tagessatzhöhe beschränkt und mit der Sachrüge begründet. Das Landgericht habe seine wirtschaftlichen und persönlichen Feststellungen, insbesondere seine Unterhaltsverpflichtungen nicht ausreichend festgestellt und berücksichtigt. Es sei zudem nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb das Gericht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen zu der gefundenen Tagessatzhöhe gelangt sei. So sei nicht zu erkennen, ob und ggf. in welcher Höhe Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der Ehefrau und den beiden Kindern berücksichtigt worden seien. Dies würde ganz besonders in Bezug auf die Tochter gelten. Ebenso bleibe unklar, ob das Gericht vom tatsächlich erzielten oder einem hypothetisch erzielbaren Einkommen des Angeklagten ausgegangen sei. Der ausgeurteilte Tagessatz sei jedenfalls unvertretbar hoch. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Revisionsbegründung verwiesen.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Tagessatzhöhe auf 38,00 Euro herabzusetzen (§ 354 Abs. 1 a S. 2 StPO).
II.
Das Rechtsmittel des Angeklagten ist statthaft (§ 333 StPO) und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Die Revision hat auch in der Sache Erfolg.
Nach wirksamer Beschränkung des Rechtsmittels ist vom Senat nur die Frage der Tagessatzhöhe zu prüfen (§ 352 StPO). Die Bemessung des Tagessatzes ist ein abgrenzbarer Beschwerdepunkt, der in der Regel - so auch hier - losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt geprüft werden kann (vgl. grundlegend: BGH, Beschluss vom 3.11.1976, 1 StR 319/76, juris, Rn. 2, vgl. auch Fischer, StGB, 62. Aufl., § 40 Rn. 26).
Die Bemessung der Tagessatzhöhe in dem angefochtenen Urteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Das Landgericht hat auf der oben dargestellten Tatsachengrundlage die Tagessatzhöhe auf 50,00 Euro festgesetzt. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, da es die Unterhaltsverpflichtungen des Angeklagten gegenüber seiner Ehefrau und seiner Tochter nicht hinreichend berücksichtigt hat. In welcher Weise Unterhaltspflichten zu berücksichtigen sind, ist zwar letztlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht hat jedoch zu prüfen, ob die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausreichend festgestellt und rechtsfehlerfrei berücksichtigt worden sind (vgl. BGHSt 27, 228). Daraus folgt, dass die Urteilsgründe jedenfalls eine Ermessensüberprüfung ermöglichen müssen (vgl. Fischer, StGB, 62. Auflage, § 40 Rn. 22). Die vom Landgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen sind diesbezüglich ausreichend, da die Berufstätigkeit und das Einkommen des Angeklagten mitgeteilt werden und ferner ersichtlich wird, dass abzüglich der an den Sohn monatlich erbrachten Unterhaltsleistungen in Höhe von 250,00 Euro mit diesem Einkommen und den von der Ehefrau erzielten monatlichen Einkünften in Höhe von 1.100,00 Euro brutto der Lebensunterhalt des Angeklagten selbst, seiner Ehefrau und seiner Tochter bestritten werden müssen. Es fehlt jed...