Entscheidungsstichwort (Thema)
Korrektur des Streitwerts von Amts wegen bei unzulässiger Streitwertbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Korrektur des erstinstanzlichen Streitwerts von Amts wegen gemäß § 68 Abs. 3 GKG durch das Rechtsmittelgericht scheidet bei unzulässiger Streitwertbeschwerde aus.
2. Erhebt ein Darlehensnehmer bei einem Streit um den Widerruf von Verbraucherdarlehen im Fall verbundener Verträge eine isolierte negative Feststellungsklage, bemisst sich der Streitwert nach dem Nettodarlehensbetrag. Eine ggf. geleistete Anzahlung wird nur insoweit streitwerterhöhend berücksichtigt, als der Kläger daneben einen Leistungsantrag auf Rückzahlung stellt.
Normenkette
BGB § 358 Abs. 2, 4 S. 5; GKG § 63 Abs. 3 S. 1 Nrn. 1-2, S. 2, § 68 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Beschluss vom 12.01.2022; Aktenzeichen 5 O 1892/21 (233)) |
Tenor
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts Braunschweig vom 12. Januar 2022 wird als unzulässig verworfen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers wenden sich aus eigenem Recht gegen die Streitwertfestsetzung des Landgerichts Braunschweig für einen Rechtsstreit über die Wirksamkeit des Widerrufs eines zur Finanzierung eines Fahrzeugkaufs geschlossenen Darlehensvertrages.
Der Kläger hatte erstinstanzlich zunächst angekündigt, zu beantragen,
1. festzustellen, dass die Beklagte aufgrund des erklärten Widerrufs des Klägers keine Ansprüche mehr auf Zahlung des Vertragszinses und die vertragsgemäße Tilgung aus dem Darlehen mit der Nummer ... über nominal 16.260,08 EUR hat;2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.214,99 EUR freizustellen.
Sodann hat er angekündigt, zu beantragen,
1. festzustellen, dass die Beklagte aufgrund des erklärten Widerrufs des Klägers keine Ansprüche mehr auf Zahlung des Vertragszinses und die vertragsgemäße Tilgung aus dem Darlehen mit der Nummer ... über den Nettodarlehensbetrag i.H.v. 15.685,38 EUR hat;2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziff. 1 genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet;3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.134,55 EUR freizustellen.
Die Beklagte hat angekündigt zu beantragen,
die Klage abzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2022 hat der Kläger die Klage zurückgenommen. Das Landgericht Braunschweig hat daraufhin mit Beschluss vom 12. Januar 2022 den Wert des Streitgegenstandes auf die Wertstufe bis 25.000,- Euro festgesetzt.
Die Klägervertreter haben gegen diesen, ihnen am 18. Januar 2022 zugestellten Streitwertbeschluss mit Schriftsatz vom 31. Januar 2022, beim Landgericht Braunschweig eingegangen am selben Tag, im eigenen Namen Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 15.5,38 EUR festzusetzen. Im Falle einer negativen Feststellungsklage bemesse sich der Streitwert nach der Höhe des Nettodarlehensbetrages.
Das Landgericht Braunschweig hat der Beschwerde mit Beschluss vom 2. Februar 2022 nicht abgeholfen.
II. Die Streitwertbeschwerde war als unzulässig zu verwerfen; eine Abänderung des Streitwertes von Amts wegen kommt nicht in Betracht.
1. Die gem. § Abs. 1 GKG statthafte Beschwerde ist mangels Beschwer unzulässig.
Eine Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer durch die Streitwertfestsetzung beschwert ist (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 50. Aufl., § 68 GKG, Rn. 10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. Februar 2009 - 4 W 5/09 -, Rn. 4, juris).
Beschwerdeführer sind die Prozessbevollmächtigten des Klägers. Mit ihrer ausdrücklich "im eigenen Namen" eingelegten Beschwerde begehren sie eine Herabsetzung des Streitwertes. Sie machen gerade nicht geltend, zu wenig Gebühren abrechnen zu dürfen, sondern zu viele Gebühren abrechnen zu müssen.
Der Prozessbevollmächtigte, der gemäß § 32 Abs. 1 S. 1 RVG aus eigenem Recht eine Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss einlegt, ist nur dann beschwert, wenn er geltend macht, dass die Streitwertfestsetzung zu gering sei und er deswegen nur geringere Gebühren abrechnen könne (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 16. Dezember 2021 - 8 C 21.2337 -, Rn. 6, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. August 2010 - 4 W 42/10 -, Rn. 7, juris; Toussaint/Toussaint, GKG, 51. Aufl. 2021, § 68 Rn. 10; BeckOK/Laube, KostR, 36. Ed. 1.1.2022, GKG § 68 Rn. 49).
2. Eine Korrektur des Streitwertes von Amts wegen gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG scheidet aus. Danach kann die Streitwertfestsetzung dann, wenn das Verfahren u.a. wegen der Entscheidung über den Streitwert in der Rechtsmittelinstanz schwebt, von dem Rechtsmittelgericht von Amts wegen geändert werden.
Zwar ist das Verfahren auch bei einer unzulässigen Streitwertbeschwerde beim Rechtsmittelgericht anhängig und "schwebt" dort (so auch Hamburgisches OVG, Beschluss vom 7. Dezember 2009 - 5 So 192/09 -, Rn. 14, juris; OL...