Verfahrensgang
LG Braunschweig (Urteil vom 22.07.2011; Aktenzeichen 9 O 2379/11 (347)) |
Tenor
Der Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, seine Berufung gegen das Urteil des LG Braunschweig vom 12.3.2012 gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
I. Die Berufung richtet sich nur gegen die Aufhebung der einstweiligen Verfügung (Urteil des LG Braunschweig vom 22.7.2011 - 9 O 1343/11) und die Tragung der Kosten durch den Beklagten auch für das Anordnungsverfahren. Im Übrigen ist das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig und nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
1. Die Berufung des Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), da das LG der Klage mit zutreffenden Erwägungen stattgegeben hat. Die Berufungsbegründung hat demgegenüber keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die zu einer abweichenden Bewertung der Sach- und Rechtslage führen würden.
Die einstweilige Verfügung vom 22.7.2011 (9Q 1343/11 (184)) war vom LG wegen veränderter Umstände i.S.d. § 927 ZPO aufzuheben, weil der Beklagte und ursprüngliche Verfügungskläger die vom LG erlassene einstweilige Verfügung nicht innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 i.V.m. § 936 ZPO vollzogen hat und ihre Vollziehung deshalb unstatthaft geworden war.
Gemäß § 936 ZPO gilt auch für die einstweilige Verfügung, dass sie innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen werden muss, d.h. dass der Gläubiger seinen Willen zur Durchsetzung der einstweiligen Verfügung gegenüber dem Anspruchsgegner klar zum Ausdruck bringen muss. Dazu ist nach ganz herrsehender Meinung regelmäßig eine fristgemäße Zustellung der einstweiligen Verfügung durch den Gläubiger an den Schuldner im Wege der Parteizustellung notwendig, denn damit verdeutlicht der Gläubiger zweifelsfrei seinen Willen, von der einstweiligen Verfügung Gebrauch zu machen (BGH, Urt. v. 22.10.1992 NJW 1993, 1076, BAG, Urt. v. 18.9.2007 - 9 AZR 672/06, Rz. 37 - zitiert bei juris; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 929 Rz. 18, Teplitzky, 10. Aufl., Kapitel 55 Rz. 41). Dieses gilt auch für einstweilige Verfügungen, die durch Urteil erlassen werden.
a) Das Gesetz trifft zwar keine ausdrückliche Bestimmung darüber, was zur Vollziehung i.S.d. § 929 Abs. 2 ZPO erforderlich ist, jedoch ist regelmäßig eine Amtszustellung eines Urteils im einstweiligen Verfügungsverfahren hierzu nicht ausreichend. Ihr fehlt das spezielle vollstreckungsrechtliche Element, mit welchem der Gläubiger zu erkennen gibt, die Vollstreckung aus dem Titel einzuleiten. Schließlich lässt die Amtszustellung, die das Gericht ohne Initiative des Gläubigers veranlasst, nicht erkennen, dass der Vollstreckungsgläubiger nunmehr aus dem Titel vorgehen will. Durch die Einführung der Amtszustellung mit der ZPO-Vereinfachungsnovelle vom 3.12.1996 wollte der Gesetzgeber auch lediglich den Gerichten die Kontrolle der Rechtsmittelfristen und des Zeitpunkts der Rechtskraft erleichtern, nicht dagegen dem Gläubiger insofern die Herrschaft über das Vollstreckungsverfahren aus der Hand nehmen (NJW 1993, 1076, 1078 m.w.N.). Hieraus kann deshalb nicht entnommen werden, dass eine Amtszustellung i.S.d. § 929 Abs. 2 ZPO ausreicht.
Soweit der BGH in der vorbenannten Entscheidung eine Zustellung im Parteibetrieb nicht für den einzig möglichen Weg der Vollziehung einer durch Urteil ergangenen einstweiligen Verfügung angesehen hat, hat er deutlich gemacht, dass eine anderweitige wirksame Vollziehung einer einstweiligen Verfügung nur auf Maßnahmen beschränkt ist, die ähnlich einer Parteizustellung formalisiert oder durch Urkunden belegt sind, jedenfalls leicht feststellbar sind und eindeutig den Willen erkennen lassen, dass der Gläubiger von der einstweiligen Verfügung Gebrauch machen will (vgl. auch Teplitzky, a.a.O., Rz. 42). Die in dem dortigen Fall nach Angaben des Beklagten unmittelbar nach Erlass der einstweiligen Verfügung unter Hinweis auf sonst entstehende Vollstreckungskosten ergangene mündliche Unterlassungsaufforderung reichte daher nicht aus (ebenso OLG Düsseldorf, WRP 1993, 329 für formlos als Druckmittel verwendete einstweilige Verfügung; KG WRP 1995, 325 (327) für Übersendung der einstweiligen Verfügung als Anlage zu einem privaten Anschreiben). Bei Anwendung dieser Grundsätze war auch hier eine Parteizustellung nicht entbehrlich. Das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten (Gläubigers) vom 25.7.2011 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin, in dem die Klägerin (Schuldnerin) unter Hinweis auf die ergangene Unterlassungsverfügung zur Schließung ihrer Werkstatt bis zum 27.7.2011 aufgefordert wird, reicht insoweit nicht aus. Zwar mag das Schreiben ein Beleg für das Tätigwerden des Beklagten sein, die bloße Aufforderung, dem Inhalt der einstweiligen Verfügung nachzukommen, lässt aber den Gebrauchs- bzw. Durchsetzungswillen des Beklagten nicht hinreichend deutlich werden, da noch nicht einmal - wobei offen bleiben kann, ob dies ausreicht - in Aussicht gestellt wird, das Urteil auch zwangsweise dur...