Leitsatz (amtlich)
Private Krankenversicherung: Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Irreversible Elektroporation (IRE) bei diagnostiziertem Prostatakarzinom
Die Irreversible Elektroporation (IRE) stellt keine medizinisch notwendige Heilbehandlung im Sinne von § 1 Abs. 2 MB/KK 2009 dar.
Normenkette
MB/KK 2009 § 1 Abs. 2
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 30.10.2018 (12 O 40/16) durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
I. Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Krankenkostenversicherung.
Wegen der Inhalt des Versicherungsvertrages gewordenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankenkosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (im Folgenden: MB/KK 2009) wird auf Anlage BLD1 Bezug genommen.
Nachdem bei dem Kläger ein Prostata-Karzinom mit einem Gleason-Score von 6 diagnostiziert worden war, ließ der Kläger nach einer vorangegangenen 3D-Biopsie am 10.11.2015 am 05.01.2016 im "Prof. Dr. S. Institut für Bildgebende Diagnostik" in F. eine dort entwickelte "NanoKnife-Therapie" durchführen, die eine Irreversible Elektroporation (IRE) verwendet, bei der mit Hilfe ultrakurzer Stromstöße bösartige Tumorzellen zerstört werden sollen. Hierbei handelt es sich um ein Verfahren, das in der aktuellen S3-Leitlinie zur Behandlung von Prostata-Karzinomen nicht enthalten ist. Der vor der Durchführung dieser Behandlung erhöhte PSA-Wert des Klägers ging in den Folgemonaten auf ein Normalmaß zurück.
Mit Schreiben vom 07.02.2016 (Anlagenband Kläger) reichte der Kläger bei der Beklagten insgesamt sieben Rechnungen in einem Gesamtumfang von 14.920,00 EUR ein. Auf die Anlage BLD2 wird insoweit wegen der einzelnen Rechnungen Bezug genommen.
Die Beklagte erstattete in der Folge die vom Kläger eingereichten Rezepte über 19,04 EUR und 16,33 EUR unter Anrechnung auf den vertraglich vereinbarten Selbstbehalt und einen Betrag in Höhe von 670,69 EUR auf die Rechnung des Anästhesisten Dr. G. in Höhe von insgesamt 1.550,95 EUR, nämlich den Anteil, der auf die von der Beklagten erstatteten Biopsien entfiel. Eine Übernahme der in Zusammenhang mit der durchgeführten Irreversiblen Elektroporation und den entsprechenden Vor- und Nachuntersuchungen angefallenen Kosten lehnte die Beklagte ab.
Mit Schriftsatz vom 26.07.2017 (Bl. 83f d.A.) hat die Beklagte mitgeteilt, dass in einem anderen Fall an einen Versicherungsnehmer der Beklagten, der an einem Prostatakarzinom gelitten habe, eine Erstattung der bei Durchführung einer Irreversiblen Elektroporation angefallenen Kosten "versehentlich ohne vorherige Prüfung" erfolgt sei; in drei anderen Fällen habe die Beklagte kulanzweise in Einzelfallentscheidungen Leistungen auf freiwilliger Basis zugesagt, wobei diese Leistungen auf das Kostenniveau einer gebotenen Radiotherapie unter Zugrundelegung eines 3,5-fachen Gebührensatzes begrenzt worden seien.
Der Kläger ist der Ansicht, die in Zusammenhang mit der "NanoKnife"-Behandlung angefallenen Kosten seien ihm aufgrund des Versicherungsvertrages zu erstatten. Hierzu behauptet er, es handele sich um eine medizinisch notwendige Heilbehandlungsmaßnahme, die gegenüber den herkömmlichen Therapieoptionen erhebliche Vorteile biete. Insbesondere könnten Tumorzellen gezielt angesteuert und zerstört werden, was die Therapie schonend für umliegendes Gewebe und Organe mache. Die Beeinträchtigungen seien auch deutlich geringer als bei einer operativen Entfernung der Prostata.
Im Übrigen sei die Beklagte bereits aufgrund des sich aus § 21 VAG ergebenden Gleichbehandlungsgrundsatzes zur Kostenübernahme verpflichtet, da die Beklagte bereits anderen Versicherungsnehmern gegenüber die Kosten für die hier streitgegenständliche Therapie erstattet habe.
Er hat erstinstanzlich beantragt,
1. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.249,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn von der außergerichtlichen Geschäftsgebühr gegenüber seinen Prozessbevollmächtigten in Höhe eines Betrages von 1.029,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Kosten für die Irreversible Elektroporationsmethode seien nicht erstattungsfähig, da es sich hierbei nicht um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung im Sinne der §§ 1 Abs. 3, 4 Abs. 6 MB/KK 2009 handele. Weder stelle die genannte Methode ein schulmedizinisch anerkanntes Behandlungsverfahren im Sinne von § 4 Abs. 6 S. 1 MB/KK 2009 dar, noch ein Verfahren, das in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt sei oder um ein Verfahren, das mangels schulmedizinischer Behandlungsoptionen herangezogen werden könne (§ 4 Abs. 6 S. 2 MB/KK 2009).
Eine Erstattungspflicht ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass in der Vergangenheit in Einzelfällen eine Erstattung von ...