Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafverfahren: Sachverständigenvergütung für Gutachten. objektiv erforderlicher Zeitaufwand

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anzahl der für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens zu vergütenden Stunden sind nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen.

 

Normenkette

JVEG § 4 Abs. 1, § 8 Abs. 1, 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Braunschweig (Entscheidung vom 15.12.2015; Aktenzeichen 7 Ns 164/15)

 

Tenor

Die Beschwerde des Sachverständigen Dr. med. M. S. vom 23. Dezember 2015 gegen die Beschlüsse der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Braunschweig vom 26. November und 15. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die beiden Angeklagten wurden erstinstanzlich durch das Amtsgericht Braunschweig (Az.: 10 Ls 110 Js 8918/14) wegen schwerer räuberischer Erpressung jeweils zu Freiheitsstrafen verurteilt. Im Rahmen des hiergegen von ihnen betriebenen Berufungsverfahrens vor dem Landgericht Braunschweig (Az.: 7 Ns 164/15) ordnete dieses durch Beschluss vom 17. Juni 2015 (Bd. II Bl. 111 d.A.) die Einholung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich beider Angeklagter zu den Fragen an, ob die Eingangsvoraussetzung einer Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit im Tatzeitpunkt vorgelegen haben sowie ob die für eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bestehen. Zum Sachverständigen wurde - nachdem er er sich auf telefonische Nachfrage zur Übernahme des Gutachtenauftrages bereit erklärt hatte - der Beschwerdeführer bestellt. Diesem wurde der Beschluss gemeinsam mit der Ladung für die auf den 26. und 28. Oktober 2015 anberaumten Hauptverhandlungstermine am 03. Juli 2015 zugestellt. Da der Aufenthalt des Angeklagten O. im Nachhinein nicht ermittelt werden konnte, wurde der Sachverständige mit gerichtlichem Schreiben vom 24. Juli 2015 gebeten, das diesen betreffende Gutachten nach Aktenlage zu erstellen (Bd. II Bl. 132R d.A.).

Unter dem 28. August 2015 teilte der Beschwerdeführer dem Landgericht mit, dass er hinsichtlich des Angeklagten M. für den 10. September 2015 einen Explorationstermin festgesetzt habe und die beiden in Auftrag gegebenen Gutachten kurz danach fertigstellen werde (Bd. II Bl. 139 d.A.). Des Weiteren unterrichtete der Beschwerdeführer das Landgericht mit Schreiben vom 03. September 2015 darüber, dass er den Angeklagten M. erneut angeschrieben habe und für den Fall, dass er hierauf keine Rückmeldung erhalten sollte, die gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage fertigen werde. Tatsächlich erfolgte die Exploration des Angeklagten M. dann wie geplant am 10. September 2015 und der Beschwerdeführer kündigte unter Rückgabe der Verfahrensakten mit Schreiben vom 12. September 2015 an, das diesen betreffende Gutachten nunmehr zeitnah vorzulegen (Bd. II Bl. 180 d.A.). Ausweislich eines Aktenvermerks vom 07. Oktober 2015 (Bd. II Bl. 183R d.A.) kündigte der Sachverständige unter Hinweis auf die erfolgte Exploration des Angeklagten M. an, sich an diesem Tag telefonisch mit dem Gericht in Verbindung setzen zu wollen. Der avisierte Anruf blieb jedoch aus (Bd. III Bl. 56 d.A.). Daraufhin wurde er seitens des Gerichtes am 09. Oktober 2015 per E-Mail aufgefordert, das Gutachten bezüglich des Angeklagten M. bis zum 13. Oktober 2015 zu übersenden. Diese E-Mail enthielt außerdem den Hinweis, dass hinsichtlich des Angeklagten O. nunmehr auf ein schriftliches Gutachten verzichtet werde und dieses gegebenenfalls in der Hauptverhandlung mündlich erstattet werden könne (Bd. II Bl. 184 d.A.). Auf diese Nachricht reagierte der Sachverständige mit E-Mail vom selben Tag, in welche er darauf hinwies, dass er die gesetzte Frist bis zum 13. Oktober 2015 voraussichtlich nicht einhalten können, das Gutachten aber bis zum 16. Oktober 2015 fertigstellen und dann übersenden werde (Bd. II Bl. 184 d.A.). Nachdem das den Angeklagten M. betreffende Gutachten am 19. Oktober 2015 noch immer nicht vorlag, ließ ihm die Vorsitzende der Strafkammer mit einer weiteren E-Mail von diesem Tag ausrichten, dass auf ein schriftliches Gutachten verzichtet werde, wenn es nicht an diesem Tage eingehe (Bd. II Bl. 184 d.A.). Der Eingang dieses 34 Seiten umfassenden Gutachtens erfolgte dann tatsächlich aber erst am 20. Oktober 2015 (Bd. II Bl. 180 d.A.).

In der Folge wurde die Hauptverhandlung wie geplant am 26. und 28. Oktober 2015 durchgeführt, an der der Sachverständige lediglich am ersten Hauptverhandlungstag von 11.00 Uhr bis 12:17 Uhr teilnahm (Bd. II Bl. 203, 207 d.A.). Seine gutachterlichen Tätigkeiten in der Hauptverhandlungen bezogen sich ausschließlich auf den Angeklagten M., weil der Angeklagte O. nicht erschienen war.

Die von ihm erbrachten Tätigkeiten liquidierte der Sachverständige mit Schreiben vom 14. Oktober 2015 (Gutachten M., Bd. II Bl. 187 d.A.), 28. Oktober 2015 (Teilnahme an der Hauptverhandlung am 26. Oktober 2015, Bd. II Bl. 220 d.A.) und 08. November 2015 (Gutachten O., Bd. II Bl. 267 d.A.). Dem letztgenannten...

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