Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderung des Versorgungsausgleichs bei Tod des ausgleichsverpflichteten Ehepartners; Auswirkung des Ablebens auf den Barwert des Anrechts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG ist die Vorschrift über den Tod eines Ehegatten § 31 VersAusglG anzuwenden (folgend BGH, Beschluss v. 05.06.2013 - XII ZB 635/12 - Rn. 19, 24).

2. Das Abänderungsverfahren ist dabei vom überlebenden früheren Ehegatten gegen die Erben des vorverstorbenen früheren Ehegatten als Antragsgegner zu führen, weshalb diese ggfs. zu ermitteln sind. Die Versorgungsträger sind "nur" weitere Beteiligte des Verfahrens und nicht Antragsgegner.

3. Die Anwendung des § 31 VersAusglG führt im Falle eines Vorversterbens des insgesamt ausgleichsverpflichteten früheren Ehegatten dazu, dass auf der Grundlage der neu einzuholenden Auskünfte zu allen in der ursprünglichen Entscheidung zum Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechten beider früheren Ehegatten ein vollständig neuer Versorgungsausgleich nach dem seit dem 01.09.2009 geltenden Recht in Form einer Totalrevision stattzufinden hat, wobei der überlebende, insgesamt ausgleichsberechtigte frühere Ehegatte nur einen Wertausgleich in Höhe des saldierten Differenzbetrages erhält, § 31 Abs. 2 S. 1 VersAusglG.

4. Da im Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG eine Totalrevision des Versorgungsausgleichs vorzunehmen ist, gilt § 5 Abs. 2 VersAusglG auch hier mit der Folge, dass Wertänderungen nach der Ehezeit gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG nur zu berücksichtigen sind, wenn sie auf den Ehezeitanteil zurückwirken. Der Tod des vorverstorbenen Ehegatten nach dem Ende der Ehezeit scheidet danach als solcher Umstand aus, wenn der Anrechtsaus-gestaltung eine auf statistischen Grundlagen prognostizierte Dauer des Leistungsbezugs zugrunde liegt.

5. Ergibt die Gegenüberstellung der Versorgungsanrechte beider Ehegatten ei-nen geringeren Saldo des Ausgleichswertes des Überlebenden und beste-hen mehrere Anrechte des Verstorbenen, ist nach billigem Ermessen zu ent-scheiden, welches Anrecht bzw. welche Anrechte zum Ausgleich der ermit-telten Wertdifferenz heranzuziehen ist bzw. sind. Dabei hat ein Gericht zu-nächst auf eine Konzentration bestehender Versorgungen hinzuwirken so-wie die Entstehung von Splitteranrechten und externe Teilungen möglichst zu vermeiden. Daneben sind die wesentlichen Merkmale der Versorgungen zu berücksichtigen (Dynamik, Rechtsschutz, Insolvenzsicherung etc.), was dazu führt, dass sich im Regelfall der Ausgleich von Anrechten aus den Regelversicherungssystemen anbietet, zumal diese Anrechte in der Regel auch den höchsten Ausgleichswert haben. Auf der anderen Seite ist zu berück-sichtigen, dass kein Anrecht über seinen Ausgleichswert hinaus herangezogen werden darf.

 

Normenkette

BetrAVG §§ 2, 4 Abs. 5; FamFG §§ 58, 70 Abs. 2 Nr. 2, §§ 81, 222 Abs. 3, § 225 Abs. 2, § 226 Abs. 2, 4, 5 S. 3; SGB 4 § 18 Abs. 1; VersAusglG § 5 Abs. 1, 2 S. 2, §§ 14, 31 Abs. 1, 2 S. 1, §§ 32-33, 37, 47, 51 Abs. 3-4, § 52 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Wolfsburg (Entscheidung vom 07.03.2017; Aktenzeichen 20 F 2238/15)

 

Tenor

1. Unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde der V. AG wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - W. vom 07.03.2018 hinsichtlich der Regelung unter Ziffer I. wie folgt abgeändert:

Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich in dem Urteil des Amtsgerichts H. vom 25.11.2002 - Az.: 5 F 251/00 - wird mit Wirkung ab dem 01.09.2015 wie folgt abgeändert:

a. Zu Lasten des Anrechts des verstorbenen M. R. bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer ...) wird im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 18,2589 Entgeltpunkten auf deren Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer ...), bezogen auf den 31.07.2000, übertragen.

b. Zu Lasten des Anrechts - Grundversorgung - des verstorbenen M. R. bei dem Versorgungsträger V. AG (Pers.-Nr.: ...) wird im Wege der externen Teilung zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe eines Betrages von 12.798,47 EUR bezogen auf den 31.07.2000 bei der Versorgungsausgleichskasse begründet. Der Versorgungsträger V. AG wird verpflichtet, einen Kapitalbetrag in Höhe von 12.798,47 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5,25 % p.a. ab dem 01.08.2000 an die Versorgungsausgleichskasse als Versorgungsträger der Antragstellerin zu zahlen.

2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin und die Beschwerdeführerin je zur Hälfte, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt die Abänderung einer nach früherem Recht ergangenen Entscheidung zum Versorgungsausgleich.

Die am 21.09.1973 geschlossene Ehe der Antragstellerin mit dem im Jahr 2015 verstorbenen M. R. wurde auf den am 17.08.2000 zugestellten Scheidungsantrag durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - H. vom 25.11.2002 rechtskräftig geschieden. In der gesetzlichen Ehezeit...

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