Leitsatz (amtlich)
1. Liegen die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Verkehrsanwalts nach § 124 Abs. 4 ZPO vor, darf ein auswärtiger Rechtsanwalt ohne sein Einverständnis nicht nur "zu den Bedingungen eines ortansässigen Rechtsanwalts" beigeordnet werden.
2. Die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts ist zur Sicherstellung der Einhaltung von § 121 Abs. 3 ZPO dann in der Regel auf die Kosten zu begrenzen, die durch die Einschaltung eines zusätzlichen Verkehrsanwalts anfallen, weil weder die verfassungsrechtlich gebotene Gleichstellung einer nicht bemittelten Partei mit einer bemittelten Partei noch ein effektiver Rechtsschutz grundsätzlich eine weiter gehende Beiordnung erfordern.
3. Eine derart eingeschränkte Beiordnung benachteiligt den so beigeordneten Rechtsanwalt nicht, zumal dieser das Prognoserisiko hinsichtlich der Frage, ob die Reisekosten höher ausfallen werden als die Kosten eines Verkehrsanwalts, dadurch vermeiden kann, dass er rechtzeitig unter Verzicht auf seine weiter gehenden Rechte aus der Bestellung beantragt, ihn als Verkehrsanwalt und einen Rechtsanwalt am Sitz des Prozessgerichts der antragstellenden Partei als Prozessbevollmächtigten beizuordnen.
Normenkette
ZPO § 121
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des AG B. vom 3.1.2006 insofern abgeändert, als die Beschränkung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwaltes" entfällt und Rechtsanwalt mit der Maßgabe beigeordnet wird, dass die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass er seine Kanzlei nicht am Ort des Prozessgerichts hat, nur bis zur Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts am Wohnort der Antragstragstellerin erstattungsfähig sind.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtkostenfrei.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die in Stadt K. wohnhafte Antragsgegnerin beabsichtigt, den Antragsgegner auf Auskunft zur Durchsetzung nachehelicher Unterhaltszahlungen in Anspruch zu nehmen. Hierzu hat sie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts beantragt, dessen Kanzlei in Stadt K. geschäftsansässig ist. Mit Beschl. v. 3.1.2006 hat das AG B. die beantragte Prozesskostenhilfe bewilligt, jedoch Rechtsanwalt nur zu den Bedingungen eines Rechtsanwalts mit Sitz am Ort des Prozessgerichts beigeordnet. Gegen diesen Rechtsanwalt am 12.1.2006 zugestellten Beschluss wendet sich er mit am 16.1.2006 beim AG B. eingegangener Beschwerde. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass der Antragstellerin nicht zuzumuten sei, sich einen zweiten Rechtsanwalt zu nehmen, und sie auch nicht über Vermögensverhältnisse verfüge, Reisekosten selbst zu tragen.
Mit Beschl. v. 18.1.2006 hat das AG B. der Beschwerde nicht abgeholfen, die Beiordnung als Verkehrsanwalt neben einem in B. ansässigen Prozessbevollmächtigten bei entsprechendem Antrag in Aussicht gestellt und zur weiteren Entscheidung das Rechtsmittel dem OLG B. vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig und z.T. begründet. Der Antragstellerin ist Rechtsanwalt ohne die vom AG genannte Beschränkung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts", jedoch mit der im Tenor näher beschriebenen Eingrenzung beizuordnen.
Die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts hat nicht grundsätzlich zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwaltes zu erfolgen. Gemäß § 121 Abs. 3 ZPO kann zwar ein beim Prozessgericht nicht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch keine weiteren Kosten entstehen. Es ist jedoch auch zu beachten, dass gem. § 121 Abs. 4 ZPO in den dort genannten Fällen zusätzlich ein Verkehrsanwalt oder ein Vertreter für eine auswärtige Beweisaufnahme beizuordnen ist. Bei der Entscheidung über die Beiordnung eines nicht am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts hat das Gericht deshalb auch zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen. Nur wenn dies nicht der Fall ist, darf es einen von der Partei nach § 121 Abs. 1 ZPO gewählten auswärtigen Prozessbevollmächtigten zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beiordnen (vgl. BGH v. 23.6.2004 - XII ZB 61/04, BGHZ 159, 370 ff. = MDR 2004, 1373 = BGHReport 2004, 1371 m. Anm. Schneider = NJW 2004, 2749 ff. sowie OLG Köln v. 28.4.2005 - 14 WF 35/05, MDR 2005, 1130 [1131]).
Bei der Prüfung, ob die Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwaltes nach § 121 Abs. 4 ZPO wegen besonderer Umstände erforderlich ist, ist auf die rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten des Rechtsstreits und die subjektiven Fähigkeiten der Parteien abzustellen. Im Rahmen der durch Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem allgemeinen Rechtstaatsprinzip gebotenen weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung ihres Rechtschutzes ist bei der Auslegung auch die neue Rechtsprechung des BGH zur Erstattung der Kosten für Verkehrsanwälte und Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten zu beachten, wonach die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei regelmäßig als i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung od...