Leitsatz (amtlich)
Beschränkte Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts; Erstattungsfähigkeit der Mehrkosten bis zur Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 25.03.2010; Aktenzeichen 32 O 761/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der Einzelrichterin der Zivilkammer 32 des LG Berlin vom 25.3.2010 insofern abgeändert, als die Beschränkung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes" entfällt und Rechtsanwalt ..., ... mit der Maßgabe beigeordnet wird, dass die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass er seine Kanzlei nicht am Ort des Prozessgerichts hat, nur bis zur Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts am Wohnort der Klägerin erstattungsfähig sind.
Eine Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist nicht zu erheben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die in Hannover wohnende Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückabwicklung eines Vertrages in Anspruch. Hierzu hat sie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... beantragt, dessen Kanzlei in Hannover geschäftsansässig ist. Mit Beschluss vom 25.3.2010 hat das LG Berlin die beantragte Prozesskostenhilfe bewilligt, jedoch Rechtsanwalt ... nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet. Gegen diesen, Rechtsanwalt ... am 11.5.2010 zugestellten Beschluss, wendet er sich mit der am 19.5.2010 bei dem LG Berlin eingegangenen Beschwerde. Er rügt, die Klägerin könne nicht darauf verwiesen werden, einen Rechtsanwalt im Bezirk des angerufenen Gerichts aussuchen zu müssen. Die Angelegenheit sei rechtlich und tatsächlich umfassend und schwierig. Es habe einer persönlichen Beratung der Klägerin, die ihn mehrmals in seiner Kanzlei aufgesucht habe, bedurft.
Mit Beschluss vom 27.5.2010 hat das LG Berlin der Beschwerde nicht abgeholfen. Es sei nicht zu erkennen, dass die Sache tatsächlich und rechtlich ungewöhnlich schwierig wäre. Ferner sei nicht ersichtlich, warum die Klägerin nicht mit einem Rechtsanwalt in Berlin telefonisch und schriftlich hätte korrespondieren können. Es hat zur weiteren Entscheidung das Rechtsmittel dem KG vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde gegen die Beschränkung der Beiordnung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im angefochtenen Beschluss ist nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig und hat in der Sache Erfolg. Ihr ist Rechtsanwalt ... ohne die vom AG genannte Beschränkung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts" jedoch mit der aus dem Tenor ersichtlichen Eingrenzung beizuordnen.
Das LG geht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass im Rahmen der bewilligten Prozesskosenhilfe nach § 121 Abs. 1 und 3 ZPO in der Regel ein bei dem Prozessgericht niedergelassener Rechtsanwalt beizuordnen ist. Ein nicht am Prozessgericht niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch keine weiteren Kosten entstehen. Die Kenntnis vom Mehrkostenverbot des § 121 Abs. 3 ZPO wird bei einem Anwalt vorausgesetzt. Stellt ein auswärtiger Anwalt einen Beiordnungsantrag, kann sein Einverständnis mit einer beschränkten Beiordnung vermutet werden (BGH Beschl. v. 10.10.2006 - XI ZB 1/06, NJW 2006, 3783).
Bei der Entscheidung über die Beiordnung eines nicht am Prozessgericht niedergelassenen Anwalts hat das Gericht aber immer auch zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen und die betroffene Partei Anspruch auf die Beiordnung eines Verkehrsanwalts hätte. Ist dies der Fall, darf das Gericht die Beiordnung des auswärtigen Anwalts nicht auf die Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts einschränken (BGH Beschl. v. 23.6.2004 - XII ZB 61/04, FamRZ 2004, 1362; Beschl. v. 10.10.2006 - XI ZB 1/06 -, a.a.O.; OLG Hamm Beschl. v. 20.4.2005 - 5 WF 66/05, NJW 2005, 1724; OLG Köln Beschl. v. 18.1.2007 - 14 WF 284/06, FamRZ 2008, 525; OLG Braunschweig Beschl. v. 14.2.2006 - 2 WF 23/06, FamRZ 2006, 800; KG Beschl. v. 5.8.2009 - 3 WF 193/08).
Diese Prüfung führt dazu, dass der Klägerin der in der Nähe ihres Wohnortes niedergelassene Anwalt ohne die vom LG gemachte Einschränkung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" beizuordnen ist. Bei der Prüfung, ob die Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO wegen besonderer Umstände erforderlich ist, ist auf die rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten des Rechtsstreits und die subjektiven Fähigkeiten der Parteien abzustellen (Zöller/Geimer ZPO, 28. Aufl., § 121 Rz. 20). Im Rahmen der durch Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip gebotenen weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung ihres Rechtsschutzes (BVerfG Beschl. v. 4.2.2004 - 1 BvR 596/03, NJW 2004, 1789) ist bei der Auslegung auch die neuere Rechtsprechung des BGH zur Erstattung der Kosten für Verkehrsanwälte zu beachten. Danach ist im Falle der Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts am Sitz des Gerichts auch die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen V...