Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenentscheidung in erstinstanzlichen Verfahren nach § 458 Abs 1 StPO

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde nach § 464 Abs. 3 S. 1 2.HS hängt nicht von einer Beschwer in der Hauptsache ab, sondern davon, ob ein Rechtsmittel gegen die Hautsacheentscheidung statthaft ist.

2. Erstinstanzliche Entscheidungen nach § 458 Abs. 1 StPO sind mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht mit einer Kosten- und Auslagenentscheidung zu versehen.

 

Normenkette

StPO § 458 Abs. 1, § 464 Abs. 3 S. 1 Hs. 2

 

Verfahrensgang

LG Göttingen (Entscheidung vom 05.08.2014)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde gegen das Unterlassen einer Auslagenentscheidung in dem Beschluss der 56. kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen vom 5. August 2014 wird als unbegründet verworfen.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 12.05.2014 (11 Ls 2333 Js 105249/13 (1/14)), das seit dem 22.05.2014 rechtskräftig ist, wegen Diebstahls in 3 Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt. Des Weiteren wurde seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet (Bl. 1 ff. d. VH)

Da zunächst kein Therapieplatz vorhanden war, befand sich der Verurteilte seit der Rechtskraft des Urteils in Organisationshaft, bis das Landgericht Göttingen mit Beschluss vom 05.08.2014 die Unzulässigkeit der Organisationshaft feststellte und die Entlassung des Verurteilten anordnete (Bl. 50 ff. d. VH). Eine Kostenentscheidung wurde nicht getroffen. Der Beschluss wurde dem Verurteilten am 05.08.2014 zugestellt (Bl. 80 d. VH).

Mit am gleichen Tag beim Landgericht Göttingen eingegangenem Schreiben vom 08.08.2014 legte der Verurteilte sofortige Beschwerde ein, soweit das Landgericht keine Kostenentscheidung getroffen hat (Bl. 81 d. VH). Es sei angebracht, die Kosten der Staatskasse aufzuerlegen und die Erstattung der notwendigen Auslagen des Angeklagten durch die Staatskasse anzuordnen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (Bl. 85 f. d. VH).

II.

1. Da gegen das Unterbleiben einer Entscheidung jeweils nur das Rechtsmittel statthaft ist, das im Falle ihres Erlasses eröffnet wäre, ist vorliegend gemäß § 464 Abs. 3 Satz 1 StPO grundsätzlich die sofortige Beschwerde statthaft.

Zwar ist der Strafprozessordnung eine reine Untätigkeitsbeschwerde fremd. Die herrschende Rechtsprechung lässt jedoch die Anfechtung der Unterlassung einer Entscheidung insbesondere dann zu, wenn sich diese Unterlassung in ihrer Auswirkung als stillschweigende belastende Entscheidung darstellt (OLG Braunschweig, Beschluss vom 25.1.2001 - Ws 9/01 - zitiert nach juris, Rdnr. 4; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9.10.1997 - 2 Ws 116/97 - zitiert nach juris, Rdnr. 3 m.w.N.). Dies ist hier in Bezug auf die unterbliebene Auslagenentscheidung der Fall, da das Fehlen einer Auslagenentscheidung zur Folge hat, dass jeder Beteiligte seine eigenen Auslagen zu tragen hat.

Soweit der Verurteilte allerdings - wovon der Senat angesichts des Wortlauts des von ihm eingelegten Rechtsmittels ausgeht - einen ausdrücklichen Ausspruch dahin anstrebt, dass die Verfahrenskosten der Landeskasse auferlegt werden, ist sein Rechtsmittel unzulässig, weil er insoweit nicht beschwert ist. Enthält nämlich die Entscheidung keinen Ausspruch darüber, wer die Verfahrenskosten zu tragen hat, so fallen diese automatisch der Landeskasse zur Last (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 6.3.1992 - 4 Ws 47/92 - zitiert nach juris, Rdnr. 6).

§ 464 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz StPO steht der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde nicht entgegen. Zwar ist der Verurteilte durch die Entscheidung in der Hauptsache, mit der das Landgericht Göttingen auf seinen Antrag festgestellt hat, dass die gegen den Verurteilten vollstreckte Organisationshaft unzulässig und der Verurteilte aus der Haft zu entlassen ist, nicht beschwert. Es kommt jedoch nur darauf an, ob gegen die Hauptsacheentscheidung generell - unabhängig von der Frage der Beschwer im Einzelfall - die Anfechtung der zugrunde liegenden Hauptentscheidung statthaft ist (vgl. Hilger in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Auflage, § 464 Rn. 52, 57). Dies ist der Fall, da gegen Entscheidungen nach § 458 StPO gemäß § 462 Abs. 3 Satz 1 StPO die sofortige Beschwerde statthaft ist.

Es ist davon auszugehen, dass auch der Beschwerdewert des § 311 i. V. m. § 304 Abs. 3 StPO erreicht ist.

2. Das Rechtsmittel ist, soweit es sich gegen das Unterlassen einer Auslagenentscheidung richtet, unbegründet.

Die sofortige Beschwerde ist, soweit sie sich gegen das Fehlen der Auslagenentscheidung wendet, unbegründet, weil es an einer gesetzlichen Grundlage für den angestrebten Ausspruch fehlt (so bereits Beschluss des Senats vom 25.04.2012, Ws 383/11, bislang unveröffentlicht).

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