Verfahrensgang
LG Braunschweig (Aktenzeichen 7 O 2572/18) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 16.07.2019 gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
I. Die zulässige Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (vgl. § 513 Abs. 1 ZPO).
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von 5.400,- EUR aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über eine Vollkaskoversicherung gegen die Beklagte.
Die Beklagte ist gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG i. V. m. E.1.1, E.7.1 der zwischen den Parteien vereinbarten allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2010) leistungsfrei geworden.
Soweit in dem landgerichtlichen Urteil auf die zunächst von der Beklagten vorgelegten Versicherungsbedingungen (AKB 2008) Bezug genommen worden ist, betrafen diese nicht die streitgegenständliche Kaskoversicherung, sondern lediglich die Kfz-Haftpflichtversicherung, wie der Eingangsbemerkung der Versicherungsbedingungen zu entnehmen ist. Die in dem Urteil erwähnten Klauseln E.1.1 und E.3.1 AKB 2008 sind jedoch im wesentlichen wortgleich mit E.1.1 und E.7.1 AKB 2010.
a.) Gem. E.7.1. AKB 2010 i. V. m. § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG besteht kein Versicherungsschutz, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich gegen eine seiner in E.1 bis E.6 geregelten Pflichten verstößt.
aa.) Die Klägerin hat im vorliegenden Fall objektiv gegen die sich aus E.1.1 AKB 2010 ergebende Obliegenheit zur fristgerechten Anzeige des Schadenereignisses verstoßen.
Solange der Versicherungsnehmer von dem Versicherungsfall keine Kenntnis hat, kann eine Verletzung der Anzeigepflicht tatbestandlich nicht gegeben sein (vgl. Maier, in: Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 19. A., AKB E.1, Rn. 2). Das positive Wissen um die die Obliegenheiten auslösenden Umstände ist Teil des objektiven Tatbestandes dieser Obliegenheiten, den der Versicherer, will er sich auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Obliegenheiten berufen, beweisen muss (vgl. BGH, Urteil vom 30.04.2008 - IV ZR 227/06 -, juris Rn. 15).
Gem. E.1.1 AKB 2010 ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, dem Versicherer jedes Schadenereignis innerhalb einer Woche anzuzeigen, das zu einer Leistung führen kann. Zu den in der Vollkaskoversicherung versicherten Ereignissen zählen u. a. gem. A.2.1.3 b AKB 2010 Unfälle des Fahrzeugs. Hier hat die Klägerin nach ihrem Vorbringen mit dem versicherten Fahrzeug am 28.02.2016 einen Unfall erlitten, so dass sie den Unfall binnen einer Woche bei der Beklagten anzuzeigen hatte. Die Klägerin hat den angeblichen Unfall jedoch erst am 26.05.2017 der Beklagten gemeldet. Der objektive Tatbestand ist damit erfüllt.
Soweit die Klägerin geltend macht, dass sie keine Veranlassung gehabt habe, die Beklagte als Kaskoversicherer in Anspruch zu nehmen, weil sie die berechtigte Erwartung gehabt habe, dass der Unfallgegner und dessen Haftpflichtversicherer zum vollständigen Schadensersatz verpflichtet seien, ändert dies nichts an der Kenntnis der Klägerin von dem Unfall und dem darin liegenden Schadenereignis i. S. der Versicherungsbedingungen. Voraussetzung für den Beginn der Meldefrist ist nicht, dass der Versicherungsnehmer sich tatsächlich entschließt, seine Kaskoversicherung in Anspruch zu nehmen, sondern der Eintritt eines in der Kaskoversicherung versicherten Ereignisses, das - wie schon der Wortlaut der Klausel aufzeigt - zu einer Leistung führen kann. Der Klägerin war aber bewusst, dass ihr eine Leistung aus der abgeschlossenen Kaskoversicherung zustehen könnte, wie die spätere Schadensmeldung zeigt.
bb.) Die Klägerin hat auch vorsätzlich gegen diese Obliegenheit verstoßen.
Vorsatz erfordert das Wollen der Obliegenheitsverletzung im Bewusstsein des Vorhandenseins der Verhaltensnorm (vgl. BGH, Urteil vom 21.04.1993 - IV ZR 33/92 -, juris Rn. 188). Insoweit genügt bedingter Vorsatz, der nach allgemeinen Regeln vorliegt, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheitsverletzung für möglich hält und sie billigend in Kauf nimmt, also nicht ernsthaft darauf vertraut, dass der Erfolg ausbleiben werde (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2017 - 20 U 42/17 -, juris Rn. 16). Der Geschädigte handelt auch dann vorsätzlich, wenn er die allgemein bekannte Frist zur zeitnahen Schadenmeldung in der Annahme verstreichen lässt, er sei auf den Anspruch gegen den Versicherer nicht angewiesen, weil er sich anderweitig schadlos halten könne (vgl. OLG Hamm, a. a. O., juris Rn. 24; so wohl auch OLG Celle, Urteil vom 30.11.2017 - 8 U 27/17 -, juris Rn. 50).
Der Klägerin, die bereits wiederholt die Beklagte als Kaskoversicherung in Anspruch genommen hat, war nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil bewusst, dass ein eingetretener Unfall zeitnah der Versicherung zeitnah gemeldet wer...