Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfassende Freizeichnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen betreffend den Ausschluss der Haftung des Klauselverwenders für Körper- und Gesundheitsschäden und für sonstige Schäden bei grobem Verschulden; Unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders; Nichterweislichkeit einer Beschaffenheitsvereinbarung (hier: Verbau des Auslieferungsmotors)
Normenkette
BGB §§ 305, 305b, 309 Nr. 7 Buchst. a, b, §§ 434, 437
Verfahrensgang
LG Göttingen (Urteil vom 29.09.2021; Aktenzeichen 3 O 61/20) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO vorliegen.
Es ist beabsichtigt, das Urteil des Landgerichts Göttingen - 3 O 61/20 - dahingehend zu berichtigen (§ 319 ZPO), dass auf dessen Seite 5 in der dritten Zeile des letzten Absatzes das zweite Wort statt "Klägerin" richtig "Beklagte" lauten muss.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt nach von ihr erklärtem Rücktritt die Rückabwicklung des Kaufes eines bei der Beklagten am 4.2.2020 erworbenen Pkw-Oldtimers Mercedes-Benz 560 SEL.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands I. Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (S. 2-4 = Bl. 198-200 d.A. l. d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung von Zeugen und persönlicher Anhörung der Parteien abgewiesen. Ein Rückabwicklungsanspruch stehe der Klägerin nicht zu. Dass es sich bei dem im Fahrzeug verbauten Motor und der Schließanlage nicht mehr um die Originalteile handele, die das Fahrzeug bei Werksauslieferung aufgewiesen habe, stelle mangels feststellbarer entsprechender Vereinbarung keinen Mangel dar. Der Umstand, dass der von der Beklagten der Klägerin nachgesandte Schlüsselsatz nicht zu allen Schlössern des Fahrzeugs passe, berechtige nicht zum Rücktritt, weil die Klägerin insoweit der Beklagten keine Nacherfüllungsfrist gesetzt habe.
Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 1.10.2021 (Bl. 214 d.A.) zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 27.10.2021 (Bl. 213 d.A.), eingegangen beim Oberlandesgericht am selben Tag (Bl. 212 d.A.), Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 15.11.2021 (Bl. 220ff. d.A.), eingegangen beim Oberlandesgericht am selben Tag (Bl. 219 d.A.), begründet.
Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Ziel in vollem Umfang weiter. Zur Begründung führt sie an:
Das Landgericht habe die von ihr dargelegten Tatsachen und angebotenen Beweise nicht hinreichend bzw. unrichtig gewürdigt. Das Fahrzeug habe sehr wohl zwei Mängel aufgewiesen: zum einen die weder originale noch funktionsfähige Schließanlage, zum anderen sei das Fahrzeug unstreitig nicht mehr mit dem Motor ausgestattet gewesen, welches bei Erstauslieferung werkseitig verbaut gewesen sei. Die Beklagte sei ein auf Youngtimer und Oldtimer spezialisierte Gebrauchtwagenhändler und habe mit dem abgelesenen Km-Stand von nur 38.444 "hinreichend Werbung betrieben" und sie - die Klägerin - "angelockt". Die Beklagte habe arglistig gehandelt. Dabei könne es dahinstehen, ob die Klägerin das Fahrzeug im Rahmen eines Handelsgeschäfts gemäß § 343 HGB erworben habe. Die Beklagte treffe gegenüber jedwedem Käufer eine umfassende Untersuchungspflicht vor dem Verkauf. Da sie diese nicht erfüllt und die Klägerin darüber auch nicht unterrichtet habe, treffe sie der Vorwurf der Arglist. Denn die Beklagte hätte bei der ihr obliegenden Sichtprüfung leicht feststellen können, dass sich in dem Fahrzeug nicht mehr der originale Auslieferungsmotor befunden habe. Der Umstand, dass sich der Auslieferungsmotor nicht mehr im Fahrzeug befunden habe, belege im Übrigen, dass die abgelesene Laufleistung nicht stimmen könne, was die Beklagte allerdings mehrfach gegenteilig "suggeriert" habe. Die Klägerin meint, das Landgericht habe in dem Urteil bekräftigt, dass bei Nichtvorhandensein des Originalmotors die Beklagte eine Offenbarungspflicht treffe. Eine Untersuchungs- und damit verbundene Offenbarungspflicht habe die Beklagte aber auch unabhängig von den vertraglichen Vereinbarungen gehabt. Entsprechendes gelte für die nicht passende und nicht funktionierende Schließanlage. Dem Landgericht sei auf Seite 5 unten des angefochtenen Urteils eine unbeabsichtigte Verwechslung zwischen Klägerin und Beklagten unterlaufen. Schließlich habe allein die Beklagte die Untersuchungspflicht getroffen. Die Berufung meint, das Landgericht habe aus dem Umstand, dass die Beklagte die tatsächliche Laufleistung nicht gekannt habe, gefolgert, dass keine entsprechende Untersuchungspflicht der Beklagten bestanden habe, was denkgesetzwidrig sei. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe es vor dem Rücktritt wegen beider Mängel nicht der vorhergehenden Fristsetzung für eine Nacherfüllung bedurft, weil für sie angesichts des arglistigen Verhaltens der Bek...