Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anwendung des § 537 ZPO auf Kostenentscheidung
Normenkette
ZPO § 537
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Urteil vom 09.11.2005; Aktenzeichen 21 O 261/05 (012)) |
Tenor
Der Antrag des Beklagten zu 1) auf unbedingte Vollstreckbarerklärung des Urteils des LG Braunschweig vom 9.11.2005 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte zu 1) trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
Mit Urteil vom 9.11.2005 hat das LG Braunschweig die Klage, soweit sie sich gegen den Beklagten zu 1) richtet, abgewiesen, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) auferlegt und ausgesprochen, dass das Urteil gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar sei. Dagegen hat die Klägerin, beschränkt auf 21.229,84 EUR, Berufung eingelegt. Der Beklagte zu 1) beantragt nun, das Urteil, soweit es durch die Berufungsanträge nicht angefochten worden ist, für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Er verfolgt hiermit das Ziel, eine von einer Sicherheitsleistung unabhängige vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der ihm entstandenen Kosten zu erreichen. Ein solcher Ausspruch kommt jedoch nicht in Betracht, und zwar auch nicht gem. § 537 Abs. 1 ZPO.
Ob die genannte Vorschrift auf die erstinstanzliche Kostenverurteilung angewendet werden kann, ist umstritten, richtigerweise aber zu verneinen (Wieczorek/Schütze/Gerken, ZPO, 3. Aufl., § 537 Rz. 8; BL-Albers, ZPO, 64. Aufl., § 537 Rz. 1; OLG Schleswig, Beschl. v. 22.3.1985 - 9 U 68/84, MDR 1985, 679; Beschl. v. 4.2.1983 - 7 U 184/81, juris; a.A. Rimmelspacher in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 534 Rz. 7; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 534 Rz. 2; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., § 537 Rz. 3). Da das Berufungsgericht die Kostenentscheidung unabhängig vom Umfang der Anfechtung stets von Amts wegen ändern kann, ist § 537 ZPO weder unmittelbar noch entsprechend auf die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils anzuwenden. Das Verfahren nach § 537 ZPO hat einen weitgehend formalen Charakter und setzt lediglich einen Vergleich zwischen der Verurteilung des Berufungsführers durch das angefochtene Urteil und seinen Sachanträgen voraus. Sodann erfolgt eine Entscheidung ohne sachliche Prüfung. Dies wäre bei der Kostenentscheidung anders. Hier müsste eine fiktive Quotenberechnung erfolgen, wobei auch die Richtigkeit der erstinstanzlichen Kostenentscheidung ohne Bindung an die Anträge der Parteien zu überprüfen wäre. Dies überschreitet aber den Rahmen des nach § 537 ZPO vorgesehenen formalen Verfahrens (OLG Schleswig, Beschl. v. 22.3.1985 - 9 U 68/84, MDR 1985, 679). Hinzu kommt, dass der Streitwert in der zweiten Instanz gem. § 63 Abs. 3 S. 1 GKG von Amts wegen geändert werden kann. Da eine Abänderung des Streitwerts auch zu einer Veränderung der Kostenquote führen kann, müsste dies bei der Überprüfung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung mit berücksichtigt werden, was der Anwendung des § 537 ZPO auf die erstinstanzliche Kostenverurteilung ebenfalls entgegensteht.
Davon abgesehen dürfte aber auch die Gegenmeinung hier zu demselben Ergebnis gelangen. Die Befürworter einer entsprechenden Anwendung des § 537 ZPO weisen darauf hin, dass eine teilweise vorbehaltlose Vollstreckbarerklärung einer Kostenentscheidung nur dann zulässig sei, wenn die Kostenquote aufgrund der beschränkten Berufung eindeutig zu bestimmen und unabhängig von der Sachentscheidung des Berufungsgerichts ist (Rimmelspacher in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 534 Rz. 7; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., § 537 Rz. 3). Daran fehlt es hier. Das LG hat den Streitwert insgesamt auf die Wertstufe bis 110.000 EUR festgesetzt. Darin enthalten sind der Zahlungsantrag mit einem Streitwert von 102.984,97 EUR und der gem. § 3 ZPO zu schätzende Wert des Feststellungsbegehrens. Da dieser Wert aber nicht im Einzelnen festgesetzt, sondern nur zum Ausdruck gebracht worden ist, dass sich der Gesamtstreitwert jedenfalls auf nicht mehr als 110.000 EUR beläuft, kann eine exakte Kostenquote, wie sie dem in zweiter Instanz geltend gemachten Betrag i.H.v. 21.229,84 EUR entspricht, nicht ermittelt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
MDR 2006, 1185 |
AGS 2007, 49 |
OLGR-Nord 2006, 415 |