Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwachsenenadoption
Leitsatz (amtlich)
Zum Entstehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses mit langjähriger Hausangestellter.
Normenkette
BGB § 1767 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, §§ 1770, 1753 Abs. 2, § 1757 Abs. 3; FamGKG § 42 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Braunschweig (Beschluss vom 25.07.2016; Aktenzeichen 250 F 320/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Anzunehmenden wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Braunschweig vom 25.07.2016 abgeändert.
Die Anzunehmende Izabela Inga Batus, geb. Gromann, geboren am 15.09.1974, wohnhaft Besselstraße 3, 38114 Braunschweig, wird von dem Annehmenden Prof. Dr.-Ing. Ulrich Berr, geboren am 21.05.1927, verstorben am 30.11.2014, zuletzt wohnhaft Otto-Hahn-Straße 29, 38116 Braunschweig, als Kind angenommen.
Die Anzunehmende führt zukünftig den Namen Berr als Geburtsnamen.
Für die Kosten der ersten Instanz bleibt es bei der Kostenentscheidung aus dem Beschluss vom 25.07.2016. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Wert für das Verfahren erster und zweiter Instanz wird auf 250.000,00 EUR festgesetzt
Gründe
I. Der am 21.05.1927 geborene und am 30.11.2014 verstorbene Annehmende und die am 15.09.1974 geborene Anzunehmende, beide deutsche Staatsangehörige, haben mit notarieller Urkunde vom 12.11.2014 (UR Nr. 663/2014 des Notars Albrecht Ebeling in Braunschweig) die Annahme als Kind beantragt.
Die Anzunehmende ist seit dem 01.09.2009 geschieden. Ihre Söhne Adam, geboren am 04.10.1993, und Robert, geboren am 05.07.1995, haben der Adoption zugestimmt.
Der Annehmende war kinderlos und mit der am 10.07.2009 vorverstorbenen Frau Maria-Elisabeth Barbara Berr-Pruckner verheiratet. Er ist durch die Stiftung Hilfe für die bedrohte Tierwelt, Frankfurt, beerbt worden. Diese ist in einem gemeinschaftlichen handschriftlichen Testament der Eheleute vom 29.01.2006 sowie in den weiteren Testamenten des Annehmenden vom 26.08.2013 (UR Nr. 389/13 des Notars Dr. Walter Hagena in Braunschweig) und vom 30.09.2014 (UR Nr. 579/2014 des Notars Albrecht Ebeling in Braunschweig) als Erbin eingesetzt worden; ihr wurde ein Erbschein erteilt.
Die Anzunehmende war seit dem Jahr 1996 bei dem Annehmenden und seiner Ehefrau stundenweise im Haushalt beschäftigt. In dem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute sowie den weiteren Testamenten des Annehmenden ist sie mit Vermächtnissen bedacht worden. Der Annehmende hat die Anzunehmende ferner in den Vorsorgevollmachten vom 23.04.2014 und vom 26.11.2014 (UR Nr. 696/2014 des Notars Albrecht Ebeling in Braunschweig) als Bevollmächtigte eingesetzt.
Im Adoptionsantrag vom 12.11.2014 haben der Annehmende und die Anzunehmende vorgetragen, seit der ersten Begegnung im Jahre 1996 habe eine große wechselseitige Sympathie bestanden. In den Folgejahren habe das Verhältnis mehr als freundschaftliche Züge angenommen, es habe sich intensiviert und verfestigt und die Kinder Adam und Robert einbezogen. Die Anzunehmende habe die Eheleute nach Erkrankungen in den Jahren 2000 und 2003 in jeder Hinsicht unterstützt und Besorgungen für sie erledigt. In der Phase der Trennung der Anzunehmenden von ihrem Ehemann in den Jahren 2004 bis 2007 sei die Anzunehmende im Hause ein- und ausgegangen und ihrerseits durch die Eheleute Berr unterstützt worden. Seit dem Tod der Ehefrau habe sich das Verhältnis zwischen den Beteiligten weiter verfestigt, seitdem seien die Anzunehmende mit dem Annehmenden per Du. Es bestehe die Bereitschaft zur gegenseitigen Unterstützung, auch zu den Kindern der Anzunehmenden bestehe ein inniges Verhältnis.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25.07.2016 hat das AG nach Anhörung der Anzunehmenden und Vernehmung von Zeugen den Adoptionsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei nicht hinreichend sicher festzustellen, dass zwischen dem Annehmenden und der Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden sei. Es sei nicht auszuschließen, dass die gewünschte finanzielle Absicherung der Anzunehmenden im Vordergrund gestanden habe.
Wegen der Begründung im einzelnen und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen den ihr am 28.07.2016 zu Händen ihres Verfahrensbevollmächtigten zugestellten Beschluss hat die Anzunehmende mit Schriftsatz vom 10.08.2016, beim AG eingegangen am 11.08.2016, ein als sofortige Beschwerde bezeichnetes Rechtsmittel eingelegt. Zur Begründung ist ausgeführt, das AG habe den unbestimmten Rechtsbegriff "sittlich gerechtfertigt" fehlerhaft verneint, indem es nicht alle Umstände des Falles berücksichtigt, nicht alle angebotenen und offenkundigen Zeugen gehört und verbleibende Zweifel auf Mutmaßungen gestützt habe. Eine vollständige Sachaufklärung und zutreffende Würdigung der erhobenen Beweise hätte zwingend zu dem Ergebnis führen müssen, dass zwischen dem Annehmenden und der Anzunehmenden eine dauerhafte, vom Willen zu gegenseitigem unbedingtem Beistand getragene Verbunden...