Verfahrensgang
LG Braunschweig (Aktenzeichen 5 O 4982/18 (1383)) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 03.12.2019 gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
I. Die Berufung ist zwar zulässig, hat aber in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
1. a.) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 18.980,- EUR gem. §§ 355, 495, 358, 357, 346 ff. BGB in der gem. Art. 229 § 22 Abs. 2, 32 Abs. 1 EGBGB anzuwendenden, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung gegen die Beklagte.
Wie das Landgericht Braunschweig zutreffend unter Würdigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls festgestellt hat, ist ein etwaiges Widerrufsrecht des Klägers verwirkt.
Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten - und damit auch dem Widerrufsrecht eines Verbrauchers - immanente Inhaltsbegrenzung (vgl. BGH, Urteil vom 16.10.2018 - XI ZR 69/18 -, juris Rn. 18; Urteil vom 12.07.2016 - XI ZR 501/15 -, juris Rn. 18). Im Übrigen lässt die Begründung zu Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB erkennen, dass der Gesetzgeber dem Institut der Verwirkung grundsätzlich auch in Fällen der Erteilung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuerkannt hat (vgl. BT-Drucksache 18/7584, S. 147; BGH, Beschluss vom 07.03.2018 - XI ZR 298/17 -, juris).
Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018 - XI ZR 298/17 -, WM 2018, 614, 615; Urteil vom 12.07.2016 - XI ZR 501/15 -, juris Rn. 40). Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018, a. a. O.; Urteil vom 12.07.2016, a. a. O.).
Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018, a. a. O.; Urteil vom 12.07.2016, a. a. O.). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich dabei letztlich nach den vom Tatrichter zu würdigenden Umständen des Einzelfalls, ohne dass insofern auf eine Vermutung zurückgegriffen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018, a. a. O.; Urteil vom 12.07.2016, a. a. O.).
aa.) Das Zeitmoment ist hier erfüllt.
Die maßgebliche Frist für das Zeitmoment läuft mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrages an (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018 - XI ZR 298/17 - WM 2018, 614, 616). Da das Widerrufsrecht als Gestaltungsrecht anders als die aus dem Rückgewährschuldverhältnis resultierenden Ansprüche nicht verjährt, kann weder aus den gesetzlichen Verjährungsfristen (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2017 - XI ZR 455/16 -, juris Rn. 21) noch aus den gesetzlichen Verjährungshöchstfristen (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018, a. a. O.) auf ein "Mindestzeitmoment" geschlossen werden. Dagegen betrifft der Zeitraum zwischen der Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrages und dem Widerruf nicht das Zeitmoment (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018, a. a. O.). Er kann aber - wenn auch nicht im Sinne einer Vermutung nach Ablauf einer wie immer definierten Mindestzeitspanne - gerade im Hinblick auf die Rechtsfolgen des Widerrufs bei der Prüfung des Umstandsmoments Berücksichtigung finden (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018, a. a. O.).
Im vorliegenden Fall ist aufgrund der Umstände des vorliegenden Einzelfalls das Zeitmoment als erfüllt anzusehen. Zwischen dem Abschluss des Darlehensvertrages im November 2011 und der Widerrufserklärung des Klägers vom 16.04.2018 lag ein Zeitraum von mehr als 6 Jahren. Ein derart langer Zeitraum ist geeignet, das Zeitmoment zu erfüllen. Das gilt umso mehr, als bei der Beurteilung der Frage, ob durch den Ablauf dieses Zeitraums das Zeitmoment als erfüllt anzusehen ist, auch zu berücksichtigen ist, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag nicht um einen Darlehensvertrag zur Finanzierung einer Immobilie oder eines ähnlich hochwertigen Guts mit einer langjährigen Vertragslaufzeit, sondern um einen Darlehensvertrag zum Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs mit einem Nettodarlehensbetrag von 18.980,- EUR und einer Laufzeit von 84 Monaten handelte, wie ihn Verbraucher wiederholt zur Finanzierung von Gebrauchsgütern abschließen. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung eines solchen Vertrages durfte die Beklagte nach Ablauf des vorgenannten Zeitraums beim Hinzutreten weiterer Umstände davon ausgehen, dass der Kläger seinen Darlehensvertrag nicht widerrufen werde (vgl. insoweit zusammenfassend zu den in der ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung f...