Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachverständigenvergütung, Behördengutachten, Kostenansatz
Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Sachverständiger nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 JVEG herangezogen, richtet sich sein Vergütungsanspruch allein nach dem JVEG (KV GKG 9005) und muss deshalb innerhalb von 3 Monaten nach dem in § 2 Abs. 1 S. 2 JVEG bestimmten Zeitraum geltend gemacht werden (§ 2 Abs. 1 S. 1 JVEG). Die Frist gilt auch, wenn eine Behörde (hier: Landeskriminalamt) gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 JVEG zu Sachverständigenleistungen herangezogen wird und ein Mitarbeiter der Behörde im Rahmen seiner Dienstpflicht (§ 1 Abs. 2 S. 2 JVEG) ein Gutachten während einer strafrechtlichen Hauptverhandlung vor Gericht erstattet.
2. Erteilt hingegen die Polizei während eines Ermittlungsverfahrens aus eigenem Entschluss einen Untersuchungsauftrag an eine Behörde (hier: Landeskriminalamt), dem nicht, wie das § 1 Abs. 3 JVEG für eine Heranziehung verlangt, ein Auftrag oder zumindest die Billigung der Staatsanwaltschaft vorangegangen ist, ergibt sich die Ersatzfähigkeit aus KV GKG Nr. 9013 und Nr. 9015. Die Frist des § 2 Abs. 1 S. 1 JVEG gilt in diesem Fall nicht, weil KV GKG Nr. 9013 und Nr. 9015 keine Rechtsgrundverweisung auf das JVEG enthalten.
Ein Angeklagter hat die Kosten seiner erfolglosen Berufung unabhängig vom Erfolg einer staatsanwaltlichen Berufung zu tragen, weil die beiderseitigen Rechtsmittel kostenrechtlich getrennt zu betrachten sind.
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Entscheidung vom 29.11.2012) |
AG Braunschweig (Entscheidung vom 17.09.2012) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Verurteilten wird der Tenor des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 17. September 2012 dahingehend ergänzt, dass die weitergehende Erinnerung zurückgewiesen wird.
Die Beschlüsse des Amtsgerichts Braunschweig vom 17. September 2012 und des Landgerichts Braunschweig vom 29. November 2012 werden teilweise aufgehoben.
Der Kostenansatz vom 14. Juni 2011, berichtigt durch Kostenansatz vom 5. April 2012, wird abgeändert und der von dem Verurteilten an die Staatskasse zu erstattende Betrag auf 10.182,05 € festgesetzt.
Im Übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Braunschweig verurteilte den Beschwerdeführer am 7. April 2010 wegen versuchter Herstellung eines Vollautomaten (§§ 51 Abs. 1, Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.2.1.1 des WaffG, 22, 23 Abs. 2 StGB) zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 80,- €. Zugleich bestimmte das Gericht, dass der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens zu tragen habe (Bd. I Bl. 145 ff.).
Die hiergegen eingelegten Berufungen des Beschwerdeführers und der Staatsanwaltschaft verwarf das Landgericht Braunschweig mit Urteil vom 08. Dezember 2010. Dabei legte die Kammer die Kosten der Berufung der Staatsanwaltschaft und die insoweit entstandenen Auslagen des Beschwerdeführers der Staatskasse auf. Dem Verurteilten wurden demgegenüber die Kosten seines Rechtsmittels auferlegt (Bd. II Bl. 48 ff.)
Die Revision des Beschwerdeführers gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig wurde durch den Senat mit Beschluss vom 16. März 2011 als unbegründet verworfen (Bd. II Bl. 78).
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erteilte die Polizeiinspektion Braunschweig dem Landeskriminalamt Niedersachsen den Auftrag, die verfahrensgegenständliche Waffe zu untersuchen (Bd. I Bl.30). Der beim Landeskriminalamt beschäftigte Sachverständige M. erstattete daraufhin unter dem 1. April 2009 ein schriftliches Behördengutachten (Bd. I Bl 45 ff.) und erläuterte dieses dem Amtsgericht Braunschweig am 7. April 2010 im erstinstanzlichen Hauptverhandlungstermin.
Außerdem erstattete der Sachverständige auf der Grundlage eines zweiten Untersuchungsauftrags der Polizeiinspektion Braunschweig vom 2. September 2010 (Bd. II Bl 182 f.) während des Berufungsverfahrens ein weiteres schriftliches Behördengutachten (Bd. II Bl 184 ff.), das er dem Landgericht Braunschweig am 8. Dezember 2010 mündlich erläuterte.
Die gesamten Kosten für die Mitwirkung des Sachverständigen M. bezifferte das Landeskriminalamt am 26. Mai 2011 ohne nähere Aufschlüsselung mit 2.533,80 € (Bd. II Bl. 113). Aus einem Schreiben vom 22. November 2011 (Bd. II Bl. 139), in dem das Landeskriminalamt die einzelnen Positionen erläuterte, ergibt sich, dass 1.652,40 € auf die schriftliche Ausarbeitung des Gutachtens und jeweils 440,70 € auf die Gerichtstermine vom 7. April 2010 und vom 8. Dezember 2010 entfallen. Einer weiteren Mitteilung des Landeskriminalamts vom 16. Februar 2012 (Bd. II Bl. 149) ist zu entnehmen, dass für die schriftliche Erstellung des erstinstanzlichen Gutachtens 690,- € und für die Ausarbeitung des zweitinstanzlichen Gutachtens 962,40 € angefallen sind.
Die gemäß § 19 Abs. 2 S. 1 GKG zuständige Staatsanwaltschaft hat am 14. Juni 2011 Kosten in Höhe von 12.025,85 € angesetzt. Dabei setzte die Behörde neben weiteren, aktuell nicht mehr verfahrensgegenständlichen Positionen u.a. für das Beru...