Leitsatz (amtlich)
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren kommt abweichend von dem Grundsatz, dass Prozesskostenhilfe nicht für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren gewährt werden kann, ausnahmsweise in Betracht, wenn nach Bewilligungsreife das Verfahren in Folge richterlicher Hinweise in gütlicher Weise eine Erledigung findet.
Verfahrensgang
AG Braunschweig (Beschluss vom 27.01.2006) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des AG - FamG - Braunschweig vom ≫27.1.2006 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt A. zu seiner Vertretung bewilligt.
Im Übrigen wird Prozesskostenhilfe versagt.
Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Notwendige außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für ein Verfahren über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats zur Gestaltung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung.
Die Parteien sind rechtskräftig geschiedene Eheleute. Während der Ehezeit haben sie gemeinsam die in Braunschweig gelegene Ehewohnung angemietet. Seit der Trennung der Parteien wird die Ehewohnung von der Antragsgegnerin und den vier gemeinsamen Kindern bewohnt. Ziel des Verfahrens des Antragstellers ist die Zuweisung der Ehewohnung an die Antragsgegnerin, um aus der gesamtschuldnerischen Haftung des gemeinsam eingegangenen Mietverhältnisses auszuscheiden.
Der Vermieter hat vorgerichtlich sein Einverständnis zur Fortsetzung des Mietverhältnisses allein mit der Antragsgegnerin erklärt.
Die Antragsgegnerin hat mit ihrer Stellungnahme zum Prozesskostenhilfeantrag ihre Bereitschaft, an der Umschreibung des Mietvertrages mitzuwirken, von der Übernahme der Betriebskostennachzahlung für das Jahr 2001 sowie von einer Kostenübernahme für eine Wohnungsrenovierung bei ihrem Auszug abhängig gemacht. Der Antragsteller hat durch Quittungen die Zahlung der Betriebskostenabrechnung für 2001 im Jahre 2003 nachgewiesen. Das FamG hat mit Verfügung vom 23.11.2005 auf die Bereitschaft des Vermieters hingewiesen, den Antragsteller ohne Vorbedingungen aus dem Mietverhältnis zu entlassen und auf die weiter bestehende Mithaftung des Antragstellers für bereits fällige Schönheitsreparaturen. Daraufhin hat die Antragsgegnerin zugestimmt, das Mietverhältnis allein fortzusetzen. Mit Schriftsatz vom 27.12.2005 hat der Antragsteller an die Entscheidung über seinen Prozesskostenhilfeantrag erinnert und mit dem folgenden Schriftsatz vom 10.1.2006 mitgeteilt, dass der Vermieter aufgrund der Zustimmung der Antragsgegnerin nunmehr den Antragsteller aus dem Mietvertrag entlassen habe und das Mietverhältnis mit der Antragsgegnerin als Hauptmieterin fortführen werde.
Mit Beschluss vom 27.1.2006 hat das AG dem Antragsteller Prozesskostenhilfe versagt, weil die Rechtssache sich während des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens erledigt habe, ohne dass ein Prozessrechtsverhältnis mangels Zustellung des Sachantrages begründet worden sei. Im Übrigen hätten sich Bedenken gegen die anfängliche Erfolgsaussicht ergeben. Hiergegen wendet sich die rechtzeitig eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers, der das AG nicht abgeholfen hat.
Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat teilweise Erfolg. Sie führt zu einer ausnahmsweise Bewilligung von Prozesskosten hilf e für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren.
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg, soweit sie darauf gerichtet ist, Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Rechtsstreits zu erlangen.
Grundsätzlich kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht, wenn sich der Streit/die Hauptsache bereits im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren erledigt, weil dann die Notwendigkeit einer weiteren Rechtsverfolgung mit dem Eintritt in ein Prozessrechtsverhältnis nicht mehr besteht (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 140 Rz. 20a, m.w.N.). Allerdings wird dieser Grundsatz jedenfalls bei Verfahren, die nicht als reine Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren geführt werden und in diesem Stadium verbleiben, durchbrochen, wenn die Bewilligungsentscheidung durch gerichtliche Maßnahmen etwa durch nachlässige oder fehlerhafte Bearbeitung verzögert wird, dann gebietet es der Grundsatz des fairen Verfahrens dem Prozesskostenhilfegesuch die Beurteilung der Erfolgsaussicht im Zeitpunkt der Bewilligungsreife zugrunde zu legen (OLG Hamburg v. 11.2.1999 - 12 WF 13/99, FamRZ 2000, 1587, Zöller/Philipi, ZPO, 25. Aufl., § 119 Rz. 46, m.w.N.). Nach ganz überwiegender Auffassung ist deshalb über den zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vollständig belegten Antrag dann zu entscheiden, wenn der Antragsgegner die Gelegenheit zur Stellungnahme wahrgenommen hat. Hierdurch wird allerdings nur der Zeitpunkt der Entscheidungsreife ...