Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Anwendbarkeit der §§ 153, 153a StPO im Klageerzwingungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Der Eigentümer/Halter eines Tieres ist in einem wegen des Verdachts der Tierquälerei geführten Verfahren nicht Verletzter i.S.v. § 172 Abs. 1 StPO.
2. Auch im Klageerzwingungsverfahren kann von den Einstellungsmöglichkeiten gem. §§ 153, 153a StPO Gebrauch gemacht werden.
Tenor
Das Verfahren wird mit Zustimmung der Generalstaatsanwaltschaft und des Beschuldigten H. entsprechend § 153a StPO vorläufig eingestellt.
Dem Beschuldigten wird aufgegeben, binnen sechs Monaten einen Betrag von 300,- € in sechs monatlichen Raten von jeweils 50,- €, jeweils zum 3. eines jeden Monats, beginnend im September 2013 an den ... zu zahlen.
Gründe
I.
1. Soweit dem Beschuldigten Tierquälerei gemäß § 17 Nr. 1 und Nr. 2 Tierschutzgesetz vorgeworfen wird, ist der Antrag unzulässig, da die Anzeigeerstatterin nicht als Verletzte im Sinne des § 172 Abs. 1 StPO anzusehen ist.
Verletzte im Sinne des § 172 Abs. 1 StPO ist grundsätzlich, wer durch die behauptete Tat - ihre tatsächliche Begehung unterstellt - unmittelbar in einem Rechtsgut verletzt ist (OLG Hamm, NStZ 86, 327; OLG Koblenz, NJW 85, 1409; Meyer-Goßner, StPO, 56. Auflage, § 172, Rn. 9).
Da das Tierschutzgesetz in erster Linie das lebende Tier vor Beeinträchtigungen durch den Menschen schützt und Ausdruck eines auf den Schutz des Tieres ausgerichteten ethischen Tierschutzes ist, ist nach ganz überwiegender Meinung, der sich der Senat anschließt, der Eigentümer/Halter des Tieres vom Schutzzweck des Gesetzes nicht erfasst und damit nicht als Verletzter anzusehen (OLG Celle, 1. Strafsenat, Beschluss v. 10.01.2007, 1 Ws 1/07; Graalmann-Scheerer in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Auflage, § 172, Rn. 100 m. w. N.; Pfohl in Münchner Kommentar, StGB Bd. VI, Nebenstrafrecht, 2. Auflage, § 17 Tierschutzgesetz, Rn. 149; anders OLG Koblenz, Urteil v. 14.12.1988, 1 Ws 676/88 ohne Begründung).
Die Rechte des Halters werden durch die Vorschrift des § 303 StGB ausreichend geschützt.
2. Wegen der übrigen Vorwürfe des Diebstahls und der Sachbeschädigung ist der Antrag zulässig mit der Maßgabe, dass statt des Diebstahls eine Unterschlagung in Betracht kommt.
Der Antrag ist von einem Rechtsanwalt unterschrieben (§ 172 Abs. 3 S. 2 StPO) und enthält die nach § 172 Abs. 3 S. 1 StPO notwendigen Angaben.
Der Gang des Ermittlungsverfahrens wird ausführlich, insbesondere auch mit Wiedergabe der einzelnen Zeugenaussagen, Zugangsdaten der Bescheide etc. dargestellt und es wird ein Sachverhalt geschildert, der bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage in formeller und materieller Hinsicht rechtfertigen würde.
Soweit dabei zum Beweis auf einzelne Schriftstücke, insbesondere auf den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Göttingen vom 30.04.2013, die Beschwerdebegründung der Anzeigeerstatterin vom 21.05.2013 und den Beschwerdebescheid der Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig vom 11.06.2013 verwiesen wird, ist eine solche Bezugnahme ausnahmsweise zulässig.
Nach allgemeiner Auffassung darf auf Anlagen zu einem Klageerzwingungsantrag nicht verwiesen werden, wenn erst durch die Kenntnisnahme vom Inhalt dieser Anlagen eine geschlossene Sachverhaltsdarstellung erreicht wird, da das Oberlandesgericht grundsätzlich allein aufgrund des Antrags in die Lage versetzt werden soll, eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen und nicht gezwungen sein soll, sich den entscheidungserheblichen Sachverhalt aus Anlagen zusammenzustellen (OLG Koblenz, Beschluss vom 02.06.1977, 1 Ws 123/77; OLG Celle, NStZ 1997, 406; Schmidt in Karlsruher Kommentar, 6.Auflage, § 172, Rz. 37 m w. N.).
Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
Zwar fehlt eine geschlossene Darstellung des Inhalts der Bescheide bzw. der Beschwerdebegründung im Antrag, jedoch setzt die Anzeigeerstatterin sich sowohl bei der Darstellung des Ermittlungsverfahrens als auch im Rahmen der unter Ziffer II. (Seite 18 ff.) des Antrags enthaltenen Sachverhaltsdarstellung, der Beweisgründe und der Beweiswürdigung mit den in den Bescheiden angeführten Tatsachen und der entsprechenden Argumentation ausführlich auseinander; er deckt insbesondere anhand der Aussage der Zeugen F. und B. Widersprüche in der Einlassung des Beschuldigten und in der Aussage des Zeugen Sch. auf und rekonstruiert zusammenfassend, unter Aufgreifen der in den Einstellungsbescheiden und der Beschwerdebegründung enthaltenen Tatsachen, Beweismittel und Argumentation einen den Tatvorwurf rechtfertigenden Sachverhalt.
3.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch begründet.
Der Beschuldigte ist aufgrund der Schilderung in dem Antrag dringend verdächtigt,
am 28.11.2012 gegen 00.10 Uhr
in ..., ...
sich eine fremde, bewegliche Sache rechtswidrig zugeeignet und rechtswidrig eine fremde Sache zerstört zu haben, indem er
zur Tatzeit die sechs Monate alte rotgetigerte europäische Kurzhaarkatze mit Namen "Kater Findus" der Anzeigeerstatterin T., die im Bereich der Appartementan...