Leitsatz (amtlich)

1. Die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft finden grundsätzlich auf die atypische stille Gesellschaft Anwendung. Dies gilt auch für als Teilgewinnabführungsverträge (§ 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG) einzuordnende Unternehmensbeteiligungen.

2. Dem Vertragspartner eines gem. §§ 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG, 293 Abs. 1, 294 Abs. 2 AktG schwebend unwirksamen Beteiligungsvertrages steht innerhalb einer nach § 242 BGB zu bestimmenden Zeitdauer grundsätzlich kein Recht zu, sich während der Schwebezeit zwischen Vertragsabschluss und der Eintragung des Vertrages im Handelsregister einseitig vom Vertrag zu lösen, insbesondere nicht entsprechend § 178 BGB durch Widerruf.

3. Jedenfalls bei der Genehmigung einer Vielzahl gleichartiger Verträge ist ein Genehmigungsbeschluss gemäß § 293 Abs. 1 AktG wirksam und erfasst die zur Genehmigung vorgelegten Verträge vollständig, wenn in einer geeigneten Form sämtliche Informationen bekannt gemacht worden sind, die für eine Entscheidung der Hauptversammlung ernsthaft von Bedeutung sein können.

 

Normenkette

AktG §§ 292-294

 

Verfahrensgang

LG Göttingen (Urteil vom 06.06.2002; Aktenzeichen 2 O 466/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 06.06.2002 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 29.789,53 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger hat sich mit Zeichnungsschein vom 08.07.1999 als stiller Gesellschafter an der Beklagten beteiligt. Er ist der Auffassung, dass die Beteiligung nicht wirksam geworden ist und verlangt zuvörderst die Rückzahlung der von ihm geleisteten Einlagen. Das Landgericht Göttingen hat mit Urteil vom 06.06.2002 (Bl. 89 d.A.) die Zahlungsklage und einen hilfsweise geltend gemachten Auskunftsantrag abgewiesen. Auf das Urteil und die ihm zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 10.06.2002 zugestellte Urteil am 08.07.2002 Berufung eingelegt und diese am Montag, dem 12.08.2002, begründet.

Er trägt vor:

Die Beitrittserklärung vom 08.07.1999 sei weder durch den Vorstand der Beklagten noch durch eine von diesem bevollmächtigte Person angenommen worden, so dass bereits deshalb ein Rückabwicklungsverhältnis bestehe. Die Genehmigung der Hauptversammlung ersetze als innergesellschaftliche Zustimmung der beteiligten Aktionäre nicht die allein vom Vorstand zu erklärende zugangsbedürftige Annahmeerklärung.

Die Hauptversammlung habe den Beteiligungsvertrag nicht, wie dies § 293 AktG für derartige Teilgewinnabführungsverträge vorsehe, wirksam zugestimmt. Der Hauptversammlung hätte der gesamte Vertrag vorgelegt werden müssen, was nicht geschehen sei. Stattdessen sei ein Sammelgenehmigungsbeschluss für eine Vielzahl von atypisch stillen Beteiligungsverträgen herbeigeführt worden, wobei die Beklagte sogar eine Trennung der verschiedenen Vertragsbestandteile – Einmaleinlage und Rateneinlagen – vorgenommen habe und für die Hauptversammlung die jeweilige Entnahmeregelung nicht erkennbar gewesen sei.

Entgegen § 294 AktG sei die Beteiligung des Klägers nicht in das Handelsregister eingetragen. Es gebe lediglich eine Sammeleintragung über angeblich abgeschlossene Teilgewinnabführungsverträge. Der pauschale Hinweis, dass sich die Gewinnbeteiligung nach der Höhe der Einlagen richte, sei unbrauchbar. Die Angabe der Nominalzeichnungssumme lasse nicht erkennen, in welchem Umfang Einlagen auf die Rateneinlagen geleistet seien. Der Anmeldung sei der vollständige Vertragstext mit den Nebenbestimmungen beizufügen; dies sei nicht geschehen.

Der Kläger habe der Beklagten für den Nachweis der Eintragung des Teilgewinnabführungsvertrages im Handelsregister mit Anwaltschreiben vom 05.11.2001 eine Nachfrist bis zum 16.11.2001 gesetzt und gleichzeitig das Angebot auf Abschluss eines Teilgewinnabführungsvertrages widerrufen. Zu dem Widerruf sei der Kläger berechtigt gewesen, schon weil die Eintragung des Teilgewinnabführungsvertrages wegen § 14 Nr. 4 S. 1 KStG a.F. noch in 2000 hätte erfolgen müssen, um die vertraglich vorausgesetzten Steuervorteile für 1999 zu erhalten.

Der Kläger könne, wie von ihm mit Anwaltsschreiben vom 13.02.2002 von der Beklagten gefordert, die von ihm gezahlten Einlagen zurückfordern. Er habe bis Juli 2001 an die Beklagte insgesamt 49.560,00 DM gezahlt. Abzüglich der von der Beklagten ausgezahlten Entnahmen von 4.526,75 DM ergebe sich die Klageforderung von 45.033,25 DM (= 23.025,14 Euro). Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft seien auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, weil keine wirksame Annahmeerklärung vorliege, die Zustimmung der Hauptversammlung fehle und insbesondere die Eintrag...

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