Verfahrensgang
LG Braunschweig (Entscheidung vom 26.09.2008; Aktenzeichen 6 O 1495/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 26.9.2008 teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin über das vom Landgericht Braunschweig zugesprochene Schmerzensgeld hinaus weitere 2.000,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.10.2007 an die Klägerin zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin zu 37,5 %, die Beklagte zu 62,5 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten über das Ausmaß der von der Klägerin aufgrund eines Verkehrsunfalls am 10.03.2005 erlittenen Unfallfolgen und die Höhe eines angemessenen Schmerzensgeldes.
Die am 01.05.2004 geborene Klägerin war am Tag des Unfalls etwas mehr als 10 Monate alt. Sie lag während des Unfallsgeschehens angeschnallt in einer Babyschale auf der Rückbank des Wagens ihres Vaters. Zum Unfall kam es, weil der später verstorbene Unfallgegner in einem unübersichtlichen Kurvenbereich mit überhöhter Geschwindigkeit den vor ihm fahrenden Pkw überholte und so mit dem Fahrzeug des Vaters der Klägerin frontal zusammenstieß.
Die ebenfalls im Wagen befindliche Mutter der Klägerin wurde bei dem Unfall schwer verletzt und musste sich vom 11.03. bis 15.06.2005, vom 02.01. bis 08.01.2006, vom 20.03. bis 05.04.2006, vom 07.04. bis 05.05.2006 und vom 14.08. bis 22.08.2006 unfallbedingt diverser stationärer Behandlungen unterziehen. Während dieser Aufenthalte war die Klägerin von ihrer Mutter getrennt.
Die Klägerin selbst ist vom 11. bis 13.3.2005 stationär behandelt worden und hat sich bei dem Unfall eine Schädelprellung sowie Prellmarken über der Nasenwurzel, am unteren rechten Auge und an der Stirn zugezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz, der dort gestellten Anträge sowie der rechtlichen Erwägungen des Landgerichts wird auf das (Schluss-)Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 26.9.2008 Bezug genommen, mit dem das Landgericht die Beklagte unter Abweisung der weiter gehenden Klage verurteilt hat, über die bereits außergerichtlich gezahlten 800,- € hinaus ein weiteres Schmerzensgeld von 1.200,- € an die Klägerin zu zahlen. Dem Urteil ist ein Teilanerkenntnisurteil vom 25.10.2007 vorausgegangen, mit dem festgestellt worden ist, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den durch den Unfall künftig entstehenden materiellen und immateriellen Schaden sowie den bereits entstandenen materiellen Schaden zu ersetzen (Bl. 53 d.A.).
Mit der Berufung verlangt die Klägerin weitere 2.000,- € als Schmerzensgeld. Sie hält die vom Landgericht vorgenommene Schadensschätzung für ermessensfehlerhaft, da es nicht alle Umstände berücksichtigt und sie zum Teil falsch gewichtet habe. Die Klägerin rügt insbesondere, dass das Landgericht ihre vom Sachverständigen Graßmann festgestellte Bindungsstörung, die auf die lange unfallbedingte Trennung von der Mutter zurückzuführen sei, bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht berücksichtigt habe. Außerdem habe sich die unfallbedingte Verzögerung der sprachlichen Entwicklung zu Unrecht nicht in der Höhe des Schmerzensgeldes niedergeschlagen. Schließlich rechtfertige die vom Sachverständigen festgestellte erhebliche posttraumatische Belastungsstörung ein höheres Schmerzensgeld, zumal nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Klägerin sich wegen deren Folgen einer psychotherapeutischen Behandlung unterziehen müsse.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das vom Landgericht zugesprochene Schmerzensgeld für ausreichend. Von einer erheblichen posttraumatischen Belastungsstörung könne nicht ausgegangen werden. Die vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen seien zweifelhaft. Ebenso wenig habe die Trennung von der Mutter zu einer erheblichen Gesundheitsbeschädigung geführt.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsschrift und die Berufungserwiderung verwiesen.
II. Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,- €, kann also unter Anrechnung des vorgerichtlich gezahlten Betrags von 800,- € und der vom Landgericht zugesprochenen 1.200,- € weitere 2.000,- € von der Beklagten verlangen (§§ 7 Abs. 1, 11 Satz 2 StVG sowie den §§ 823 Abs. 1 u. 2, 253 Abs. 2 BGB, 229 StGB i. V. m. § 3 Nr. 1 PflVG a. F.).
Die Schmerzensgeldhöhe muss unter umfassender Berücksichtigung aller für die Bemessung maßgebender Umstände festgesetzt werden und in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Dauer der Verletzung stehen (Palandt-Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 253 Rz. 16). Bei der danach erforderlichen Abwägung sind insbesondere folgende Umstände relevant:
1. Die von der Klägerin bei dem Unfall erlittenen physischen Verletzungen, also die Schädelprellung, die Prellmarken über der Nasenw...