Verfahrensgang
LG Göttingen (Aktenzeichen 5 O 236/15) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 21.04.2021 - Az.: 5 O 236/15 - wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert des Berufungsrechtszuges wird auf die Wertstufe bis 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Parteien sind Nachbarn. Auf dem Hausdach der Beklagten sind in Richtung des Wohnhauses der Klägerin Paneele einer Photovoltaikanlage montiert. Ferner befinden sich auf dieser Dachfläche mehrere Dachfenster, wobei im Jahr 2015 ein weiteres - streitgegenständliches - Dachfenster eingebaut wurde. Über Umfang und Intensität von Reflexionen durch Sonneneinstrahlung auf die Paneele und das neu eingebaute Dachfenster besteht zwischen den Parteien Streit.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes und der Anträge erster Instanz, wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (LGU, Seiten 2 ff., Bl. 6 f. Bd. III d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Der Klägerin stehe gegen die Beklagten kein Anspruch auf Unterlassung von Sonnenblendwirkungen gem. § 1004 Abs. 1 BGB zu, da es sich lediglich um unwesentliche Beeinträchtigungen i.S.v. § 906 Abs. 1, S.1 BGB handele.
Verbindliche Richtwerte in Gesetzen oder Verordnungen bzw. DIN-Vorschriften deren Überschreitung eine wesentliche Beeinträchtigung indiziere seien nicht ersichtlich. Daher sei auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen abzustellen.
Von der Klägerin herangezogene Regelwerke beträfen andere Situationen und seien deshalb nur eingeschränkt bzw. in Teilen übertragbar. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass lediglich unwesentliche Beeinträchtigungen bestünden. Dies folge aus der durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. L. vorgenommenen Begutachtung, die in sich schlüssig und nachvollziehbar sowie überzeugend sei, und zwar auch in Ansehung der seitens der Klägerin erhobenen Einwendungen. Für die konkrete Situation gebe es keine gesetzlichen Vorgaben oder DIN-Vorschriften, auch die von der Klägerin herangezogenen Regelwerke würden sich auf andere Situationen beziehen und seien deshalb nur eingeschränkt bzw. in Teilen übertragbar. Im Übrigen wären alle von der Klägerin als Maßstab herangezogenen Werte unterschritten. Denn wesentlich sei, dass es nur in vier Monaten im Jahr überhaupt zu Lichteinwirkungen kommen könne. Diese würden nach den Feststellungen des Sachverständigen im Mittel weniger als 20 Stunden in der Summe im Jahr erreichen und zudem nur zu bestimmten Tageszeiten auftreten. Von der Intensität her würden sie maximal 20 % der Leuchtdichte für die Absolutblendung erreichen. Ferner sei nach den Beschreibungen des Sachverständigen die Nutzbarkeit der betroffenen Räume (Küche, Kaminzimmer und Wohnzimmer sowie Balkon) in der betroffenen Zeit nur eingeschränkt beeinträchtigt. Bei dieser Sachlage sei nur von einer unwesentlichen Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB auszugeben, sodass eine Unterlassung nicht verlangt werden könne.
Nach den Angaben des Sachverständigen gebe es nach Auswertung der Wetterdaten der Jahre 2017-2019 innerhalb von drei Jahren im Mittel weniger als 20 Stunden pro Jahr, in denen kurzfristig Blendungen auftreten würden. So hätten sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Jahr 2017 an 12,6 Stunden, im Jahr 2018 an 23,9 Stunden und im Jahr 2019 an 21,9 Stunden Spiegelungen durch die Module und Fenster ergeben. Jede einzelne Spiegelung habe eine Dauer von ca. 10-15 Minuten. Die Reflexionen könnten dabei nur an 30 Tagen im April/Mai und ca. 30 Tagen im August/September auftreten. Insoweit sei durch den Sachverständigen auch ein Abgleich mit der Fotosammlung der Klägerin erfolgt.
Die im Rahmen des Ortstermins am 23.04.2020 festgestellten Reflexionen habe der Sachverständige für zumutbar gehalten. Diese habe er wie folgt beschrieben: So habe er um 16 Uhr eine stärkere Reflexion am linken Dachfenster aus der Küche beobachtet, die nur wenige Minuten (weniger als 10 Minuten) angedauert habe und aus den anderen Zimmern nicht erkennbar gewesen sei. Dabei habe es sich, da die Strahlung kurz ein Abbild im Auge hinterlassen habe, um eine stärkere Intensität gehandelt. Soweit im weiteren Verlauf des Ortstermins bei einem Blick aus dem Wohnzimmer alle Module aufgehellt gewesen seien, sei eine Blendung nicht vorhanden gewesen. Die von dem Sachverständigen vorgenommene Lichtmessung habe einen Wert von 10.000 cd/m2, mithin nur ca. 10% der Leuchtdichte für die Absolutblendung ergeben. Auf weiteren Bildern sei eine Leuchtdichte von ca. 20.000 cd/m2 und somit 20% der Leuchtdichte für die Absolutblendung von ihm gemessen worden. Bei dem Ortstermin habe der Sachverständige auch ca. 30 Minuten ohne Anstrengung und ohne das Auftreten von Nachbildern in die Module sehen könne...