Entscheidungsstichwort (Thema)
Kabelweitersendung durch WEG bei gewerblicher Ferienvermietung
Leitsatz (amtlich)
Eine öffentliche Wiedergabe nach § 15 Abs. 3 UrhG und damit ei-ne Kabelweitersendung nach § 20b Abs. 1 UrhG liegen vor, wenn eine WEG die über Satellit ausgestrahlten Programmsignale über eine zentrale Satelliten-Kopfstation empfängt und diese sodann über das von ihr betriebene Hausverteilnetz an die angeschlossenen Wohnungen weiterleitet, sofern die Wohnungen in substantiellem Umfang an wechselnde Feriengäste vermietet werden (Abgrenzung BGH, Urteil vom 17.09.2015 - I ZR 228/14, GRUR 2016, 71 - Ramses).
Normenkette
UrhG § 15 Abs. 3, § 20b Abs. 1
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Urteil vom 25.04.2018; Aktenzeichen 9 O 2335/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 25.04.2018 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.987,63 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 496,91 EUR seit dem 01.07.2016 und auf weitere 1.490,72 EUR seit dem 01.07.2017 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin wegen der Nutzung der von der Klägerin wahrgenommenen Rechte an den Programmen ihrer Wahrnehmungsberechtigten durch Kabelweitersendung ab dem 01.01.2018 in die zur Beklagten gehörenden Wohneinheiten samt sich darin aufhaltender Personen wie Eigentümer, Mieter und Feriengäste eine angemessene Lizenzvergütung zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Beklagte, mit Ausnahme der von der Klägerin zu tragenden Kosten, welche durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts Braunschweig entstanden sind.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ist eine Verwertungsgesellschaft, welche die Urheber- und Leistungsschutzrechte von insgesamt 151 privaten Fernseh- und Hörfunksendeunternehmen (vgl. im Einzelnen Anlage B 14) auf der Grundlage von sogenannten Wahrnehmungsverträgen wahrnimmt. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit (nach Zusammenlegung zweier Einheiten) derzeit insgesamt 1160 Wohneinheiten, die sich auf neun Gebäude verteilen. Die als Ferienwohnungsobjekt konzipierte Wohnanlage liegt in A. (Harz) und trägt die Bezeichnung "Ferienpark G.".
Die Wohnungseigentümer nutzen die Wohnungen teilweise ausschließlich selbst, überlassen sie teilweise Dauermietern oder vermieten sie als Ferienwohnungen an wechselnde Feriengäste. Bei einem derjenigen Eigentümer, die Wohnungen als Ferienwohnungen vermarkten, handelt es sich um eine GmbH, in deren Eigentum 42 Wohneinheiten stehen, von denen sich im Zeitpunkt der Entscheidung 15 in der Ferienvermietung befinden.
Die Wohnanlage verfügt über eine Kabelverteilanlage zur Versorgung der Bewohner der Mehrparteienhäuser mit TV- und Radioprogrammen. Die Beklagte empfängt die über Satellit ausgestrahlten Programmsignale der von der Klägerin vertretenen Sendeunternehmen über eine zentrale Satelliten-Kopfstation und sendet diese sodann über das von ihr betriebene Hausverteilnetz an die angeschlossenen Wohnungen weiter (vgl. Fragebogen gemäß Anlage B 8). Daneben werden über dieselbe Anlage die 106 Wohneinheiten des Hauses K versorgt (vgl. Lageplan Anlage B 5), welches eine eigenständige Wohnungseigentümergemeinschaft bildet, also nicht zur Beklagten gehört. Die Kosten für die Anlage werden zwischen den beiden Wohnungseigentümergemeinschaften anteilig verteilt.
Die Parteien haben unter dem 07.08.2013 einen Lizenzvertrag geschlossen (vgl. Anlagen K 1 und B 8), der als Lizenz eine Pauschalvergütung pro Wohneinheit vorsieht, welche zur Zeit 1,20 EUR zuzüglich Umsatzsteuer, jährlich bei 1161 Einheiten mithin insgesamt 1.490,72 EUR beträgt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.08.2016 hat die Beklagte unter Hinweis auf das sogenannte "Ramses-Urteil" des Bundesgerichtshofs vom 17.09.2015 (I ZR 228/14) die fristlose, hilfsweise die fristgerechte Kündigung des Lizenzvertrags erklärt.
Die Klägerin macht die Lizenzgebühren für die Jahre 2016 und 2017 geltend und verlangt des Weiteren die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer angemessenen Lizenzvergütung. Die Klage ist ursprünglich als Widerklage vor dem Landgericht Berlin (Geschäfts-Nr. 28 O 429/16) erhoben und nach Abtrennung der Widerklage zunächst an das Amtsgericht Braunschweig verwiesen worden, welches den Rechtsstreit mit Beschluss vom 20.10.2017 (Bl. 156 f d. A.) an das Landgericht Braunschweig weiterverwiesen hat.
Das Landgericht hat dem Zahlungsbegehren für den Zeitraum bis Ende August 2016 in Höhe von 993,81 EUR stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. ...