Entscheidungsstichwort (Thema)
Vom Betreiber eines Arztbewertungsportals zu verlangender Prüfungsaufwand
Leitsatz (amtlich)
Für eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen betroffener Ärzte durch den Portalbetreiber genügt es nicht, wenn sich dieser mit inhaltsleeren Erklärungen des Verfassers der Bewertung zu-frieden gibt (Anschluss an BGH, Urt. v. 01.03.2016 - VI ZR 34/15 - jameda.de II)
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 S. 2; TMG §§ 7, 10
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 28.11.2018 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise dahingehend abgeändert, dass die Verurteilung im Tenor zu Ziffer 5 nebst der hierauf bezogenen Vollstreckungsanordnung zu Ziffer 7 entfällt und der Tenor zu Ziffer 3 sowie der Feststellungstenor zu Ziffer 4 wie folgt neu gefasst werden:
3. Die Beklagte wird verurteilt, ab dem 28.02.2017 über Art, Umfang und Zeitraum der in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen Auskunft zu erteilen unter Angabe der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jedweden Schaden zu ersetzen, der diesem aus nach dem 27.02.2017 erfolgten und in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Löschung einer Ärztebewertung.
Der Kläger ist ein in A. niedergelassener Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Die Beklagte betreibt das Ärztebewertungsportal "j.".
Im November 2016 wurde der Kläger auf eine ihn betreffende und bei der Beklagten veröffentlichte Bewertung aufmerksam, mit der die Gesamtnote 5,0 und in den Kategorien Engagement, Vertrauensverhältnis, Freundlichkeit und Wartezeit Termin jeweils die Einzelnote 6,0 vergeben worden war. Hinsichtlich der Einzelheiten der Bewertung wird auf die Anlage K1 Bezug genommen.
Der Kläger hat die Bewertung der Beklagten gegenüber wie folgt beanstandet:
"Die Angaben dieser Person entsprechen nicht der Wahrheit. Ich untersuche jeden meiner Patienten. 5-Minuten-Aufenhalte gibt es bei mir nicht. Ich bezweifele, dass diese Person von mir behandelt wurde. Die Person möge beweisen, dass sie von mir behandelt wurde. Ich berufe mich auf das jüngste BGH-Urteil vom März 2016. E."
Die Beklagte hat daraufhin zu dem Verfasser der Bewertung Kontakt aufgenommen, welcher ihr gegenüber seine Bewertung bestätigt und ausgeführt hat, den Termin per Telefon erhalten zu haben und deshalb keinen Terminzettel als Beleg vorlegen zu können. Die Stellungnahme ist am 04.01.2017 an den Kläger weitergeleitet worden, wobei die Beklagte angegeben hat, die Behandlung sei im Zeitraum 09/2016 bis 11/2016 erfolgt. Die im Rahmen der Anforderung einer Stellungnahme des Verfassers zunächst von der Plattform genommene Bewertung hat die Beklagte am 31.01.2017 wieder veröffentlicht. Über die erneute Veröffentlichung ist der Kläger mit E-Mail vom 31.01.2017 (vgl. Anlage K2) wiederum informiert worden.
Nachdem der Kläger die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 02.02.2017 (Anlage K3) aufgefordert hatte, die Bewertung zu entfernen, hat sie erneut Kontakt zu dem Verfasser aufgenommen und dessen Stellungnahme den Bevollmächtigten des Klägers mit E-Mail vom 07.02.2017 (Anlage K4) zur Kenntnis gegeben. In der Stellungnahme wird mitgeteilt, eine Nachfrage bei der Krankenkasse habe ergeben, dass diese keine Arztbesuche registriere, und daneben die Lage der Praxis des Klägers nebst Eingangsbereich beschrieben.
Mit Schreiben vom 08.02.2017 wurde die Beklagte nochmals zur Entfernung der Bewertung aufgefordert (Anlage K5). Mit E-Mail vom 27.02.2017 (Anlage K6) hat sie mitgeteilt, die Bewertung vom 12.11.2016 erneut geprüft und strittige Tatsachenbehauptungen entfernt zu haben. Eine vollständige Löschung der Bewertung sei nicht möglich, weil sie den Nutzungsrichtlinien und rechtlichen Vorgaben entspreche. Entfernt wurden die vorherigen Aussagen "mein Aufenthalt im Arztzimmer dauerte keine 5 Minuten" und "...ohne eine kleinste Untersuchung zu machen...". Des Weiteren wurden Benotungen verändert.
Da der Kläger mit Schreiben seiner Rechtsanwälte vom 13.03.2017 erklären ließ, in dem angegebenen Behandlungszeitraum mehrere Tage und Wochen nicht in der Praxis tätig gewesen zu sein, bat die Beklagte den Kläger um Benennung seiner Abwesenheitszeiten und - nach ihrer Behauptung - den Verfasser der Bewertung um die Benennung des Behandlungstags. Das Ergebnis des Abgleichs, nämlich dass der Kläger an dem behaupteten Behandlungstag anwesend gewesen sei, hat die Beklagte dem Kläger ebenfalls mit E-Mail vom 27.03.2017 (Anlagenkonvolut K7) mitgeteilt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- u. Streitstands erster Instanz, der dort gestellten Anträge sowie der re...