Leitsatz (amtlich)
Bei einer Eigentumswohnung mit Tiefgaragen-Abstellplatz, die mit besonderem Komfort beworben worden ist, gehört zur vereinbarten Beschaffenheit des Werkes, dass ein Durchschnittsfahrer zumindest mit einem gehobenen Mittelklassefahrzeug in zumutbarer Weise den Abstellplatz nutzen kann. Das ist nicht der Fall, wenn der Stellplatz nicht vorwärts angesteuert und vorwärts zum Einparken genutzt werden kann und auch ein rückwärts Einparken bei einem vorwärts Zufahren in die Tiefgarage nicht möglich ist. In diesem Fall kann der Erwerber den Kaufpreis in Höhe von 2/3 des Kaufpreises für den Tiefgaragenplatz mindern.
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Aktenzeichen 2 O 2361/16 (286)) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 24.05.2018 in der Form des Ergänzungsurteils vom 13.09.2018 - Az.: 2 O 2361/16 (286) - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.233,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.07.2016 zu zahlen.
2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II. Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervenientinnen zu tragen. Diese tragen ihre Kosten selbst.
IV. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert des Berufungsverfahren wird auf die Wertstufe bis 16.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO)
I. Die Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg.
1. Die Berufung des Klägers ist entgegen der Auffassung der Streithelferin zu 3. zulässig.
a. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen. Dabei muss die Berufung die tragenden Erwägungen des Erstgerichts angreifen und darlegen, warum diese aus Sicht des Berufungsklägers nicht zutreffen; die Begründung muss - ihre Richtigkeit unterstellt - geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen (vgl. BGH, Beschluss v. 29.11.2018 - III ZB 19/18 - NJW-RR 2019, 180, Tz. 10). Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 11).
b. Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung. Das Landgericht hat die Abweisung der Klage nicht auf unabhängige, selbstständige tragende rechtliche Erwägungen gestützt. Vielmehr hat das Landgericht es offengelassen, ob ein Mangel bereits deshalb zu verneinen sei, weil der Stellplatz mit der vereinbarten Beschaffenheit übereinstimme. Das Landgericht hat ausgeführt, dass, "wenn man zusätzlich verlange, dass der Stellplatz die übliche Beschaffenheit aufzuweisen" habe, diese Voraussetzung auch erfüllt sei. Es handelt sich mithin nicht um zwei selbstständige rechtliche Erwägungen. Auch die weiteren Ausführungen im landgerichtlichen Urteil, wonach der Stellplatz genutzt werden könne, betrifft nicht eine andere rechtliche Erwägung, sondern lässt offen, an welchen Mangelbegriff insoweit angeknüpft wird.
Weiter hat der Kläger entgegen der Auffassung der Streithelferin zu 3. auch die Feststellung des Landgerichts angegriffen, wonach das Werk der Beschaffenheitsvereinbarung entspreche. Zur Beschaffenheitsvereinbarung gehört auch die Funktionstauglichkeit des Werkes. Eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit liegt vor, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck des Werkes nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2013 - VII ZR 257/11 - BGHZ 197, 252, Tz. 12). Gerade gegen diese fehlende Funktionstauglichkeit wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er vertritt weiter mit der Berufung die Auffassung, dass der Stellplatz nickt geeignet sei, um dort ein Fahrzeug aus der Mittel- oder Oberklasse zu parken.
II. Die Berufung des Klägers ist auch überwiegend begründet Lediglich der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten hat keinen Erfolg.
1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Minderung der von ihm gezahlten Vergütung für den Erwerb eines Tiefgaragenplatzes nach §§ 631, 633, 634, 638 BGB in Höhe von 13.233,00 EUR. Im Einzelnen:
a. Zwischen den Parteien findet Werkvertragsrecht Anwendung. Dabei ist auf dieses Rechtsverhältnis das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung anzuwenden, die für ab dem 1. Januar 2002 und bis zum 31. Dezember 2017 geschlossene Verträge gilt, Art. 229 § 5 Satz 1, § 39 EGBGB.
Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Bauträgervertrag vom 03.09.2014 handelt es sich um...