Leitsatz (amtlich)
Ein Tiefgaragenstellplatz, der zusammen mit einer neu errichteten Eigentumswohnung erworben wird, muss bei Fehlen einer ausdrücklichen Beschaffenheitsvereinbarung für einen durchschnittlichen Fahrer in zumutbarer Weise nutzbar sein. Dies ist der Fall, wenn das Einparken nicht mehr als 3 Fahrbewegungen und das Ausparken nicht mehr als 4 Fahrbewegungen, also jeweils einen Korrekturzug, erfordert. Dies muss ohne elektronische Unterstützung und ohne besondere weitere Vorkehrungen möglich sein.
Normenkette
BGB § 633 Abs. 2, § 635 Abs. 3, § 638 Abs. 1, § 634 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 18.08.2011; Aktenzeichen 25 O 56/07) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Stuttgart vom 18.8.2011 - 25 O 56/07 - abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.519 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2.4.2010 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten der Nebenintervention trägt jeder Streithelfer 65 % seiner eigenen Kosten und die Beklagte 35 % der Kosten eines jeden Streithelfers.
Die Klägerin trägt die Hälfte der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens beim LG Stuttgart - 25 OH 3/07 -.
Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge (mit Ausnahme der anderen Hälfte der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens) trägt die Klägerin 65 % und die Beklagte 35 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert: 18.452 EUR
Gründe
I. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil des LG Stuttgart, mit dem sie auf Zahlung einer Restkaufpreisforderung i.H.v. 18.452 EUR nebst Zinsen verurteilt wurde.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 11.3.2005 kaufte die Beklagte bei der Klägerin eine noch zu erstellende Eigentumswohnung in Stuttgart im Gebäude H ...-weg (Aufteilungsplannummer 6), zu der ein Abstellraum sowie ein Pkw-Abstellplatz in der Tiefgarage (Aufteilungsplan Nr. 11) gehört. In den Kaufvertrag wurde die vorläufige Teilungserklärung sowie die Baubeschreibung mit einbezogen. Auch der vorläufige Aufteilungsplan wurde durch I § 1 Nr. 4a) des Kaufvertrags als Anlage 2 der Teilungserklärung Teil des Kaufvertrags.
Die Baugenehmigung wurde am 18.3.2005 erteilt. Der Kaufpreis für die gesamte Wohnung einschließlich Tiefgaragenstellplatz betrug 527.200 EUR, davon entfällt auf den Tiefgaragenstellplatz kalkulatorisch nach Prospektangaben ein Betrag von 17.900 EUR.
Aus statischen Gründen wurde zwischen den Tiefgaragenstellplätzen Nr. 10 und Nr. 11 eine Betonsäule angebracht. Der erstellte Tiefgaragenstellplatz hat eine Länge von 5 m und eine Breite von 2,50 m.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug behauptet, der Tiefgaragenstellplatz sei mit Ausnahme der Betonsäule beim Stellplatz der Beklagten exakt nach Planung erstellt worden. Sie ist der Meinung, die Beklagte erleide durch die Betonsäule keinerlei Nachteile, insbesondere sei die Befahrbarkeit des Stellplatzes nicht beeinträchtigt. Die Leistung sei insgesamt mangelfrei erbracht.
Die Beklagte vertrat die Auffassung, der Stellplatz sei zum vertraglich vorausgesetzten Gebrauch als Pkw-Garage nicht geeignet. Die Nutzung des Stellplatzes werde zusätzlich durch die Säule behindert.
Das LG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Abgewiesen wurde die Klage lediglich hinsichtlich des Zinslaufes.
Das LG stellte fest, dass die Leistungen der Klägerin zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung insgesamt mangelfrei seien. Auch der Tiefgaragenstellplatz sei mangelfrei. Die Abmessungen von 2,50 m × 5 m entsprächen der vertraglichen Vereinbarung. Auch liege diese Größe im Bereich der Anforderungen in § 4 Abs. 1 und 2 Garagenverordnung. Die nach § 4 Abs. 3 Garagenverordnung erforderliche Fahrgassenbreite von 5,50 m sei ebenso eingehalten. Bis zu drei Rangiervorgänge beim Einparken seien hinzunehmen. Das LG vertrat, anders als die Beklagte, die Auffassung, dass die Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (EAR 05) nicht den Stand der allgemeinen Regeln der Technik darstellten. Vielmehr seien diese in der Garagenverordnung wiedergegeben. Auch sei der Einfahrvorgang auf den Stellplatz durch die nach Vertragsschluss erstellte Betonsäule nicht behindert. Er beeinträchtige die vertraglich vereinbarten Ausmaße des Stellplatzes nicht. Eine wesentliche Abweichung von der vereinbarten Sollbeschaffenheit ergebe sich daraus nicht. Der noch offene Kaufpreisrestbetrag sei auch fällig.
Die Berufung verfolgt ihren erstinstanzlichen Klagabweisungsantrag weiter. Das LG gehe in tatsächlicher Hinsicht unrichtig von einer zumutbaren Nutzbarkeit des Stellplatzes aus und bemesse das Bausoll rechtlich falsch nach Mindestvorgaben des öffentlichen Baurechts.
Die Klägerin ist der Meinung, dass ohne Stützwand keine bessere Befahrbarkeit des Stellplatzes bestünde, diese wäre sogar schlechter.
Stellplätze würden grunds...