Leitsatz (amtlich)

Beauftragt ein nicht dazu berechtigter Mitarbeiter einer Kommune einen Bauingenieur mit Ingenieurleistungen und werden diese von der Kommune verwertet, kommt bei fehlender Genehmigung des Vertragsschlusses ein Honoraranspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung in Betracht. Die gemeindlichen Formvorschriften und Vertretungsregelungen hindern die Anwendung der §§ 812 ff. BGB grundsätzlich nicht.

 

Verfahrensgang

LG Braunschweig (Urteil vom 31.07.2015; Aktenzeichen 1 O 27/15 (007))

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Braunschweig vom 31.7.2015 - 1 O 27/15 (007) - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.184,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 15.11.2013 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.064,00 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 13.09.2014 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf die Wertstufe bis 35.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung eines Honorars für Ingenieurleistungen in Anspruch.

Mit Rechnung vom 14.10.2013 (Bl. 15 d.A.) stellte der Kläger der T. S. GmbH über das Tiefbauamt der Beklagten einen Betrag in Höhe von 16.184,00 EUR brutto in Rechnung. Als Grund gab der Kläger Brückenüberprüfungen für vier Brücken für jeweils 9 Schwertransporte in der Zeit vom 11.10.2013 bis zum 11.11.2013 und 8 Schwertransporte in der Zeit vom 11.10.2013 bis zum 25.11.2013 an. Je Brücke berechnete der Kläger dabei einen Betrag in Höhe von 200,00 EUR zzgl. Mehrwertsteuer. Wie im Berufungsverfahren unstreitig geblieben ist, war eine erste Teil-Rechnung des Klägers vom 07.10.2013 (Bl. 179 d.A.) nicht an die Firma T. S. GmbH, sondern unmittelbar an die Verkehrsbehörde der Beklagten gerichtet. Diese betraf die Überprüfung von 4 Brücken für je 9 Schwertransporte zum Preis von 8.568,00 EUR brutto. Über die Wirksamkeit der Auftragserteilung besteht zwischen den Parteien Streit.

Das LG hat die Klage auf Werklohn abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Werklohn mangels wirksamen Vertragsschlusses nicht zu. Der Kläger habe auch aus anderen Rechtsgründen keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte.

Er habe schon nicht dargelegt, dass er mit der Beklagten einen Werkvertrag abgeschlossen habe. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Emails des Mitarbeiters der Beklagten La. vom 25.09.2013 (Anlage K 1, Bl. 13 d.A.) und vom 10.10.2013 (Anlage K 6, Bl. 75 d.A.) als Angebot zum Abschluss eines Werkvertrages aufgefasst werden könnten. Jedenfalls sei ein solcher Werkvertrag wegen der Regelungen in § 86 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes nicht wirksam zustandegekommen. Das Schriftformerfordernis in § 86 Abs. 2 NKomVG sei als Vertretungsregelung aufzufassen. Der Mitarbeiter La. der Beklagten sei nicht vertretungsbefugt gewesen. Der Vertrag sei daher schwebend unwirksam gewesen. Die Beklagte habe dieses schwebend unwirksame Rechtsgeschäft auch nicht nachträglich genehmigt. Sie habe die Erteilung der Genehmigung vielmehr verweigert. Die Verweigerung der Genehmigung liege in der Ablehnung der Bezahlung der Klagforderung.

Die Beklagte habe die Leistungen des Klägers auch nicht in sie bindender Weise verwendet. Die Verwendung sei nicht mit dem Willen eines vertretungsbefugten Abteilungsleiters erfolgt. Soweit die Beklagte dem Kläger außergerichtlich angeboten habe, 50 % der Klagforderung zu zahlen, so liege darin kein Anerkenntnis der Forderung.

Der Beklagten sei es auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen. Die Beklagte habe im Jahr 2008 die ursprüngliche Praxis der Auftragsvergabe durch ihren Mitarbeiter La. gestoppt. Seither sei ein entsprechendes Vorgehen von der Beklagten nicht mehr geduldet worden.

Auch ein Anspruch des Klägers aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 687, 689, 670 BGB) bestehe nicht. Es fehle bereits an dem notwendigen Fremdgeschäftsführungswillen des Klägers.

Ebenso bestehe kein Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB gegen die Beklagte. Der Kläger habe schon nicht dargelegt, dass die Beklagte Aufwendungen in Höhe des geltend gemachten Werklohnes erspart habe.

Mangels Hauptforderung sei auch der Anspruch des Klägers auf die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten unbegründet.

Wegen des Sac...

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