Entscheidungsstichwort (Thema)
Entlassung des Testamentsvollstreckers
Leitsatz (amtlich)
"Beteiligter" und damit antragsberechtigt im Verfahren auf Entlassung des Testamentsvollstreckers gern. § 2227 BGB ist auch der Pflichtteilsberechtigte.
Normenkette
BGB § 227
Verfahrensgang
AG Bremerhaven (Beschluss vom 24.09.2015; Aktenzeichen 7 VI 140/02) |
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des AG Bremerhaven - Nachlassgericht - vom 24.9.2015 (7 VI 140/02) einschließlich des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben.
Das Verfahren wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das AG - Nachlassgericht - Bremerhaven zurückverwiesen.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen.
Gründe
Die Beteiligten streiten über die Entlassung des Beteiligten 2) aus seinem Amt als Testamentsvollstrecker.
Der Erblasser hatte mit seiner vorverstorbenen Ehefrau gemeinsam am 1.09.1997 ein privatschriftliches Testament errichtet, in dem sich die Ehegatten wechselseitig zu Erben des Zuerstverstorbenen und ihren Sohn [...] zum Erben des Letztversterbenden eingesetzt hatten. Dieses Testament sah die Möglichkeit des überlebenden Ehegatten vor, anstelle des Sohnes dessen Abkömmlinge einzusetzen, wovon der Erblasser am 19.02.2001 durch notarielles Testament Gebrauch machte, in dem er seine Enkel, die Beteiligten 3), 4) und Herrn [...] zu seinen Erben einsetzte, Testamentsvollstreckung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs der Enkel anordnete und den Beteiligten 2) zum Testamentsvollstrecker bestimmte. Am 14.12.2000 hatte der Erblasser in Spanien die Beschwerdeführerin geheiratet. In einem Testament vom 5.07.2001 setzte er diese zu seiner alleinigen Erbin ein und erteilte ihr eine Generalvollmacht. Das AG - Nachlassgericht - Bremerhaven erteilte dem Beteiligten 2) am 3.04.2002 ein Testamentsvollstreckerzeugnis. In der Folgezeit kam es sowohl in Spanien als auch in Deutschland zu Rechtsstreitigkeiten zwischen der Beschwerdeführerin und dem Beteiligten 2) und - nach Vollendung des 25. Lebensjahres - den Beteiligten 3) und 4). Dabei ging es im Wesentlichen darum, dass der Beteiligte 2) bzw. die Erben der Beschwerdeführerin unberechtigte Verfügungen über den Nachlass in einer Größenordnung von rd. 1 Mio. Euro vorwarfen, die die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf das Testament vom 5.07.2001 bzw. die ihr erteilte Vollmacht für gerechtfertigt hielt. In dem in Spanien geführten Rechtsstreit stellte das Oberste spanische Zivilgericht in letzter Instanz fest, dass das am 5.07.2001 errichtete Testament des Erblassers wegen Verstoßes gegen das Ehegattentestament vom 1.09.1987 unwirksam ist. In dem in Deutschland geführten Rechtsstreit wurde die Beschwerdeführerin wegen der - unberechtigten - Verfügung über eine auf Mallorca belegene Wohnung des Erblassers auf Herausgabe des Veräußerungserlöses im Wege der unberechtigten Bereicherung in Anspruch genommen (LG Bremen 6-O-3041/04 = OLG Bremen 5 U 17/09 und 5 U 4/14). In diesem Rechtsstreit verteidigte sich die Beschwerdeführerin gegenüber der von den Klägern zuletzt auf 311.882,26 EUR bezifferten Klageforderung hilfsweise im Wege der Aufrechnung mit dem ihr zustehenden Pflichtteilsanspruch. Durch - rechtskräftiges - Urteil vom 15.05.2014 wies der Senat die Klage des Beteiligten 2) und der Beteiligten 3) und 4) ab, da der Bereicherungsanspruch der Kläger durch die Aufrechnung der Beklagten erloschen sei. Dabei ging der Senat davon aus, dass der Pflichtteilsanspruch der Beschwerdeführerin tatsächlich deutlich höher als die Klagforderung ist. Dieser könne - ungeachtet einer evtl. Verjährung - von der Beschwerdeführerin auch noch aufgerechnet werden (§ 215 BGB). Eine Gegenaufrechnung der Kläger mit weiteren Bereicherungsansprüchen habe den Pflichtteilsanspruch nicht erlöschen lassen, denn die zeitlich vorangehende Aufrechnung der Beschwerdeführerin habe Klagforderung und Pflichtteilsanspruch bereits getilgt.
Mit Antrag vom 26.10.2010 hat die Beschwerdeführerin die Entlassung des Beteiligten 2) als Testamentsvollstrecker begehrt und zur Begründung u.a. darauf verwiesen, dieser habe sich angeblich über seine dem Erblasser gegenüber übernommene Verpflichtung, sich schützend vor die Beschwerdeführerin zu stellen, pflichtwidrig hinweggesetzt. Nach Aussetzung des Verfahrens wegen der zwischen den Beteiligten geführten Rechtsstreitigkeiten hat das AG die Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 10.07.2015 darauf hingewiesen, dass es Zweifel an deren Beteiligteneigenschaft hege. Die Beschwerdeführerin sei lediglich pflichtteilsberechtigt, verfüge also nur über einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Nachlass und stehe damit einem normalen Nachlassgläubiger gleich. Ferner habe der Senat in seinem Hinweisbeschluss vom 17.03.2014 deutlich gemacht, dass der Pflichtteilsanspruch der Beschwerdeführerin verjährt sei, so dass diese kein rechtlich schützenswertes Interesse an der Entlassung des Testamentsvollstreckers habe könne....