Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Rechtsmissbrauch bei Vergleichsvorschlag zu wechselseitigem Verzicht auf Unterlassungserklärungen

 

Leitsatz (amtlich)

Der Vorschlag eines Vergleichs auf wechselseitigen Verzicht der Abgabe von Unterlassungserklärungen stellt dann keinen Rechtsmissbrauch i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG dar, wenn er erkennbar als pragmatische Lösung darauf abzielt, ein beiderseits künftiges wettbewerbskonformes Verhalten zu erreichen.

 

Normenkette

UWG § 8 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 04.04.2013; Aktenzeichen 12 O 20/13)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagten) gegen das Urteil des LG Bremen - 2. Kammer für Handelssachen - vom 4.4.2013 durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Beklagte erhält Gelegenheit, hierzu bis zum 26.7.2013 schriftsätzlich Stellung zu nehmen (§ 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

 

Gründe

I. Die Beklagte wendet sich gegen eine einstweilige Verfügung des LG Bremen vom 23.1.2013. Darin wurde der Beklagten auf Antrag der Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) im Einzelnen näher bezeichnetes wettbewerbswidriges Verhalten untersagt.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Einzelhandels mit Braut- und Abendmode. Wegen verschiedener Wettbewerbsverstöße mahnte die Klägerin die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 25.12.2012 ab und setzte eine Frist zur Abgabe einer - nachträglich bis 18.1.2013 verlängerten - strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung. Mit anwaltlichem Schreiben vom 18.1.2013 mahnte die Beklagte ihrerseits die Klägerin wegen verschiedener Verstöße ab. Darauf übersandte die Klägerin der Beklagten am 21.1.2013 ein Schreiben, in welchem es u.a. hieß:

"Vor dem Hintergrund wechselseitiger Abmahnungen wäre meine Mandantin bereit, auf der ihr auf der Grundlage der Abmahnung vom 25.12.2012 zustehenden Unterlassungs-. und Verpflichtungserklärung nicht zu bestehen, vorausgesetzt natürlich, auch Ihre Mandantin besteht nicht auf der Abgabe der mit Schreiben vom18.1.2013 geforderten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und in Zukunft bleibt es weiterhin im wohlverstandenen eigenen Interesse unserer Mandantinnen bei einem fairen Wettbewerb, ohne Irreführungen der abgemahnten Weisen."

Diesen Vorschlag lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 21.1.2013 als "in keiner Weise akzeptabel" ab, worauf die Klägerin am gleichen Tage den Erlass der einstweiligen Verfügung beantragt hat.

Mit dem Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung des LG vom 23.1.2013 hat sich die Beklagte u.a. auf den Standpunkt gestellt, der Verfügungsantrag sei missbräuchlich i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG.

Das LG Bremen - 2. Kammer für Handelssachen - hat mit Urteil vom 4.4.2013 die einstweilige Verfügung zu den Punkten 2. - 5. bestätigt, indem es insbesondere einen Missbrauch, wie von der Beklagten geltend gemacht, verneint hat.

Gegen dieses Urteil richtet sich die jeweils rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, die in ihrer Berufungsbegründung an ihrer Rechtsauffassung festhält.

II. Der Senat ist einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung offensichtlich unbegründet ist und daher keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Eine Entscheidung durch Urteil unter Zulassung der Revision ist auch nicht gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung oder zur Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten, denn eine Revision ist nicht statthaft (§ 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Schließlich ist auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

Die Begründung des LG, auf die ergänzend verwiesen wird, trifft zu, ohne dass das Berufungsvorbringen der Beklagten eine andere Beurteilung rechtfertigt.

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung war zulässig. Insbesondere war die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch die Klägerin nicht rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG.

Voraussetzung für einen Missbrauch im genannten Sinne ist, dass das beherrschende Motiv des Mitbewerbers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde, für sich nicht schützenswerte Ziele sind. Der Beklagten ist darin zu folgen, dass der vergebliche Versuch des Anspruchsberechtigten, sich den Anspruch abkaufen zu lassen, ein solches sachfremdes Motiv darstellen kann (Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., Rz. 4.23 zu § 8 m. w. Hinw.).

Vorliegend lässt sich ein solches Motiv als eigentliche Triebfeder der Verfahrenseinleitung nicht feststellen. Damit unterscheidet sich dieser Fall von den Sachverhalten, die den von der Beklagten angeführten Entscheidungen des OLG Hamm (Urt. v. 19.8.2010 - I-4 U 35/10 - sowie vom 20.1.2011 -I-4 U 175/10) zugrunde liegen, in wesentlichen Punkten. Das erstgenannte Urteil beruhte auf einer Konstellation, bei der es der dortigen Klägerin, die zuvor bereits ihrerseits mit einem gegenläufigen Verfahren überzogen worden war, darum ging, auf die dor...

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