Verfahrensgang

AG Bremerhaven (Beschluss vom 09.08.2000)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Bremerhaven vom 9.8.2000 wird, soweit ihr nicht durch Beschluß des Familiengerichts vom 15.9.2000 abgeholfen worden ist, zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Senat folgt der Berechnung des Familiengerichts in dem Beschluß vom 15.9.2000, mit dem der Beschwerde der Beklagten zum Teil abgeholfen worden ist. Diese Berechnung endet mit einem einzusetzenden Einkommen i.S. des § 115 I S. 4 ZPO von 269,– DM, was zu einer monatlichen Ratenbelastung von 90,– DM führt.

Dem Familiengericht ist insbesondere in seiner Auffassung zu folgen, das von der Beklagten bezogene Kindergeld sei als Bestandteil ihres Einkommens zu berücksichtigen. Die Frage, ob Kindergeld zum Einkommen i.S. des § 115 ZPO gehört, ist umstritten. Alle denkbaren Ansichten werden vertreten: generelle Nichtberücksichtigung beim Einkommen der Eltern, weil es sich um eine zweckbestimmte Zahlung handle oder aus verfassungsrechtlichen Gründen (vgl. u.a. OLG Hamm, FamRZ 2000, 1093; LAG Bremen, FamRZ 1987, 81; OLG Bremen, 5. ZS, FamRZ 1984, 411); hälftige Berücksichtigung bei jedem Elternteil (so u.a. OLG Bamberg, FamRZ 1984, 606); hälftige Berücksichtigung, aber mit Differenzierung je nach Umfang der Kindesunterhaltsleistung (so u.a. OLG Köln, FamRZ 1993, 1333). Die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur berücksichtigt dagegen das Kindergeld in voller Höhe bei dem Elternteil, dem es ausbezahlt wird (u.a. OLG München, FamRZ 1999, 598; OLG Bremen, 2. ZS, JurBüro 1987, 767; Zimmermann, PKH in Familiensachen, 2. Aufl., Rn. 55; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, PKH und Beratungshilfe, 2. Aufl., Rn. 231; Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 115 Rn. 19, jeweils mit RsprNw.).

Der überwiegenden Meinung ist zu folgen. Durch das am 1.1.1995 in Kraft getretene Prozeßkostenhilfeänderungsgesetz wurde die Prozeßkostenhilfe den sozialhilferechtlichen Vorschriften angepaßt. Der Einkommensbegriff in § 115 ZPO ist der gleiche wie der in § 76 I BSHG, welcher das Kindergeld umfaßt (vgl. Fichtner, BSHG, § 77 Rn. 5). Daher muß auch im Rahmen des § 115 ZPO das Kindergeld demjenigen als Einkommen zugerechnet werden, dem es zufließt (so auch OLG Nürnberg, FamRZ 2000, 102; OLG Naumburg, FamRZ 1998, 488). Der Bedarf des Kindes wird berücksichtigt durch Abzug der in § 115 I S. 3 Nr. 2 ZPO genannten Beträge vom Einkommen der Partei.

Soweit die Beklagte die Abzugsfähigkeit im Scheidungsverfahren gezahlter Prozeßkostenhilferaten von 60,– DM geltend macht, fehlt es an einem Beleg über die Ratenfestsetzung bzw. -zahlung. Aber auch bei Abzug des Betrages von 60,– DM würde sich bei einem dann verbleibenden einzusetzenden Einkommen von 209,– DM an der Höhe der zu zahlenden Raten nichts ändern.

 

Unterschriften

Wever, Schumann, Boysen

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1457552

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