Normenkette
BGB § 1572 Nr. 2, § 1578b; EGZPO § 36 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
AG Bremerhaven (Aktenzeichen 154 F 436/08) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus dem am 23.8.2002 vor dem AG - FamG - Bremerhaven zur Gesch.-Nr. 150 F 14/01 geschlossenen Unterhaltsvergleich vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache mit Wirkung ab 1.1.2008 einzustellen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist zurückzuweisen.
Die Berufung des Klägers hat nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand insoweit keine Aussicht auf Erfolg, als er unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Abänderung des am 23.8.2002 geschlossenen Vergleichs dahingehend begehrt, dass er bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat.
I. Soweit der Beklagte den Einwand der Verwirkung nach § 1579 Nr. 4 BGB erhebt, kann er damit keinen Erfolg haben. Dem Kläger war bereits bei Abschluss des Vergleichs im Jahr 2002 bekannt, dass die Beklagte in der Vergangenheit wiederholt Entwöhnungsbehandlungen abgebrochen hat; dies ergab sich aus dem im Vorverfahren (150 F 14/01) eingeholten Sachverständigengutachten vom 22.11.2001. Er ist daher mit dem von ihm erhobenen Verwirkungseinwand präkludiert. Im Übrigen dürfte der Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 4 BGB auch nicht erfüllt sein, weil nach den Ausführungen des Sachverständigen die Beklagte aufgrund der infolge exzessiven Alkoholmissbrauchs eingetretenen Persönlichkeitsveränderung und der daraus resultierenden Einschränkung der freien Willensbildung für das Scheitern der jeweiligen Entwöhnungsbehandlungen nicht verantwortlich gemacht werden kann. Der Beklagten kann demzufolge nicht vorgeworfen werden, sie habe ihre Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt.
II. Entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung kommt jedoch eine zeitliche Begrenzung sowie Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten nach § 1572 Nr. 2 BGB dahingehend in Betracht, dass sie den titulierten Unterhalt i.H.v. 800 EUR bis einschließlich Dezember 2009 verlangen kann; ab dem 1.1.2010 ist der Unterhalt auf 400 EUR herabzusetzen und bis zum 31.12.2012 zu befristen.
1. Während nach dem bis zum 31.12.2007 geltenden Unterhaltsrecht eine Befristung des Krankheitsunterhalts nicht möglich war, kann nach dem am 1.1.2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetz auch der Anspruch wegen Krankheit (§ 1572 BGB) zeitlich begrenzt werden, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578b II S. 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578b I S. 2, 3 BGB. Danach ist zunächst darauf abzustellen, inwieweit dem Bedürftigen durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Ehebedingte Nachteile liegen vor, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (BGH, FamRZ 2008, 582 [586]). Die Beklagte hat zwar nach der Eheschließung ihre berufliche Tätigkeit als Zahnarzthelferin aufgegeben, um den gemeinsamen Haushalt zu führen und das im November 1988 geborene gemeinsame Kind zu betreuen mit der Folge, dass sie während der Ehe relativ geringe Versorgungsanrechte erworben hat. Dieser Nachteil ist jedoch im Rahmen des Versorgungsausgleichs ausgeglichen worden (s. dazu BGH FamRZ 2008, 1325 [1329]; FamRZ 2008, 1508 [1510]). Denn der Beklagten sind Anwartschaften i.H.v. insgesamt 153,63 DM übertragen worden (s. Scheidungsverbundurteil vom 14.3.1995 - Bl. 7 d.A.), die zu einer Erhöhung der von ihr bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit geführt haben (s. Rentenbescheid vom 11.12.2001 - Bl. 138 BA). Die Beklagte war nach der Scheidung im Jahr 1995 wegen der Betreuung des Sohnes zwar zunächst gehindert, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ab Vollendung seines 8. Lebensjahres hätte die Beklagte, die damals 41 Jahre alt war, in ihrem erlernten Beruf aber eine Teilzeittätigkeit aufnehmen und ab November 2003 (Vollendung des 15. Lebensjahres des Kindes) einer Vollzeittätigkeit nachgehen können, wenn ihre schwere Alkoholerkrankung dem nicht entgegengestanden hätte. Denn die Beklagte hat von 1995 an wiederholt stundenweise in ihrem Beruf als Zahnarzthelferin gearbeitet, diese Stellen aber in erster Linie wegen ihres Alkoholmissbrauchs wieder verloren. Soweit die Beklagte nach der Scheidung wegen der Betreuung des Sohnes keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und dementsprechend auch keine Versorgungsanrechte erwerben konnte, dürften der Beklagten dadurch ebenfalls keine Nachteile bzgl. ihrer Absicherung im Krankheitsfall entstanden sein; denn der Kläger hat nach Rechtskraft der Scheidung im Jahr 1995 über mehrere Jahre neben Elementar- und Krankenvorsorgeunterhalt an die Beklagte Altersvorsorgeunterhalt in nicht unbetr...