Verfahrensgang
AG Bremen (Aktenzeichen 63 F 1130/12) |
Tenor
I. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, im Hinblick auf die beantragte Verfahrenskostenhilfe bis zum 9.11.2012 eine aktualisierte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter Beifügung ihres vollständigen Rentenbescheides vorzulegen.
II. Vorläufige Rechtsauffassung des Senats:
Der Senat weist die Beteiligten darauf hin, dass einiges dafür spricht, dass der zwischen den Beteiligten mit dem am 18.1.1994 vor dem AG - Familiengericht - Bremen in dem Verfahren 68 F 2663/92 geschlossenen Vergleich vereinbarte Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin i.H.v. EUR 383,47 (ursprünglich 750 DM) entgegen der Auffassung des Familiengerichts mit Eintritt der Antragsgegnerin in das Rentenalter - ggf. nach einer Übergangsfrist - gem. § 1578b Abs. 2 Satz 1 BGB zu befristen sein dürfte.
Gründe
1. Eine Störung der Geschäftsgrundlage i.S.d. § 313 BGB liegt vor.
Bei dem mit dem streitgegenständlichen Vergleich vereinbarten nachehelichen Unterhalt dürfte es sich um eine Kombination aus Krankheitsunterhalt gem. § 1572 Nr. 3 BGB und Aufstockungsunterhalt gehandelt haben. Aus dem Sitzungsprotokoll des AG Bremen vom 8.7.1993 (68 F 2663/92) ergibt sich, dass die Antragsgegnerin bereits erkrankt war und dass die Beteiligten damals lediglich von einer Teilerwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin ausgegangen waren. Soweit die Antragsgegnerin krankheitsbedingt an einer vollen Erwerbstätigkeit gehindert war, handelte es sich um Krankheitsunterhalt. Im Übrigen handelte es sich, da die Antragsgegnerin auch bei einer angenommenen vollen Erwerbstätigkeit mutmaßlich kein den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechendes Einkommen hätte erzielen können, um Aufstockungsunterhalt (vgl. BGH, FamRZ 2009, 409 Tz. 20).
Während nach dem bis zum 31.12.2007 geltenden Unterhaltsrecht eine Befristung des Krankheitsunterhalts nicht möglich war, kann nach dem am 01.01.2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetz auch der Anspruch wegen Krankheit zeitlich begrenzt werden, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Aufstockungsunterhalt konnte zwar grundsätzlich auch nach dem bis 31.12.2007 geltenden Unterhaltsrecht befristet werden (§ 1573 Abs. 5 BGB a.F.). Bei langen Ehen wurde jedoch bis zu der Entscheidung des BGH vom 12.4.2006 (FamRZ 2006, 1006) nur sehr zurückhaltend davon Gebrauch gemacht. Vorliegend handelt es sich um eine lange Ehe in diesem Sinne. Von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrages betrug die Ehezeit 15 Jahre und 7 Monate. Hinzu kamen nach altem Recht die Kindererziehungszeiten, da die Antragsgegnerin nach der Trennung der Beteiligten die beiden gemeinsamen 1967 und 1973 geborenen Kinder betreut hatte. Eine ernsthafte Befristungsmöglichkeit bestand daher auch hinsichtlich des Aufstockungsunterhalts im Jahre 1994 nicht.
2. Nach § 1578b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB.
a) Danach ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
Hat der Berechtigte - wie hier - bereits das Rentenalter erreicht, kommt es darauf an, ob die erzielten Alterseinkünfte aus seiner früheren, nachehelich ausgeübten oder ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit hinter demjenigen zurückbleiben, was er ohne die ehebedingte Einschränkung seiner Berufstätigkeit an Alterseinkommen hätte erwerben können (BGH FamRZ 2011, 1721 Tz. 28).
Im Falle der Antragsgegnerin sind keine ehebedingten Nachteile in diesem Sinne ersichtlich. Zwar erzielt die Antragsgegnerin nur ein monatliches Renteneinkommen von EUR 450,08 und damit ein Einkommen, welches unterhalb des Existenzminimums liegt. Dies ist jedoch nicht ehebedingt.
aa) Die Antragsgegnerin hat zwar nach der Eheschließung ihre berufliche Tätigkeit als Stenotypistin aufgegeben, um den Haushalt zu führen und die 1967 und 1973 geborenen gemeinsamen Kinder zu betreuen. Während der Ehezeit hat sie daher keine eigenen Rentenanwartschaften erwirtschaftet. Dieser Nachteil ist jedoch im Rahmen des Versorgungsausgleichs ausgeglichen worden. Denn regelmäßig bildet der durch die Ehegestaltung bedingte geringere Rentenanspruch unabhängig von der Höhe keinen ehebedingten Nachteil, wenn der Versorgungsausgleich vollständig durchgeführt worden ist. (BGH FamRZ 2011, 1721 Tz. 29; FamRZ 2008, 1325, 1329; 1508, 150; Wendl/Wönne, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 4 Rz. 1017).
bb) In Betracht kommen daher nur die nach der Ehezeit entstandenen ehebedingten Versorgu...