Leitsatz (amtlich)
1. Ein im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung aufgelöstes und daher nicht mehr vorhandenes Anrecht unterfällt nicht dem Versorgungsausgleich.
2. Kündigt ein Ehegatte nach rechtskräftiger Scheidung, aber vor Durchführung des Versorgungsausgleichs seine dem Versorgungsausgleich grundsätzlich unterfallende Lebensversicherung, ist allein dies kein grob unbilliges Verhalten i.S.d. § 27 VersAusglG. Die Verteilungsgerechtigkeit unter den Ehegatten wird aber dann verletzt, wenn das dem Versorgungsausgleich auf diese Weise entzogene Anrecht nicht durch den Zugewinnausgleich kompensiert wird.
3. Die Verteilungsgerechtigkeit ist gemäß § 27 VersAusglG dadurch wiederherzustellen, dass ein Anrecht des anderen Ehegatten um den ursprünglichen Ausgleichswert der gekündigten Lebensversicherung vor der Teilung zu Gunsten desjenigen, der sein Anrecht dem Versorgungsausgleich entzogen hat, verringert wird.
Normenkette
VersAusglG §§ 27, 18
Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 13.05.2015; Aktenzeichen 58 F 1122/13) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 13.5.2015 dahingehend abgeändert, dass die Ziff. 3. des Beschlusstenors ersatzlos entfällt.
2. Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 5. wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 13.5.2015 dahingehend abgeändert, dass die Ziff. 4 des Beschlusstenors nun wie folgt lautet:
"Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (VersicherungsNr. [...]) zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 6,3101 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto Nr. [...] bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, bezogen auf den 31.7.2007, übertragen."
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin gegeneinander aufgehoben. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.040 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Familiengericht hat mit Urteil vom 25.9.2008 die Ehe der Beteiligten geschieden und das Versorgungsausgleichsverfahren abgetrennt. Am 15.4.2013 ist das Versorgungsausgleichsverfahren wieder aufgenommen worden und es sind die Versorgungsträger um neue Auskünfte zu den bei ihnen bestehenden Anrechten der ehemaligen Eheleute gebeten worden. Unter dem Datum des 24.4.2014 ist den Beteiligten ein Entwurf der beabsichtigten Versorgungsausgleichsentscheidung übersandt worden. Bereits in diesem ist hinsichtlich eines bei der [...] Lebensversicherungs-AG, der weiteren Beteiligten zu 3., bestehenden Anrechts des Antragstellers ein Ausgleichswert zu Gunsten der Antragsgegnerin i.H.v. 3.324,57 EUR, bezogen auf den 31.7.2007, enthalten. Hiergegen haben die Beteiligten keine Einwände erhoben. Mit Beschluss vom 13.5.2015 hat das AG - Familiengericht - Bremen den Versorgungsausgleich zwischen den geschiedenen Eheleuten geregelt. So hat es unter Ziff. 3. des Beschlusstenors bestimmt, dass zu Gunsten der Antragsgegnerin ein unter der Vers.-Nr. [...] gebildetes Anrecht des Antragstellers bei der weiteren Beteiligten zu 3. i.H.v. 3.324,57 EUR zu übertragen sei. Unter Ziff. 4. des Beschlusstenors hat das AG bestimmt, dass zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, der weiteren Beteiligten zu 5., i.H.v. 6,0330 Entgeltpunkten auf sein vorhandenes Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (weitere Beteiligte zu 2.) zu übertragen sei.
Gegen diesen, der weiteren Beteiligten zu 3. am 25.6.2015 und der weiteren Beteiligten zu 5. am 29.6.2015 zugestellten Beschluss wendet sich die weitere Beteiligte zu 3. mit ihrer am 8.7.2015 eingegangenen Beschwerde. Diese wird darauf gestützt, dass das unter Ziff. 3. des amtsgerichtlichen Beschlusstenors zu übertragende Anrecht nicht mehr bestehe, weil die Versicherung per 1.3.2013 durch Kündigung erloschen sei. Die weitere Beteiligte zu 3. verweist insofern auf ihre Auskunft vom 27.1.2014, in der es bereits heißt, der Vertrag sei per 1.3.2013 durch Kündigung erloschen, eine Teilung könne daher nicht mehr durchgeführt werden.
Gegen den amtsgerichtlichen Beschluss hat ebenfalls die weitere Beteiligte zu 5. Beschwerde eingelegt, die am 13.7.2015 beim AG Bremen eingegangen ist. Diese wird darauf gestützt, dass der amtsgerichtliche Beschluss auf einer Ehezeitauskunft basiere, die die Neuregelungen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes über die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten noch nicht berücksichtigt habe. Die weitere Beteiligte zu 5. hat dementsprechend eine neue Auskunft übersandt, die am 13.7.2015 beim AG Bremen eingegangen ist. Danach wird nun ein Ausgleichswert von 6,8767 Entgeltpunkten zu Gunsten des Antragstellers vorgeschlagen, was einem korrespondierenden Kapitalwert von 40.353,25 EUR entspricht.
Die Antragsgegnerin hat in ihrer Stellungnahme vom 4.9.2...