Entscheidungsstichwort (Thema)

Richterliche Befangenheit aufgrund zurückliegender öffentlicher Äußerungen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Besorgnis der richterlichen Befangenheit seitens des eine Umgangsregelung erstrebenden Vaters kann sich daraus ergeben, dass das Umgangsrecht des Vaters mit den Kindern durch drei einstweilige Anordnungen seit mehr als einem Jahr ausgeschlossen ist, der zuständige Richter vor langer Zeit in einer Veröffentlichung einseitig für Mütter Partei ergriffen hat und sich der Richter in seiner dienstlichen Stellungnahme mit dieser Veröffentlichung weder inhaltlich auseinandersetzt noch davon distanziert.

 

Normenkette

ZPO § 42

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Beschluss vom 11.09.2007; Aktenzeichen 61 F 2621/06)

 

Tenor

I. Die Gegenvorstellung des Kindesvaters vom 18.11.2007 gibt keine Veranlassung, die Beschlüsse des Senats vom 11.9.2007 und 11.10.2007 abzuändern.

II. Auf die sofortige Beschwerde des Kindesvaters vom 12.11.2007 wird der Beschluss des AG - FamG - B. vom 5.11.2007 abgeändert.

Das Ablehnungsgesuch des Kindesvaters gegen die Richterin am AG H. wird für begründet erklärt.

 

Gründe

A. Der Kindesvater hat die zuständige Familienrichterin bereits mit Schriftsatz vom 5.4. 2007 wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Diesen Antrag hat das FamG mit Beschluss vom 11.5.2007 (Bl. 368-370 d.A.) abgelehnt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat der Senat mit Beschluss der Einzelrichterin vom 3.7.2007 (Bl. 430-434 d.A.) zurückgewiesen. Auf diesen Beschluss wird zur näheren Darstellung des Verfahrensgangs bis zu diesem Zeitpunkt Bezug genommen. Mit Beschluss vom 9.7.2007 (Bl. 452-456 d.A.) hat die Familienrichterin das Umgangsrecht des Kindesvaters nunmehr bis zum Jahresende 2007 ausgesetzt. Gleichzeitig hat sie die Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens angeordnet. Gegen diesen Beschluss hat der Kindesvater ebenfalls - sofortige - Beschwerde eingelegt, die der Senat mit Beschluss vom 11.9.2007 (Bl. 623-628 d.A.) als unzulässig verworfen hat. Daraufhin hat der Kindesvater eine Gegenvorstellung erhoben, die der Senat mit Beschluss vom 11.10.2007 (Bl. 644-647 d.A.) - negativ - beschieden hat. In der Folgezeit hat die abgelehnte Richterin auf Bitten des beauftragten Sachverständigen Dr. R. versucht, dem Sachverständigen am 25.10.2007 Gelegenheit zur Exploration des Kindesvaters im AG Bremen zu verschaffen. Der Kindesvater konnte sich mit den zur Verfügung stehenden Bedingungen seiner Exploration und denen einer dabei erfolgenden eventuellen Interaktion mit den Kindern aus verschiedenen Gründen nicht einverstanden erklären. Der Termin wurde inzwischen aufgehoben. Mit Schreiben vom 12.10.2007 (Bl. 797 d.A.) hat der Kindesvater die zuständige Familienrichterin erneut abgelehnt. Er stützt seinen Ablehnungsantrag darauf, dass die Familienrichterin zu ihm "per E-Mail" Kontakt aufgenommen habe und ihn zur Mitwirkung an der Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. R., den er für nicht ausreichend qualifiziert hält, "zu überreden" versucht habe. Weiterhin habe die Richterin, wie sich aus einem Vermerk der Kripo B. vom 25.1.2006 (Bl. 800-803) ergebe, die Kindesmutter rechtlich beraten. Daneben stützt der Kindesvater seinen Befangenheitsantrag auf einen - auszugsweise - vorgelegten Artikel der abgelehnten Richterin (Bl. 798-799 d.A.), der Teil einer im Jahre 1989 im Campus-Verlag unter dem Titel "Wenn aus Ehen Akten werden" erschienenen Veröffentlichung ist. Die abgelehnte Richterin hat sich in einer Dienstlichen Äußerung vom 17.10.2007 (Bl. 804 d.A.), auf die insoweit verweisen wird, zum Befangenheitsgesuch geäußert. Das AG Bremen hat den Befangenheitsantrag daraufhin mit Beschluss vom 5.11.2007 (Bl. 835-836 d.A.) zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Kindesvaters vom 12.11.2007. Daneben hat der Senat sich mit einer weiteren Gegenvorstellung des Kindesvaters vom 18.11.2007 zu befassen.

B.I. Die Gegenvorstellung, die sich gegen den Beschluss des Senats vom 11.10.2007 richtet, der auf die Gegenvorstellung gegen den Beschluss vom 11.9.2007 ergangen ist, zeigt keine tatsächlichen Umstände oder rechtlichen Gesichtspunkte auf, die der Senat in seinen Beschlüssen vom 11.9.2007 und 11.10.2007 nicht berücksichtigt und/oder nicht hinreichend gewürdigt hat. Der Senat sieht daher keine Veranlassung zur Abänderung dieser Beschlüsse und zu einer Entscheidung in der Sache über das Umgangsrecht des Kindesvaters, insbesondere über Weihnachten. Darauf, wie und unter welchen Voraussetzungen der Vater eine Regelung des Umgangs möglicherweise erreichen kann, hat der Senat in seinen Beschlüssen vom 11.9.2007 und 11.10.2007 bereits hingewiesen.

Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob überhaupt eine Gegenvorstellung gegen einen auf eine Gegenvorstellung hin ergangenen Beschluss zuzulassen ist und auch, ob die Gegenvorstellung hier innerhalb der Frist des § 321a ZPO, der analog auf die Gegenvorstellung anzuwenden ist (OLG Frankfurt FamRZ 2006, 964; Baumbach/Hartm...

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