Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafklageverbrauch bei Verurteilung wegen eines Waffendelikts und nachfolgender Anklage wegen in Tateinheit dazu stehenden bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Strafprozessrecht. Strafklageverbrauch. Verbot der Doppelbestrafung. Tateinheit zwischen Waffendelikt und bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Leitsatz (amtlich)
1. Liegt dem Besitz von Munition als Waffendelikt eine Zielsetzung des Täters zugrunde, damit seinen Drogenbesitz abzusichern, so begründet dies eine innere Verknüpfung im Sinne einer Tateinheit zwischen dem Waffendelikt und einem gleichzeitig begangenen bewaffneten unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.
2. Die Annahme einer Tat im Sinne des § 264 StPO liegt besonders nahe, wenn die beiden Delikten zugrunde liegenden Erkenntnisse den Ermittlungsbehörden aufgrund derselben Durchsuchungsmaßnahme bekannt geworden sind.
3. Der Zweifelsgrundsatz findet im Zwischenverfahren keine unmittelbare Anwendung: Ist aber zu erwarten, dass es im Hauptverfahren wegen der Anwendung des Zweifelsgrundsatzes nicht zu einer Verurteilung kommen wird, so ist die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 3; StPO § 52 Abs. 1, §§ 203, 264
Verfahrensgang
LG Bremen (Entscheidung vom 16.06.2017; Aktenzeichen 9 KLs 550 Js 42260/13) |
Tenor
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bremen vom 07.07.2017 gegen den Nichteröffnungsbeschluss der Strafkammer 9 des Landgerichts Bremen vom 16.06.2017 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe
I.
Im Rahmen einer am 28.03.2013 durchgeführten Durchsuchung der vom Angeschuldigten und seiner Mutter bewohnten Wohnung in [...] wurden Betäubungsmittel, ein Dolch, eine Schusswaffe "Walther", Kleinkaliber- und Schreckschussmunition sowie weitere Gegenstände beschlagnahmt.
Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin zwei Ermittlungsverfahren gegen den Angeschuldigten ein: Zum einen ein Verfahren wegen eines Vergehens nach dem Waffengesetz, in dem auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom 13.02.2014 ein Strafbefehl des Amtsgerichts Bremen-Blumenthal vom 21.02.2014 zum Az.: 32 Cs 130 Js 33073/13 erging, in dem wegen unerlaubten Besitzes von 12 Kleinkaliberpatronen gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 2b) WaffG auf eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je EUR 8,00 erkannt wurde.
Ferner führte die Staatsanwaltschaft das vorliegende Verfahren, in dem sie mit Anklageschrift vom 05.08.2015 dem Angeschuldigten vorwirft, mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel getrieben und dabei eine Schusswaffe oder sonstige Gegenstände mit sich geführt zu haben, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
Das Landgericht Bremen hat mit Beschluss vom 16.06.2017 die von der Staatsanwaltschaft beantragte Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt und dies mit dem Vorliegen eines Strafklageverbrauchs als Verfahrenshindernis begründet.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Staatsanwaltschaft Bremen mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 07.07.2017.
Die Generalstaatsanwaltschaft Bremen hat am 26.07.2017 Stellung genommen und beantragt, auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bremen vom 07.07.2017 den Beschluss der Strafkammer 9 des Landgerichts Bremen vom 16.06.2017 aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens an die Strafkammer 9 des Landgerichts Bremen zurückzuverweisen.
II.
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bremen vom 07.07.2017 gegen den Nichteröffnungsbeschluss der Strafkammer 9 des Landgerichts Bremen vom 16.06.2017 ist statthaft (§ 210 Abs. 2 StPO) sowie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO). In der Sache ist die sofortige Beschwerde dagegen nicht begründet, da das Landgericht in seinem Beschluss vom 16.06.2017 zutreffend die Eröffnung des Hauptverfahrens im Hinblick auf das Bestehen eines Verfahrenshindernisses abgelehnt hat.
I. Gemäß § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens dann, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig ist. Dies setzt voraus, dass bei vorläufiger Tatbewertung nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens unter Berücksichtigung des gesamten Akteninhalts eine Verurteilung des Beschuldigten hinsichtlich der objektiven und subjektiven Tatseite mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1970 - III ZR 95/68, juris Rn. 15, NJW 1970, 1543; Meyer-Goßner, 60. Aufl., § 203 StPO Rn. 2). Dies schließt auch die Prüfung des Vorliegens von Verfahrenshindernissen ein und ein Strafverfahren ist insbesondere dann nicht durchzuführen, wenn ihm ein Verfahrenshindernis entgegensteht (vgl. BGH, Beschluss vom 30.03.2011 - StB 4/01 und 5/01, juris Rn. 9, BGHSt 46, 349). Vorliegend ist im Hinblick auf die Verurteilung des Angeschuld...