Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafklageverbrauch. Tateinheit bei Besitz von Betäubungsmitteln und Verstoß gegen das WaffG
Leitsatz (amtlich)
1. Führt der Täter gleichzeitig einen - einen Vorstoß gegen das Waffengesetz begründenden - Schlagring als auch Betäubungsmittel in Taschen der von ihm am Körper getragenen Jacke mit sich, kann (auch) ein funktionaler Zusammenhang der Tathandlungen naheliegend und es daher geboten sein, beide Vorwürfe als zueinander im Verhältnis der Tateinheit gemäß § 52 StGB stehend und das gesamte Geschehen als eine einheitliche prozessuale Tat im Sinne des § 264 Stopp anzusehen.
2. In dieser Konstellation begründet die gesonderte Aburteilung des Verstoßes gegen das Waffengesetz hinsichtlich des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz das Verfahrenshindernis des Strafklageverbrauchs.
Normenkette
StPO § 264; StGB § 52 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Hamm (Aktenzeichen 50 Ds 384/17) |
Tenor
Die Revision wird verworfen.
Die Landeskasse trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft Dortmund legt dem Angeklagten mit der Anklageschrift vom 25. April 2017 zur Last, am 03. März 2017 gegen 14:05 Uhr im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle auf der C Straße in I als Beifahrer eines PKW Audi A3, amtliches Kennzeichen ##-## #### ohne entsprechende Erlaubnis im Besitz von Betäubungsmitteln (0,86 g, 1,27 g und 0,62 g Marihuana) gewesen zu sein.
Das Amtsgericht Hamm - Strafrichter - hat die Anklage zunächst mit Beschluss vom 07. Juni 2017 unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht das Verfahren in der Hauptverhandlung vom 03. August 2017 wegen Vorliegens des Verfahrenshindernisses des Strafklageverbrauchs eingestellt. Nach den Feststellungen des Urteils war bei der Kontrolle weiterhin ein Schlagring gefunden worden. Nach Vergabe verschiedener Aktenzeichen hinsichtlich der Verstöße gegen das Waffengesetz bzw. das Betäubungsmittelgesetz war auf Antrag der Staatsanwaltschaft wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz bereits am 02. Juli 2017 ein Strafbefehl des Amtsgerichts Hamm (50 Cs 410 Js ###/17 - ###/17) über eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 10,00 € ergangen, welcher am 20. Juli 2017 rechtskräftig geworden ist.
Das Amtsgericht hat hierzu ausgeführt, beide Handlungen hätten eine Tat im Sinne des § 264 StPO dargestellt, da Tateinheit vorgelegen habe. Sei ein Geschehen materiellrechtlich zur Tateinheit verbunden, so liege grundsätzlich auch nur eine Tat im prozessualen Sinne vor. Eine Würdigung und Aburteilung in Abtrennung beider Dauerdelikte würde eine unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorganges darstellen, dessen Unrechts- und Schuldgehalt nur einheitlich richtig gewürdigt werden könnte. Dies gelte auch dann, wenn der Besitz des Schlagringes nicht im Zusammenhang mit dem Besitz der Betäubungsmittel gestanden habe. Die Delikte betreffend das Waffengesetz und das Betäubungsmittelgesetz stünden grundsätzlich zueinander im Verhältnis der Tateinheit für den Fall, dass beide Gegenstände bei der derselben Durchsuchung gefunden worden seien, weil für diesen Fall hinsichtlich beider Dauerdelikte von einem übereinstimmenden Besitzwillen auszugehen sei. Zwar könnten auch bei dem Zusammentreffen zweier Dauerdelikte zwei (selbstständige) Taten anzunehmen sein. Dafür sei jedoch Voraussetzung, dass erwiesenermaßen beide Dauerdelikte einmal unabhängig voneinander bestanden hätten, was vorliegend nicht nachgewiesen sei, weshalb in Anwendung des Zweifelsatzes zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen werden müsse, dass der Besitz des Schlagringes und der Betäubungsmittel gleichzeitig und getragen von einem übereinstimmenden Besitzwillen bestand. Weitergehend hat das Amtsrecht ausgeführt, dass auch für den Fall der Annahme von Tatmehrheit im Sinne des § 53 StGB vorliegend von einer prozessualen Tat im Sinne des § 264 StPO auszugehen sei, da beide Dauerdelikte vorliegend vom Unwertgehalt vergleichbar seien.
Hiergegen richtet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrem zunächst unbestimmt eingelegten Rechtsmittel, welches sie nach Zustellung des Urteils innerhalb der Revisionsbegründungsfrist als (Sprung-) Revision bezeichnet und begründet hat.
Sie beantragt,
das angefochtene Urteil mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hamm zurückzuverweisen.
Gerügt wird die Verletzung materiellen Rechts, das Amtsgericht Hamm habe das Verfahren zu Unrecht gemäß § 206a StPO eingestellt. Die Annahme des Amtsgerichts, bei dem zeitlich und örtlich zusammentreffenden Besitz von Betäubungsmitteln sowie dem Besitz des Schlagringes handele sich um eine einheitliche prozessuale Tat gemäß § 264 StPO, sei unzutreffend. Die Bewertung des Amtsgerichts, der Besitz des Marihuanas stehe mit dem Besitz des Schlagringes in Tateinheit gemäß § 52 Abs. 1 StGB, begegne durchgreifenden rechtlic...