Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Spätere Durchführung des durch nichtigen Ehevertrag ausgeschlossenen Versorgungsausgleichs. Feststellungsinteresse bei begehrter Feststellung der Unwirksamkeit des Ehevertrages nur zum Zwecke der Durchführung des Versorgungsausgleichs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Trifft das FamG im Scheidungsverbundurteil gem. § 53d FGG über den Versorgungsausgleich keine Entscheidung, weil die Parteien den Versorgungsausgleich nach § 1408 BGB ausgeschlossen haben, so steht die Rechtskraft dieses Urteils im Falle der Nichtigkeit der Vereinbarung einer späteren Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht entgegen.

2. Erstrebt die Partei mit der begehrten Feststellung der Nichtigkeit des Ehevertrages lediglich die Durchführung einer der dort ausgeschlossenen Folgesachen (hier: Versorgungsausgleich), fehlt ihr das für eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

 

Normenkette

FGG § 53d; ZPO § 256 Abs. 1; BGB § 1408 Abs. 2 S. 1; ZPO § 623 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Bremerhaven (Beschluss vom 06.10.2006; Aktenzeichen 153 F 714/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Bremerhaven vom 6.10.2006 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine Feststellungsklage; es soll festgestellt werden, dass der zwischen ihr und dem Antragsgegner geschlossene Ehevertrag nichtig sei.

Am 6.1.1992 schlossen die Parteien einen Ehevertrag. Darin haben sie u.a. den Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Die Ehe der Parteien wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 26.8.2003 geschieden. Einen Ausspruch zum Versorgungsausgleich enthält das Scheidungsurteil nicht. In den Gründen heißt es, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs wirksam ausgeschlossen worden sei. Die Antragstellerin hat im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren darauf hingewiesen, es gehe ihr allein darum, dass der Versorgungsausgleich durchgeführt werde (vgl. S. 2 des Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vom 24.8.2006, Bl. 18 d.A.).

Den Antrag, ihr für eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Ehevertrages Prozesskostenhilfe zu bewilligen, hat das FamG mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Der beabsichtigten Feststellungsklage fehle es am Rechtsschutzinteresse. Durch das Scheidungsurteil sei rechtskräftig entschieden worden, dass ein Versorgungsausgleich nicht durchzuführen sei. Ob die sonstigen Vereinbarungen unwirksam seien, sei nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht zu prüfen gewesen, da sie lediglich die Feststellung der Unwirksamkeit der Vereinbarung zum Versorgungsausgleich begehrt habe.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.

Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567, 569 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin, der das FamG nicht abgeholfen hat, ist nicht begründet.

Das FamG hat den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Zwar steht der beabsichtigten Feststellungsklage die Rechtskraft des Scheidungsurteils nicht entgegen. Es fehlt der Antragstellerin aber an dem für eine Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse.

Entgegen der Auffassung des FamG erstreckt sich die Rechtskraft des Scheidungsurteils vom 26.8.2003 nicht auf den Versorgungsausgleich.

Gemäß § 53d FGG findet eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich insoweit nicht statt, als die Ehegatten den Versorgungsausgleich namentlich nach § 1408 Abs. 2 BGB ausgeschlossen haben. Die Vorschrift zieht aus der materiellrechtlichen Regelung die Folgerung für das Verfahrensrecht (Keidel/Kuntze/Weber, FGG, 15. Aufl., § 53d Rz. 2). Von daher kann der Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs in solchen Fällen nicht die Rechtskraft des Scheidungsurteils entgegenstehen (ebenso OLG Düsseldorf v. 22.9.2005 - II-1 UF 22/05, OLGReport Düsseldorf 2006, 245 = FamRZ 2006, 793, 794).

Freilich greift § 53d FGG dann nicht Platz, wenn das FamG davon überzeugt ist, dass die Vereinbarung zum Versorgungsausgleich nichtig ist. Dann muss das Gericht in der Sache entscheiden. Gleiches gilt für den Fall, dass zwar Nichtigkeit eingewandt wird, das Gericht sie aber nicht als gegeben erachtet. In einem solchen Falle hat das Gericht entsprechende - dann auch der Rechtskraft fähige - Feststellungen zu treffen (Keidel/Kuntze/Weber, a.a.O., Rz. 7).

Offensichtlich war eine etwaige Nichtigkeit des Ehevertrages in dem Scheidungsverfahren jedoch nicht thematisiert worden. Ausweislich des Protokolls des FamG vom 26.8.2003 haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs durch Ehevertrag ausgeschlossen worden sei (vgl. Bl. 28 d.A.). Sodann hat das FamG noch im selben Termin das Scheidungsurteil verkündet, wobei der Versorgungsausgleich im Tenor des Urteils keine Erwähnung gefunden hat und etwaige Bedenken gegen die Wirksamkeit seines Ausschlusse...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge