Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersetzung der Zustimmung des sorgeberechtigten Elternteils zur Durchführung einer Haaranalyse bei vermutetem Kontakt des Kindes mit Betäubungsmitteln
Leitsatz (amtlich)
Verweigert ein sorgeberechtigter Elternteil im Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB die Zustimmung zur Durchführung einer Haaranalyse bei seinem Kind, obwohl aufgrund zweier vorangegangener Haaranalysen feststeht, dass in der Umgebung des Kindes mit Drogen umgegangen wurde, so kann das Familiengericht die Zustimmung des Elternteils im Wege der einstweiligen Anordnung gem. § 1666 Abs. 3 Nr. 5 BGB ersetzen.
Normenkette
BGB § 1666 Abs. 3 Nr. 5; FamFG § 49
Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 17.12.2013; Aktenzeichen 70 F 2979/13 EASO) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 17.12.2013 hinsichtlich der Abs. 2 bis 5 des Tenors aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Kindesmutter zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Kindesmutter ist allein sorgeberechtigt für ihren Sohn X., geboren am [...] 2007. Aufgrund einer Mitte Januar 2011 erfolgten Polizeimeldung, wonach die Kindesmutter mit Heroin aufgegriffen worden sei, nahm das Jugendamt Bremen Kontakt zu ihr auf. Weil die Kindesmutter zunächst die Einsetzung einer sozialpädagogischen Familienhilfe ablehnte, leitete das Jugendamt ein Sorgerechtsverfahren beim AG - Familiengericht - Bremen ein, welches unter dem Az. 70 F 2043/11 SO geführt wurde. Aufgrund einer von der Kindesmutter im Anhörungstermin vom 1.7.2011 erteilten Zustimmung zur Einsetzung einer Familienhilfe wurde das Verfahren eingestellt. Mit Schreiben vom 16.9.2011 leitete das Jugendamt mit der Begründung, die Kindesmutter nehme die sozialpädagogische Familienhilfe auch weiterhin nicht an, erneut ein gerichtliches Sorgerechtsverfahren ein, welches vom AG unter dem Az. 70 F 3344/11 SO geführt wird. In der Folgezeit wurden bei X. zwei Haaranalysen durchgeführt, denen die Kindesmutter jeweils zustimmte. Den entsprechenden Untersuchungsberichten der Charité vom 25.10.2011 (Probenentnahme soweit ersichtlich wohl vom 4.10.2011) und 4.3.2013 (Probenentnahme vom 13.12.2012) ist zu entnehmen, dass bei beiden Untersuchungen Abbauprodukte von Heroin und Kokain in geringer Konzentration gefunden wurden, was darauf schließen lässt, dass in der Umgebung des Kindes mit Kokain und Heroin umgegangen wurde. Wegen der Einzelheiten der Befunde wird auf die Untersuchungsberichte verwiesen. Bei sich selbst verweigerte die Kindesmutter die Entnahme einer Haarprobe zur Durchführung einer Haaranalyse. Sie erklärte sich lediglich zur Durchführung von Urinkontrollen bereit. Im Übrigen verbesserte sich jedoch während des Verlaufs des vom AG geführten Hauptsacheverfahrens 70 F 3344/11 SO die Zusammenarbeit zwischen dem Helfersystem und der Kindesmutter stetig. Mit der zwischenzeitig eingesetzten Familienhilfe arbeitet sie gut zusammen. X. s Entwicklung ist nach dem Eindruck der Verfahrensbeteiligten und der eingesetzten Familienhelferin positiv einzuschätzen. Eine nach dem Vorfall von Januar 2011 begonnene Substitution hat die Kindesmutter nach eigenen Angaben zwischenzeitlich beendet. Das AG beabsichtigt nunmehr mit dem Ziel einer möglichst baldigen Einstellung des Sorgerechtsverfahrens zum Nachweis der Drogenfreiheit der Kindesmutter die Durchführung einer weiteren Haaranalyse, entweder bei X. oder bei der Kindesmutter selbst. Beides wird von der Kindesmutter verweigert. Deswegen hat das AG mit Verfügung vom 20.8.2013 das vorliegende Verfahren der einstweiligen Anordnung eingeleitet und nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und persönlicher Anhörung des Kindes mit dem angefochtenen Beschluss die Einwilligung der Kindesmutter zur Entnahme einer Haarprobe bei ihrem Sohn X. zum Zwecke der Durchführung einer Haaranalyse ersetzt und insoweit das Jugendamt Bremen als Pfleger eingesetzt. Gegen diesen ihr am 20.12.2013 zugestellten Beschluss wendet sich die Kindesmutter mit ihrer am 3.1.2014 beim AG eingegangenen Beschwerde, mit welcher sie geltend macht, die Anordnung der Entnahme einer Haarprobe bei X. sei unverhältnismäßig, weil keine Anhaltspunkte für einen Drogenmissbrauch vorlägen. Durch die Probenentnahme würde X. aufgrund der entstehenden sichtbaren kahlen Stelle stigmatisiert. Ferner habe sie als milderes Mittel angeboten, zum Nachweis der Drogenfreiheit Urinkontrollen durchzuführen.
Das Jugendamt und der eingesetzte Verfahrensbeistand halten die Durchführung einer Haaranalyse bei X. für erforderlich.
II. Die gem. § 57 S. 2 Nr. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache nur im Hinblick auf die Anordnung der Pflegschaft und die auf der Anordnung der Pflegschaft beruhenden Maßnahmen Erfolg. Keinen Erfolg hat die Beschwerde, soweit ...