Entscheidungsstichwort (Thema)
Rangverhältnis mehrerer Unterhaltsschuldner. Haftungsanteile des geschiedenen Ehemannes und des Vaters eines nichtehelichen Kindes
Leitsatz (amtlich)
1. Der Grundsatz, wonach bei dem Zusammentreffen eines Anspruchs aus § 1615l BGB mit einem Anspruch der Mutter gegen ihren geschiedenen Ehemann wegen der Betreuung ehelicher Kinder beide Väter in entsprechender Anwendung des § 1603 Abs. 3 S. 1 BGB anteilig haften, gilt nicht nur für den Trennungsunterhalt (BGH v. 21.1.1998 - XII ZR 85/96, MDR 1998, 473 m. Anm. Wenger = FamRZ 1998, 541 [543]), sondern auch nach der Scheidung.
2. Bei der Ermittlung der Haftungsanteile sind zunächst das bereinigte Nettoeinkommen jedes Verpflichteten zu ermitteln, vom Restbetrag der jeweilige Selbstbehalt abzuziehen und die Ergebnisse zueinander ins Verhältnis zu setzen; sodann können unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die ermittelten Anteile nach oben oder unten korrigiert werden.
Normenkette
BGB §§ 1570, 1615 Abs. 1, § 1606 Abs. 3 S. 1
Tenor
Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Parteien sind seit 2001 geschiedene Eheleute. Das gemeinsame Kind lebt bei der Klägerin. Die Klägerin ist am 24.2.2003 Mutter eines weiteren Kindes geworden, dessen Vater Herr ist. Vor der Geburt des Kindes gab die Klägerin zum 31.12.2002 ihre bis dahin ausgeübte Teilzeiterwerbstätigkeit auf.
Der Beklagte zahlt für den gemeinsamen Sohn der Parteien einen monatlichen Unterhalt i. H. von 121 % des Regelbetrages sowie für die Klägerin einen Unterhalt i. H. von 101 EUR.
Der Beklagte verfügt über ein durchschnittliches Nettoeinkommen i.H.v. 1.652,90 EUR, Herr über ein Nettoeinkommen i.H.v. 1.573,64 EUR. Die Klägerin, die sich ein fiktives Einkommen von 500 EUR anrechnen lässt, nimmt den Beklagten auf anteiligen Unterhalt (358 EUR) in Anspruch.
Das AG - FamG - hat unter Berücksichtigung der vom BGH entwickelten Grundsätze über die anteilige Haftung des Ehemannes und des Vaters eines nichtehelichen Kindes den Beklagten zur Zahlung von laufendem und rückständigen Unterhalt verurteilt. Hiergegen will sich der Beklagte mit seiner beabsichtigten Berufung wenden, für die er Prozesskostenhilfe begehrt. Er beruft sich darauf, dass die Rechtsprechung des BGH nur für den Trennungsunterhalt gelte, nicht aber für den nachehelichen Unterhalt. Unabhängig davon habe er für den ungedeckten Beadarf der Klägerin, der auf der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Vaters des nichtehelichen Kindes beruhe, nicht einzustehen. Außerdem seien der Klägerin mindestens 600 EUR anzurechnen, da sie ein Nettoeinkommen in dieser Höhe erzielen könne. Im Übrigen rügt er die Aktivlegitimation der Klägerin bzgl. des geltend gemachten rückständigen Unterhalts.
II. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Beklagten bietet keine Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 114 ZPO. Der Beklagte schuldet der Klägerin den vom AG - FamG - ausgeurteilten Unterhalt in voller Höhe (§§ 1570, 1573 Abs. 2 BGB).
Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das AG zu Recht seiner Entscheidung die vom BGH (BGH v. 21.1.1998 - XII ZR 85/96, MDR 1998, 473 m. Anm. Wenger = FamRZ 1998, 541 [543]) entwickelten Grundsätze zugrunde gelegt, wonach bei einem Zusammentreffen eines Anspruchs aus § 1615l BGB mit einem Anspruch der Mutter gegen ihren Ehemann wegen der Betreuung ehelicher Kinder beide Väter anteilig in entsprechender Anwendung des § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB eintreten müssen. Dem steht nicht entgegen, dass die genannte Entscheidung des BGH in einem Fall ergangen ist, in dem Unterhalt nach § 1615l BGB mit Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB) zusammentraf. Die dort aufgestellten Grundsätze müssen in gleicher Weise gelten, wenn der Betreuungsunterhalt nach der Scheidung geschuldet wird (Wever/Schilling, FamRZ 2002, 581 [587]; Büttner, FamRZ 2000, 781 [784]; Wendl/Pauling, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., 2004, § 6 Rz. 769; Wever in Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht, § 11 Rz. 81). Dies entspricht auch dere am 15.12.2004 ergangenen Entscheidung des BGH (BGH v. 15.12.2004 - XII ZR 26/03, BGHReport 2005, 431 = MDR 2005, 576 = FamRZ 2005, 357 [358]), in der es um zwei nach § 1615l BGB unterhaltspflichtige Väter geht. Dort hat der BGH unter Hinweis auf seine grundlegende Entscheidung aus dem Jahre 1998 (BGH v. 21.1.1998 - XII ZR 85/96, MDR 1998, 473 m. Anm. Wenger = FamRZ 1998, 541 ff.) betont, dass mehrere unterhaltspflichtige Väter regelmäßig anteilig für den Unterhalt der Mutter eines nichtehelichen Kindes haften.
Das AG hat auch den Unterhaltsbedarf der Klägerin zutreffend ermittelt. Maßgebend für die Bedarfsberechnung ist die Lebensstellung der Klägerin. Diese ist geprägt durch die ehelichen Lebensverhältnisse aus der Ehe mit dem Beklagten (§ 1578 BGB); der sich daraus ergebende Bedarf gilt sowohl im Verhältnis zu dem Beklagten als auch im Verhältnis zu dem Vater des nichtehelichen Kindes der Klägerin (BGH v. 21.1.1998 - XII ZR 85/96, MDR 1998, 473 m. Anm. Wenger = Fa...