Leitsatz
In einem Unterhaltsrechtsstreit nahm die Klägerin ihren geschiedenen Ehemann auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Anspruch. Sie hatte nach der Scheidung ein Kind von einem neuen Partner geboren und ging einer Erwerbstätigkeit nicht nach.
Sachverhalt
Die Ehe der Parteien war im Jahre 2001 geschieden worden. Das gemeinsame Kind lebte bei der Klägerin, die am 24.2.2003 ein Kind von ihrem neuen Partner geboren hatte. Vor der Geburt dieses Kindes gab die Klägerin zum 31.12.2002 ihre bis dahin ausgeübte Teilzeiterwerbstätigkeit auf.
Die Klägerin nahm den geschiedenen Ehemann auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Anspruch. Der Beklagte zahlte für den gemeinsamen Sohn der Parteien Unterhalt i.H.v. 121 % des Regelbetrages sowie für die Klägerin Unterhalt i.H.v. 101,00 EUR. Er verfügte über ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 1.652,90 EUR monatlich, der Vater des im Jahre 2003 geborenen Kindes über ein solches in Höhe von 1.573,64 EUR. Die Klägerin ließ sich ein fiktives Einkommen von 500,00 EUR anrechnen und nahm den Beklagten auf anteiligen Unterhalt i.H.v. 358,00 EUR in Anspruch.
Das erstinstanzliche Gericht hat den geschiedenen Ehemann unter Berücksichtigung der vom BGH entwickelten Grundsätze über die anteilige Haftung des Ehemannes und des Vaters eines nichtehelichen Kindes zur Zahlung laufenden und rückständigen Unterhalts verurteilt.
Der Beklagte wehrte sich gegen dieses Urteil und beantragte Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren, die ihm nicht gewährt wurde.
Entscheidung
Das OLG verwies in seiner Entscheidung auf die vom BGH (BGH v. 21.1.1998 - XII ZR 85/96, MDR 1998, 473 m. Anm. Wenger = FamRZ 1998, 541 [543]) entwickelten Grundsätze, wonach bei einem Zusammentreffen eines Anspruchs aus § 1615l BGB mit einem Anspruch der Mutter gegen den geschiedenen Ehemann wegen der Betreuung ehelicher Kinder beide Väter anteilig in entsprechender Anwendung des § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB eintreten müsse. Diese Grundsätze seien auch auf den nachehelichen Unterhalt uneingeschränkt anwendbar.
Das OLG nahm eine zweistufige Berechnung vor. Zunächst wurde das bereinigte Nettoeinkommen beider Unterhaltsverpflichteter ermittelt, der jeweilige Selbstbehalt abgesetzt und anschließend die verbleibenden Beträge zueinander ins Verhältnis gesetzt. In der zweiten Stufe wurde im Rahmen einer Billigkeitsabwägung der jeweilige Haftungsanteil ermittelt.
Hierbei wurde einerseits berücksichtigt, dass der Kindesvater für den Einkommensausfall der Kindesmutter voll aufzukommen hatte, andererseits aber auch, dass der geschiedene Ehemann auf Unterhalt nur soweit in Anspruch genommen werden konnte, als ein Anspruch auch ohne die nicht eheprägende Geburt des nichtehelichen Kindes bestehen würde.
Hinweis
In Fällen wie dem hier vom OLG Bremen entschiedenen sollte stets auch der Tatbestand der Verwirkung gem. § 1579 Nr. 7 BGB geprüft werden. Dies im Hinblick darauf, dass ein gemeinsames Kind häufig ein Indiz für eine auf Dauer angelegte, verfestigte Lebensgemeinschaft sein dürfte. Die Grundsätze der anteiligen Haftung des Vaters des nichtehelichen Kindes und des geschiedenen Ehemannes gelten allerdings in vollem Umfang, wenn die geschiedene Ehefrau auch vom Vater des nach der Ehescheidung geborenen Kindes getrennt lebt.
Link zur Entscheidung
OLG Bremen, Beschluss vom 11.04.2005, 4 UF 9/05, 60 F 286/04