Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung bei Rücknahme eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG bei Neubescheidung zugunsten des Antragstellers nach Rechtshängigkeit. Strafprozessrecht, Strafvollzug, Veranlasserhaftung, Kosten bei fehlerhafter Sachbehandlung
Leitsatz (amtlich)
1. Nach der Rücknahme eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG trägt der Antragsteller die Gerichtskosten aus dem Grundsatz der Veranlasserhaftung nach den §§ 1 Abs. 2 Nr. 19, 22 GNotKG.
2. Erfolgt die Rücknahme eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG nach einer Neubescheidung zugunsten des Antragstellers nach Rechtshängigkeit, kann nach dem Rechtsgedanken des § 21 Abs. 1 GNotKG zur Nichterhebung von Kosten bei fehlerhafter Sachbehandlung von der Erhebung von Gerichtskosten gegen den Antragsteller abzusehen sein.
3. Wird ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG beiderseits für erledigt erklärt, ist nach dem Kostenverzeichnis zum GNotKG das Anfallen von Gerichtsgebühren nicht vorgesehen.
4. Die Belastung der Staatskasse mit den zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers bleibt auch bei Begründetheit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 30 S. 1 EGGVG die Ausnahme und kommt danach insbesondere bei einem offensichtlich fehlerhaften oder willkürlichen Verhalten der Justizbehörde in Betracht. Allein der Umstand, dass nach Rechtshängigkeit eine Neubescheidung zugunsten des Antragstellers erfolgt ist, genügt hierfür noch nicht.
Normenkette
EGGVG §§ 23, 30; GNotKG §§ 21-22; GNotKG-KV 15300
Tenor
I. Nach der Rücknahme des Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin über die Ablehnung der Verlegung des Antragstellers in die Justizvollzugsanstalt Bremen wird von der Erhebung von Gerichtskosten abgesehen. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers trägt dieser selbst.
II. Der Geschäftswert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller, der zu diesem Zeitpunkt in der JVA B. eine Freiheitsstrafe verbüßte, beantragte am 05.04.2022 die Verlegung in die JVA U. im Land N., da er in der Umgebung (L.) lebende Bekannte habe und in L. auch längere Zeit in der dortigen forensischen Klinik verbracht habe. Die Antragsgegnerin lehnte mit Bescheid vom 10.06.2022 die Verlegung ab, da die Angaben des Antragstellers keinen qualifizierten sozialen Empfangsraum begründeten.
Mit Antrag vom 11.07.2022 beantragte der Antragsteller die gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG gegen die Verweigerung der Zustimmung durch die Antragsgegnerin. Mit bei Gericht am 09.08.2022 eingegangener Verfügung erklärte die Antragsgegnerin darauf die Zustimmung zur Verlegung des Antragstellers, da nach erneuter Prüfung die Beziehung des Inhaftierten zu dessen Mutter und Bruder in B. für den Verbleib in B. als nicht tragfähig beurteilt wurde und mehr soziale Anknüpfungspunkte in L. angenommen wurden. Der Antragsteller hat sodann mit Schriftsatz vom 23.08.2022 seinen Antrag zurückgenommen.
II.
1. Der Antrag des Antragstellers vom 11.07.2022 auf gerichtliche Entscheidung gegen die Versagung der Zustimmung durch die Antragsgegnerin zur länderübergreifenden Verlegung war statthaft nach § 23 EGGVG (vgl. BGH, Beschluss vom 18.04.2001 - 2 ARs 71/01, juris Rn. 3, NStZ-RR 2002, 26; KG Berlin, Beschluss vom 12.03.2018 - 5 VAs 29/17, juris Rn. 7, StraFo 2019, 392; BeckOK/Kaestner, Ed. 12, § 26 StVollstrO Rn. 43), ist frist- und formgerecht eingelegt worden (§ 26 Abs. 1 EGGVG) und war wegen der geltend gemachten Rechtsverletzung damit zulässig.
2. Nach der Rücknahme des Antrags durch den Antragsteller nach erfolgter Bescheidung durch die Antragsgegnerin entsprechend seinem ursprünglichen Antrag sind nach KV 15300 GNotKG Gerichtskosten in Höhe einer halben Gebühr angefallen. Generell hat bei einem erfolglosen Antrag nach § 23 EGGVG der Antragsteller aus dem Grundsatz der Veranlasserhaftung nach den §§ 1 Abs. 2 Nr. 19, 22 GNotKG die Gerichtskosten zu tragen, ohne dass dies einer ausdrücklichen Tenorierung bedürfte (siehe BeckOK/Köhnlein, Ed. 20, § 30 EGGVG Rn. 4; Zöller/Herget, 34. Aufl., § 30 EGGVG Rn. 1). Nach dem Rechtsgedanken des § 21 Abs. 1 GNotKG zur Nichterhebung von Kosten bei fehlerhafter Sachbehandlung ist ungeachtet der Rücknahme des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG von der Erhebung von Gerichtskosten gegen den Antragsteller abzusehen, da die Antragsrücknahme auf eine nach Stellung des Antrags nach § 23 EGGVG erfolgte Erklärung der begehrten Zustimmung seitens der Antragsgegnerin hin erfolgte. Damit entspricht hinsichtlich der Gerichtskosten die Kostenfolge dem hier vergleichbaren Fall, dass nach einer Neubescheidung nach Rechtshängigkeit des Antrags nach § 23 EGGVG eine Erledigungserklärung des Verfahrens erfolgt, da für den Fall der Erledigung bereits nach dem Kostenverzeichnis zum GNotKG das Anfallen von Gerichtsgebühren im Verfahren über die Anfechtung von Justizverwaltungsakten...