Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermessen des Familiengerichts bei der Anordnung von Ordnungsmitteln bei Verstößen gegen Gewaltschutzanordnungen (hier: Anordnung einer Ordnungshaft von 40 Tagen)
Leitsatz (amtlich)
Es begegnet keinen Bedenken, wenn das Familiengericht - bei fehlenden Anhaltspunkten für eine vom Schuldner darzulegende und zu beweisende Schuldunfähigkeit - im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens bei Anordnung einer Ordnungshaft von 40 Tagen wegen zweier Verstöße gegen eine Gewaltschutzanordnung u.a. auf Unterschiede in Alter und körperlicher Verfassung der Beteiligten sowie die aus anderen Verfahren bekannte Neigung des Antragsgegners abstellt, schwächeren Personen gegenüber bedrohlich aufzutreten, um vermeintliche Ansprüche durchzusetzen.
Normenkette
FamFG § 96 Abs. 1 S. 3; ZPO § 890 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bremen (Aktenzeichen 65 F 7390/15) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremen vom 23.11.2016 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 1.000 festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde vom 6.12.2016 gegen die mit dem ihm am 25.11.2016 zugestellten Beschluss des Familiengerichts vom 23.11.2016, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, erfolgte Festsetzung einer Ordnungshaft von 40 Tagen wegen zweier - Anfang Februar 2016 und am 10.5.2016 begangener - Verstöße gegen vom Familiengericht auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 15.12.2015 im Wege einstweiliger Anordnung getroffene, bis zum 15.5.2016 befristete Unterlassungsanordnungen nach § 1 Gewaltschutzgesetz. Zur Begründung seines Rechtsmittels macht er im Wesentlichen geltend, mit der Frage seiner Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt der Verstöße gegen die Gewaltschutzanordnung habe sich das Familiengericht trotz Kenntnis seines Suchtproblems und bestehender rechtlicher Betreuung nicht auseinandergesetzt. Hätte es dies getan, hätten sich durchgreifende Zweifel an der Schuldfähigkeit ergeben. Ergänzend nimmt der Antragsgegner Bezug auf ein im Ermittlungsverfahren 211 Js 14526/16 von der Staatsanwaltschaft Bremen eingeholtes psychiatrisch-psychologisches Gutachten vom 8.11.2016.
Das Familiengericht hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 23.2.2017, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, nicht abgeholfen und das Verfahren dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Die angefochtene Entscheidung ist nicht zu beanstanden. Die objektiven Voraussetzungen für die Festsetzung von - in der einstweiligen Anordnung vom 15.12.2015 angedrohten (§ 890 Abs. 2 ZPO) - Ordnungsmitteln nach dem über § 96 Abs. 1 S. 3 FamFG anwendbaren § 890 Abs. 1 ZPO liegen unstreitig vor.
Das Familiengericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die beiden Verstöße gegen die Gewaltschutzanordnung von dem Antragsgegner schuldhaft vorgenommen worden sind. In seinem Nichtabhilfebeschluss vom 23.2.2017 hat das Familiengericht im Einzelnen - und von dem Antragsgegner unwidersprochen - dargelegt, dass und wie es die Frage der Schuldfähigkeit - mit positivem Ergebnis - geprüft hat. Dies findet seine Bestätigung in der vom Senat unter anderem beigezogenen Akte des Verfahrens des Familiengerichts zur Gesch.-Nr. 65 F 3108/16, bei dem es sich ersichtlich um das vom Familiengericht im Nichtabhilfebeschluss vom 23.2.2017 genannte Parallelverfahren handelt. In den Gründen des dortigen Beschlusses hat das Familiengericht festgestellt, dass sich aus dem im Betreuungsverfahren des Antragsgegners eingeholten psychiatrischen Gutachtens unter anderem ergebe, dass der Antragsgegner an einer chronischen Suchterkrankung leide, jedoch als voll steuerungsfähig anzusehen sei. Zutreffend weist das Familiengericht im Nichtabhilfebeschluss vom 23.2.2017 - von dem Antragsgegner ebenfalls unwidersprochen - darüber hinaus darauf hin, dass sich auch nichts anderes aus dem von dem Antragsgegner vorgelegten, im Auftrag der Staatsanwaltschaft Bremen erstellten Gutachten ergibt. Im Gegenteil wird dort unter anderem (S. 73 f. des Gutachtens) bezogen auf die Zeitspanne Dezember 2015 bis Februar 2016 (vgl. S. 72 des Gutachtens) ausgeführt, dass sich bei dem Antragsgegner keine "über die chronische Reizbarkeit, eine gewissermaßen xenophobische Einstellung des Probanden und die, lt. polizeilicher Einschätzung beim Einsatz am 25.1.2016 vorgefundene, "leichte Alkoholisierung" hinausgehenden Merkmale, die für die Annahme einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit bzgl. des verbal aggressiven Verhaltens des Probanden sprechen könnten" fänden. Vor diesem Hintergrund fehlender konkreter Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit des Antragsgegners sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass den Antragsgegner für seine Schuldunfähigkeit im Zeitpunkt der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen die Beweislast trifft (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 890 Rn. 5; Prütting/G...