Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung von Ordnungsmitteln bei eingeschränkter Schuldfähigkeit des Verpflichteten
Leitsatz (amtlich)
1. Die Anordnung von Ordnungsmitteln gem. §§ 95 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, 890 ZPO setzt voraus, dass der Verpflichtete schuldfähig ist.
2. Eine eingeschränkte Schuldfähigkeit des Verpflichteten ist aber bei der Zumessung der Ordnungsmittel zu berücksichtigen.
Normenkette
FamFG § 95 Abs. 1 Nr. 4; GewSchG § 1; ZPO § 890
Verfahrensgang
AG Bremen-Blumenthal (Beschluss vom 28.11.2014; Aktenzeichen 71a F 380/14) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen-Blumenthal vom 28.11.2014 dahingehend abgeändert, dass das festgesetzte Ordnungsgeld auf 1.000 EUR und die festgesetzte Ersatzordnungshaft auf 10 Tage reduziert werden.
2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
3. Von der Erhebung der Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
4. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten haben eine Beziehung miteinander geführt. Seit September 2013 leben sie voneinander getrennt. Auf den Antrag des Antragstellers vom 15.5.2014 (Bl. 1 ff. HA), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das AG - Familiengericht - Bremen-Blumenthal mit Beschluss vom selben Tage im Wege der einstweiligen Anordnung Maßnahmen nach dem GewSchG - befristet bis zum 15.11.2014 - gegen die Antragsgegnerin erlassen. Wegen der Maßnahmen im Einzelnen wird auf den Beschluss vom 15.5.2014 (Bl. 5 ff. HA) verwiesen. Am 30.5.2014 hat der Antragsteller beim Familiengericht beantragt, gegen die Antragsgegnerin wegen Zuwiderhandlung gegen den Beschluss vom 15.5.2014 Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, festzusetzen. Mit Beschluss vom 17.6.2014 hat das Familiengericht gegen die Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld i.H.v. 250 EUR, ersatzweise 5 Tage Ordnungshaft, verhängt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat der Senat mit Beschluss vom 6.8.2014 (4 UF 101/14) zurückgewiesen. Am 23.9.2014 hat der Antragsteller beim Familiengericht Bremen-Blumenthal beantragt, gegen die Antragsgegnerin wegen erneuter Zuwiderhandlungen gegen den Beschluss vom 15.5.2014 ein weiteres Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, festzusetzen. Mit Beschluss vom 30.9.2014 (60 XVII S 289/14) hat das AG - Betreuungsgericht - Bremen-Blumenthal für die Antragsgegnerin eine rechtliche Betreuung mit den Aufgabenkreisen Gesundheitssorge, Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten sowie Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten eingerichtet. Zur Betreuerin ist Frau Rechtsanwältin [...] bestellt worden. Mit Beschluss vom 14.11.2014 hat das Familiengericht auf Antrag des Antragstellers die mit dem Beschluss vom 15.5.2014 getroffenen Maßnahmen bis zum 14.5.2015 verlängert.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 28.11.2014 hat das Familiengericht gegen die Antragsgegnerin ein weiteres Ordnungsgeld i.H.v. 2.000 EUR, ersatzweise 20 Tage Ordnungshaft, festgesetzt. Wegen der zugrunde liegenden Zuwiderhandlungen wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Gegen diesen, ihrer rechtlichen Betreuerin am 11.12.2014 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 18.12.2014 beim Beschwerdegericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Der Senat hat im Beschwerdeverfahren zur Frage der Schuldfähigkeit der Antragsgegnerin ein schriftliches psychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen FA für Psychiatrie [...] vom 17.6.2015 (gemeint wohl: 17.3.2015; Bl. 44 Sonderakte OV2, 2. Ordnungsgeld) verwiesen.
II. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde (§§ 87 Abs. 1 FamFG, 567, 569 ZPO) hat in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Der Beschluss des AG vom 15.5.2014 ist ein Vollstreckungstitel i.S.d. § 86 Abs. 1 Ziff. 1 FamFG. Die Antragsgegnerin ist gem. § 89 Abs. 2 FamFG im Beschluss vom 15.5.20014 auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hingewiesen worden. Der Beschluss ist der Antragsgegnerin vor Einleitung des Vollstreckungsverfahrens zugestellt worden (vgl. § 87 Abs. 2 FamFG).
Zu Recht geht das AG davon aus, dass die Antragsgegnerin durch ihr in der Antragsschrift vom 23.9.2014 geschildertes Verhalten gegen die Verpflichtungen aus dem Beschluss vom 15.5.2014 verstoßen hat. Der Antragsteller hat seinem Antrag vom 23.9.2014 eine tabellarische Aufstellung der von ihm behaupteten Verstöße der Antragsgegnerin durch Telefonanrufe, SMS und Besuche vor Ort aufgeführt. Die Verstöße sind teilweise nach Datum und Uhrzeit präzise angegeben und im Übrigen durch Nennung des Datums zeitlich eingegrenzt. Soweit die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Beschwerde die Vorwürfe bestreite...