Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Terminsgebühr nach Nr. 6102 VV-RVG für die Teilnahme an Vernehmungen des Verfolgten vor dem Amtsgericht. Strafprozessrecht. Europäischer Haftbefehl. Auslieferungsverfahren. richterliche Vernehmung. Terminsgebühr
Leitsatz (amtlich)
Für die Teilnahme des Beistands des Verfolgten im Rahmen des Auslieferungsverfahrens an einem Termin zur Vernehmung des Verfolgten vor dem Amtsgericht nach den §§ 21, 22 oder 28 IRG fällt keine Terminsgebühr nach Nr. 6102 VV-RVG an. Das Anfallen der Terminsgebühr nach Nr. 6102 VV-RVG ist lediglich für die Teilnahme an mündlichen Verhandlungen vor dem Oberlandesgericht vorgesehen.
Normenkette
IRG §§ 21-22, 28; VV-RVG Nr. 6102
Tenor
Die Erinnerung des Beistands des Verfolgten vom 10.07.2018 gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 29.06.2018 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
I.
Rechtsanwalt ... ist mit Beschluss des Vorsitzenden des Senats vom 19.01.2018 nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 IRG zum Beistand des Verfolgten bestimmt worden, der am 18.01.2018 aufgrund einer spanischen Ausschreibung zur Festnahme im Schengener Informationssystem in Bremen festgenommen wurde.
Der Verfolgte wurde nach seiner Festnahme am 18.01.2018 im Beisein des Beistands vom Vorermittlungsrichter des Amtsgerichts Bremen nach den §§ 22 Abs. 2, 28 Abs. 2 IRG richterlich vernommen. Der Verfolgte wurde nach den §§ 22 Abs. 2, 28 Abs. 2 IRG belehrt und erhob Einwendungen gegen die Auslieferung. Es wurde in diesem Termin durch das Amtsgericht eine Festhalteanordnung gegen den Verfolgten verkündet. Der Senat erließ sodann am 29.01.2018 auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Bremen einen vorläufigen Auslieferungshaftbefehl. Da bei der Vernehmung am 18.01.2018 die deutsche Übersetzung des Europäischen Haftbefehls des Ermittlungsgerichts in Malaga noch nicht vorlag, der die Einzelheiten der dem Verfolgten zur Last gelegten Tat zu entnehmen waren, wurde der Verfolgte am 06.02.2018 nochmals im Beisein des Beistands vom Vorermittlungsrichter des Amtsgerichts Bremen nach § 28 Abs. 2 IRG richterlich vernommen. Der Senat erließ sodann am 12.02.2018 einen weiteren Auslieferungshaftbefehl in Ersetzung des vorläufigen Auslieferungshaftbefehls vom 29.01.2018. Mit Beschluss vom 21.02.2018 hat der Senat auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Bremen die Auslieferung des Verfolgten an das Königreich Spanien zum Zwecke der Strafverfolgung wegen der in dem Europäischen Haftbefehls des Ermittlungsgerichts in Malaga aufgeführten Taten für zulässig erklärt.
Mit Schriftsatz vom 20.06.2018 beantragte der Beistand die Festsetzung von Gebühren und Auslagen für seine Tätigkeit in diesem Auslieferungsverfahren i.H.v. insgesamt EUR 1120,86 incl. MWSt., darunter auch einen Betrag von EUR 156,- zzgl. MWSt. für eine Gebühr nach Nr. 6100 VV-RVG sowie einen Betrag von EUR 424,- zzgl. MWSt. für eine Gebühr nach Nr. 6102 VV-RVG.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat mit Beschluss vom 29.06.2018 die dem Beistand aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf EUR 430,66 festgesetzt und dabei gegenüber dem Antrag des Beistands vom 20.06.2018 die Gebühren nach Nr. 6100 VV-RVG sowie nach Nr. 6102 VV-RVG abgesetzt.
Hiergegen wendet sich der Beistand mit seinem als Beschwerde bezeichneten Rechtsmittel vom 10.07.2018, mit dem er geltend macht, dass auch die Anhörung nach § 28 IRG als gerichtlicher Termin anzusehen sei, so dass für die Teilnahme hieran eine Gebühr nach Nr. 6102 VV-RVG entstehe. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat dem als Erinnerung behandelten Rechtsmittel mit Beschluss vom 18.07.2018 nicht abgeholfen.
II.
Das Rechtsmittel des Beistands vom 10.07.2018 ist statthaft und zulässig als Erinnerung gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 29.06.2018. Die Erinnerung ist aber nicht begründet.
1. Das Rechtsmittel des Beistands vom 10.07.2018 ist zwar als Beschwerde bezeichnet, als solche wäre es aber unzulässig, da eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtspflegers gemäß § 77 Abs. 1 IRG i.V.m. 304 Abs. 4 S. 2 StPO nicht statthaft ist, da gegen einen Beschluss des Oberlandesgericht das Rechtsmittel einer Beschwerde grundsätzlich nicht gegeben ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 01.03.2007 - (2) 4 Ausl A 34/05 (220/06), juris Rn. 6, JurBüro 2007, 309). Stattdessen ist das Rechtsmittel gemäß den §§ 77 Abs. 1 IRG i.V.m. 300 StPO so auszulegen, dass es den vom Rechtsmittelführer erkennbar angestrebten Zweck möglichst erreicht (siehe BGH, Urteil vom 16.02.1956 - 3 StR 473/55, BeckRS 9998, 121187, NJW 1956, 756), und danach statthaft und zulässig als Erinnerung gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 29.06.2018 gemäß den §§ 55, 56 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 RVG.
2. Der Senat entscheidet über diese Erinnerung in der Besetzung mit drei Richtern, nachdem der Einzelrichter die Sache wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung nach den §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 S. 2 RVG dem Senat übertragen hat.
3. Die Erinnerung erweist sich als unbegründet, da die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zu Recht die Ge...