Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Beschwerderecht bei Ablehnung eines Antrags auf Einsichtnahme in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen eines Beteiligten
Leitsatz (amtlich)
Lehnt das AG einen Antrag auf Einsichtnahme in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen eines Beteiligten ab, die dessen Gegner beantragt hat, steht diesem gegen den ablehnenden Beschl. selbst dann kein Beschwerderecht zu, wenn er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Verfahrenskostenhilfe beantragenden Beteiligten hat.
Normenkette
ZPO § 117 Abs. 2 S. 2, § 117 Halbs. 2, § 127 Abs. 2-3
Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 12.07.2011; Aktenzeichen 70 F 772/10) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschl. des AG - Familiengericht - Bremen v. 12.7.2011 wird als unzulässig verworfen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Den Antragstellern wird aufgegeben, bis 31.10.2011 eine aktuelle Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen zu ihrem Verfahrenskostenhilfeheft nachzureichen.
Gründe
I. Die Antragstellerin zu 1) und der Antragsgegner sind geschiedene Ehegatten, der Antragsteller zu 2) ist ihr gemeinsamer minderjähriger Sohn. Die Antragsteller nehmen den Antragsgegner auf Auskunftserteilung und Zahlung von Kindes- und Ehegattenunterhalt in Abänderung eines Vergleichs v. 28.8.2009 in Anspruch. Der Antragsgegner hat im Laufe des Verfahrens vor dem Familiengericht den Antragstellern Auskunft erteilt. Im Termin v. 17.2.2011 haben die Beteiligten daraufhin das Verfahren teilweise in der Hauptsache für erledigt erklärt. Zugleich haben die Antragsteller Einsichtnahme in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen des Antragsgegners beantragt. Diesem Begehren hat der Antragsgegner widersprochen.
Das Familiengericht hat mit Beschl. v. 12.7.2011 den Antrag der Antragsteller auf Einsichtnahme in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen des Antragsgegners zurückgewiesen. Zur Begr. hat es ausgeführt, die Antragsteller hätten die Voraussetzungen des § 117 Abs. 2 S. 2, 2. Halbs. ZPO nicht dargelegt. Der Antragsgegner habe die begehrten Auskünfte vollumfänglich erteilt, so dass keine weiteren Auskunftsansprüche der Antragsteller gegen ihn beständen.
Gegen diesen ihnen am 22.7.2011 zugestellten Beschluss, den das Familiengericht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat, nach der die Entsch. mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sei, wenden sich die Antragsteller mit ihrer am 22.8.2011 eingelegten Beschwerde, für die sie zugleich Verfahrenskostenhilfe beantragen. Sie meinen, sie hätten einen Anspruch auf Einsicht in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen des Antragsgegners.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er hält das Begehren der Antragsteller für rechtsmissbräuchlich, weil es s. E. allein dazu diene, trotz bereits erfüllten Auskunftsanspruchs die Höhe seiner Darlehensverbindlichkeiten zu erkunden.
Dem Hinweis des Einzelrichters auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde sind die Antragsteller mit Ausführungen dazu entgegengetreten, dass es sich bei der beantragten Einsichtnahme der Natur der Sache nach um Akteneinsicht i.S. der §§ 13 FamFG, 299 ZPO handele.
Der Einzelrichter hat das Beschwerdeverfahren mit Beschl. v. 11.10.2011 gem. § 568 S. 2 ZPO dem Senat als Gesamtspruchkörper zur Entsch. übertragen.
II. Die Beschwerde der Antragsteller ist unzulässig. Es fehlt an einer Beschwerdeberechtigung der Antragsteller gegen den Beschl. des Familiengerichts v. 12.7.2011.
Nach dem hier gem. § 113 Abs. 1 FamFG anwendbaren § 117 Abs. 2 S. 2, 1. Halbs. ZPO darf die Erklärung eines Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst beigefügten Belegen dem Gegner nur mit Zustimmung des Beteiligten zugänglich gemacht werden. Dies gilt gem. § 117 Abs. 2 S. 2, 2. Halbs. ZPO nicht, wenn der Gegner gegen den um Verfahrenskostenhilfe nachsuchenden Beteiligten nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über dessen Einkünfte und Vermögen hat. Mit der Vorschrift des § 117 Abs. 2 S. 2, 2. Halbs. ZPO hat der Gesetzgeber dem Gericht im Interesse der Richtigkeitsgewähr der Feststellung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des den Verfahrenskostenhilfeantrag stellenden Beteiligten unter der - im hier vorliegenden Fall gegebenen - Voraussetzung, dass zwischen den Beteiligten ein Anspruch auf Auskunft über die Einkünfte und das Vermögen besteht, grds. die Befugnis eingeräumt, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dem Gegner zur Einsichtnahme und zur Stellungnahme zuzuleiten. Dem lag die Überlegung zugrunde, dass es in Fällen, in denen der Gegner auf die Kenntnis der Angaben, die Gegenstand der Erklärung des Antragstellers sind, ohnehin einen zivilrechtlichen Anspruch hat, verfahrensökonomisch erscheine, den Gegner sogleich in das Verfahren einzubeziehen, um etwaige Unrichtigkeiten in der Erklärung so früh wie möglich erkennen zu können (BT-Drucks. 16/6308, S. ...