Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine unmittelbare Beteiligung des betreuenden Elternteils an den Kosten der Ausübung des Umgangsrechts durch den umgangsberechtigten Elternteil

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen eines Umgangsverfahrens kann der umgangsberechtigte Elternteil keine unmittelbare Beteiligung an den Kosten der Ausübung seines Umgangsrechts von dem betreuenden Elternteil verlangen.

 

Normenkette

BGB § 1684 Abs. 1-2, 3 S. 1, § 1684 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Bremerhaven (Aktenzeichen 151 F 626/13)

 

Tenor

Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass der Senat Zweifel hat, ob - wie im vorliegenden Fall geschehen - im Rahmen eines Umgangsverfahrens (Kindschaftssache) vom umgangsberechtigten Elternteil eine unmittelbare Beteiligung des betreuenden Elternteils an den Kosten der Ausübung des Umgangsrechts verlangt und in der von dem Familiengericht gewählten Weise eine entsprechende Zahlungsverpflichtung ausgesprochen werden kann.

 

Gründe

Eine gesetzliche Regelung der Frage, von wem, in welcher Weise und in welcher Höhe die Umgangskosten zu tragen sind, existiert nicht. Grundsätzlich hat der Umgangsberechtigte die üblichen Kosten des Umgangs selbst zu tragen hat und kann sie weder unmittelbar im Wege einer Erstattung noch mittelbar im Wege einer Einkommensminderung geltend machen (BGH FamRZ 1995, 215). Nach dem vom Familiengericht in der angefochtenen Entscheidung zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5.2.2002 (FamRZ 2002, 809) müssen die Gerichte in Fällen, in denen die Eltern sich - im Übrigen anders als im vorliegenden Fall - nicht über die Ausübung des Umgangsrechts einigen können, beachten, ob die konkrete Umgangsregelung im Einzelfall dazu führt, dass der Umgang für den nichtsorgeberechtigten Elternteil unzumutbar und damit faktisch vereitelt wird. Hierzu kann es insbesondere dann kommen, wenn der Umgang aufgrund der unterschiedlichen Wohnorte der Eltern nur unter einem erheblichen Zeit- und Kostenaufwand ausgeübt werden kann. In diesen Fällen obliegt es den Gerichten zu prüfen, ob der sorgeberechtigte Elternteil anteilig zur Übernahme des für das Holen und Bringen der Kinder zur Ausübung des Umgangsrechts erforderlichen zeitlichen und organisatorischen Aufwandes zu verpflichten ist, um hierdurch einer faktischen Vereitelung des Umgangsrechts vorzubeugen. In diesem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall ging es konkret um die Verpflichtung der das Kind betreuenden Kindesmutter, die Kinder zum Flughafen zu bringen und von dort abzuholen.

Soweit aus dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der sich aus § 1684 Abs. 2 BGB ergebenden Wohlverhaltenspflicht der Eltern das OLG Brandenburg in seiner Entscheidung vom 15.10.2009 (Gesch.-Nr.: 9 UF 61/09, juris = NJW-RR 2010, 148), der das Familiengericht den zweiten und dritten Absatz der Gründe der angefochtenen Entscheidung entnommen hat, ohne dies zu kennzeichnen, die Verpflichtung des betreuenden Elternteils zur unmittelbaren anteiligen Übernahme der Umgangskosten herleitet (ähnlich OLG Nürnberg FamRZ 2014, 858: Bezahlung jedes dritten Fluges durch den betreuenden Elternteil), bestehen dagegen aus Sicht des Senats Bedenken. Die sich aus § 1684 Abs. 3 S. 1 und 2 BGB ergebende Regelungsbefugnis des Familiengerichts betreffend das Umgangsrecht schließt dem Wortlaut der Vorschrift nach die Frage der Kostentragung ersichtlich nicht ein. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung vom 5.2.2002 auch lediglich eine Beteiligung des betreuenden Elternteils am zeitlichen und organisatorischen - nicht: finanziellen - Aufwand in Betracht gezogen. Lediglich um eine derartige Beteiligung ging es im Übrigen auch in den vom OLG Brandenburg in der o.g. Entscheidung zitierten Entscheidungen des OLG Schleswig vom 3.2.2006 (FamRZ 2006, 881), des OLG Dresden vom 7.2.2005 (FamRZ 2005, 927), des OLG Brandenburg vom 22.5.2008 (FamRZ 2009, 131) sowie des Kammergerichts vom 28.10.2005 (FamRZ 2006, 878). Zwar beinhaltet auch die Beteiligung des betreuenden Elternteils am zeitlichen und organisatorischen Aufwand in den meisten Fällen mittelbar zugleich eine Beteiligung am finanziellen Aufwand für die Durchführung der Umgangskontakte. Denn auch das Bringen und Abholen des Kindes, etwa zum Ort der Durchführung des begleiteten Umgangs, ist regelmäßig mit Fahrtkosten verbunden, was von der Kindesmutter auf Seite 6 der Beschwerdebegründung vom 28.12.2016 ja auch geltend gemacht wird. Gleichwohl stellt die Anordnung einer entsprechenden Beteiligung des betreuenden Elternteils am zeitlichen und organisatorischen Aufwand mit mittelbaren finanziellen Auswirkungen etwas anderes dar als die unmittelbare Verpflichtung, Kostenbeiträge an den Umgangsberechtigten zu leisten.

Für einen Anspruch auf unmittelbare Erstattung der Kosten des Umgangs vom anderen Elternteil fehlt eine gesetzliche Grundlage (Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 6. Aufl., § 1684 BGB Rn. 30). Ob sich dessen ungeachtet (etwa aus § 242 BGB) ein derartiger Anspruch begründen ließe, kann hier da...

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